VDA-Präsident Matthias Wissmann hört im Frühjahr 2018 auf. Dann läuft sein Vertrag aus. Die Autoindustrie hat offenbar einen Kandidaten gefunden.

Berlin - „Ich habe unentwegt mit beiden Welten zu tun“, hat Matthias Wissmann einmal gesagt. Das war zugleich eine Jobbeschreibung für eines der wichtigsten Ämter, das die deutsche Automobilindustrie zu vergeben hat: den Präsidentenposten beim Verband der Automobilindustrie (VDA). Verbandschef Wissmann war auch deshalb so erfolgreich, weil er den politischen Betrieb aus jahrzehntelanger Erfahrung kennt. Er wusste genau, an wen sich ein erfolgreicher Lobbyist wenden muss. Mit Maximalpositionen kommt ein Verband in Berlin und Brüssel nicht weit. Seit 2007 führte Wissmann den VDA mit Geschick. Viel Zeit verbrachte der frühere CDU-Bundestagsabgeordnete und Verkehrsminister im Kabinett Kohl damit, den Automanagern zu erklären, warum die Politik denkt, wie sie denkt. Aus unterschiedlichen Sichtweisen eine Lösung zu beiderseitigem Nutzen zu entwickeln, ist Wissmanns Stärke.

 

Suche nach Nachfolger ist weit fortgeschritten

Dass der amtierende VDA-Präsident nun den Termin bekannt gibt, zu dem er ausscheidet, deutet darauf hin, dass die Suche nach einem Nachfolger weit fortgeschritten ist. Dass Wissmann aufhört, ist seit Langem bekannt. Er will im Frühjahr 2018 abtreten. Der genaue Termin soll im April oder Mai liegen. Dann wird Wissmann 69 Jahre alt, und sein Vertrag läuft aus. Der Ludwigsburger hat schon bei der letzten Vertragsverlängerung deutlich gemacht, dass es seine letzte Amtszeit sein wird. Vor einigen Monaten war spekuliert worden, Wissmann werde vorzeitig abberufen. Die Informationen waren falsch. Neu ist, dass Wissmann etwas früher geht als erwartet. Ursprünglich hatte der VDA die Version verbreitet, dass Wissmanns Ausscheiden im Sommer 2018 anstehe. Sein Abgang wird nun um einige Wochen vorverlegt.

Für den VDA-Präsidenten ist das unerheblich. Er agierte aus einer unabhängigen Position heraus – das gilt auch für die Phase, in der sein Verhältnis zu Daimler-Chef Dieter Zetsche wegen der unterschiedlichen Ansichten zur Aufarbeitung der Kartellvorwürfe abkühlte. Wissmann ist auch als VDA-Präsident Partner einer internationalen Sozietät geblieben.

Für den Verband erfolgt der Stabwechsel in einer schwierigen Zeit. Die Industrie hoffte, dass eine neue Bundesregierung schnell Klarheit in der Dieselproblematik schaffen würde. Doch die Regierungsbildung zieht sich hin. Im Februar wird das Bundesverwaltungsgericht über Diesel-Fahrverbote entscheiden. Das fordert den Verband heraus.

Ende Januar wollen die Autobauer und Zulieferer bekannt geben, wer Wissmann nachfolgt. Um die Suche soll sich Daimler-Chef Zetsche selbst gekümmert haben, er ist auch VDA-Vizepräsident. Für den Präsidentenjob soll nach Informationen aus Branchenkreisen der frühere Ford-Statthalter Bernhard Mattes aussichtsreichster Bewerber sein. Mattes war als ehemaliger Ford-Deutschland-Chef auch Vizepräsident des VDA. In Berlin ist er zwar wenig bekannt, doch er verfügt über Kontakte. Seit 2013 ist Mattes Präsident der Amerikanischen Handelskammer in Deutschland. Den Zugang zur Berliner Spitzenpolitik müsste sich der 61-Jährige noch ebnen. Manche zweifeln, ob sich ein früherer Automanager schnell in den Politikbetrieb einarbeiten kann. Das nötige diplomatische Geschick bringt Mattes auf jeden Fall mit.

Oettingers Wechsel ist unwahrscheinlich

Als weiterer Nachfolgekandidat wird der frühere baden-württembergische Ministerpräsident und amtierende Haushaltskommissar Günther Oettinger (CDU) genannt. Dass er zur Verfügung steht, ist aber unwahrscheinlich. Oettingers Amtszeit in Brüssel läuft bis 2019. Er steht vor der Aufgabe, die durch den Brexit schwieriger gewordenen Haushaltsverhandlungen zu leiten. Oettinger könnte in keinem Fall so schnell die Seiten wechseln. Als EU-Kommissar müsste er eine Anstandszeit verstreichen lassen, bevor er in die Wirtschaft wechseln könnte. Diese „Abkühlphase“ ist auch für ehemalige Bundesminister und Staatssekretäre Pflicht. Dies spricht dafür, einen Mann aus der Industrie mit der Aufgabe zu betrauen. Mattes könnte der Mann des Übergangs sein.