Verschlafen deutsche Autobauer mal wieder wichtige Zukunftstechnologien? Ja, sagen die Grünen. Neue Öko-Technologien zu erzwingen sei kontraproduktiv, kontert der Autoverband VDA.

Berlin - Die Grünen stoßen mit ihrer Forderung nach einem Verbot von Verbrennungsmotoren für Pkw ab 2030 auf Widerstand. Der Verband der Automobilindustrie (VDA) erklärte am Sonntag, Politik solle kluge Rahmenbedingungen setzen, aber nicht Technologiefortschritte diktieren oder dem Kunden Entscheidungen vorschreiben. Der ADAC erklärte: „Die Verkehrswende bedarf langfristiger, internationaler Bemühungen bei Forschung, Wirtschaft und Politik, um nachhaltig umgesetzt zu werden.“

 

Die Grünen hatten zuvor Union und SPD wegen ihres Widerstandes gegen ein solches Verbot kritisiert. Parteichef Cem Özdemir erklärte am Samstag: „An der E-Mobilität führt kein Weg vorbei - und zwar nicht nur im Sinne des Klimaschutzes, sondern vor allem im Sinne der Wettbewerbsfähigkeit deutscher Autobauer.“ Der stellvertretende Vorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion, Oliver Krischer, sagte dem „Spiegel“: „Wenn wir das Pariser Klimaabkommen ernst nehmen, dürfen nach 2030 keine Verbrennungsmotoren mehr neu auf die Straße.“

Krischer bezog sich bei seiner Kritik auf eine - parteiübergreifend beschlossene - Stellungnahme des Bundesrates vom 23. September zu einer „europäischen Strategie für emissionsarme Mobilität“. Darin wird die Brüsseler Kommission gebeten zu prüfen, wie sich die bisherigen Steuer- und Abgabenpraktiken der Mitgliedstaaten auf die Förderung lärmarmer und abgasfreier Mobilität auswirken.

Auf dieser Basis solle die Kommission dann Vorschläge für einen effizienteren Einsatz von Abgaben und Steuern unterbreiten, „damit spätestens ab dem Jahr 2030 unionsweit nur noch emissionsfreie Pkw zugelassen werden“. Die Stellungnahme wurde mit Mehrheit angenommen, was bedeutet, dass auch Landesregierungen mit SPD und Unionsbeteiligung zugestimmt haben müssen.

„Ökonomisch schädlich und praktisch unmöglich“

VDA-Präsident Matthias Wissmann sagte der Deutschen Presse-Agentur, weder die Bundesregierung noch die EU-Kommission forderten ein Verbot des Verbrennungsmotors ab 2030. Und aus der Stellungnahme des Bundesrates abzuleiten, „dass die deutschen Bundesländer oder der Bundesrat politisch belastbar ein Verbot des Verbrennungsmotors fordern, ist abwegig“. Er warnte vor einem politisch erzwungenen Aus für den Verbrennungsmotor. Dies „kann für den Klimaschutz sogar kontraproduktiv sein“. „Denn nur wenn Strom aus regenerativen Quellen kommt, sind Elektroautos wirklich emissionsfrei.“

Allerdings hatte Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) schon in ihrem Anfang September vorgestellten „Integrierten Umweltprogramm 2030“ - ähnlich wie die Grünen - schärfere CO2-Grenzen gefordert: „Im Jahr 2030 neu verkaufte Pkw sollen emissionsfrei betrieben werden können.“

Auch der Grünen-Bundesvorstand dringt in einem Antrag für den Parteitag im November, von 2030 an keine Autos mit Benzin- oder Dieselmotoren mehr neu zuzulassen. Die „Verkehrswende“ sei auch im Interesse der Industrie. Die deutschen Autobauer hätten sich mit dem Festhalten am Verbrennungsmotor in eine Sackgasse manövriert. Bei Elektromobilen hätten Autobauer aus China, Japan und den USA großen Vorsprung. Der Skandal um gefälschte Diesel-Abgaswerte müsse ein „Weckruf“ für die Industrie sein.

FDP-Chef Christian Lindner entgegnete: „Die Klimapolitik der Grünen ist dabei, sich komplett vom gesunden Menschenverstand zu verabschieden. Es ist ökonomisch schädlich, ökologisch unnötig und praktisch unmöglich, bereits 2030 komplett auf Verbrennungsmotoren zu verzichten. Mit dieser Form der Ideologie wären Deutschland und Europa nicht Vorreiter, sondern nur Irrlichter des global nötigen Klimaschutzes.“