Trotz der aktuellen Klimadebatte und der kontroversen Diskussion um Stadtgeländewagen bleiben die Neuzulassungen für sogenannte SUV auf Rekordkurs. Der Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer hält das unter Umweltaspekten für keine schlechte Nachricht.

Duisburg - Trotz der Debatte um das Klima und der zunehmend kontroversen Diskussion um die bei vielen Autofahrern beliebten Stadtgeländewagen bleiben die Neuzulassungen für SUV, kurz für Sport Utility Vehicle, auf Rekordkurs. Keine Fahrzeugkategorie wachse so stürmisch und keine Kategorie polarisiere so stark wie die Stadtgeländewagen, schreibt Ferdinand Dudenhöffer vom Car-Center Automotive Research an der Universität Duisburg-Essen.

 

Im Oktober hätten die Neuzulassungen der großen Fahrzeuge einen historischen Marktanteil erreicht: 34,7 Prozente aller Neuwagen in Deutschland fielen in diese Kategorie, so Dudenhöffer. In Zahlen waren das 98 708. In den ersten zehn Monaten des Jahres seien bereits insgesamt 974 501 SUV verkauft worden – damit sei sicher, dass im November erstmals die jährliche Verkaufszahl von einer Million Stadtgeländewagen in einem Jahr überschritten werde. Das Car-Center rechnet im Jahr 2019 mit insgesamt 1,095 Millionen neu zugelassenen SUV.

Unterschiedliche Definitionen

Das Forschungsinstitut definiert die SUV nach eigenen Angaben aber etwas anders, als es das staatliche Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) tut. Das KBA unterscheidet zwischen SUV und Geländewagen. Manche Fahrzeuge wie der vergleichsweise kleine Nissan Juke werden wiederum als Kompaktwagen klassifiziert, während die Duisburger Forscher diesen zu den SUV zählen. Der Porsche Macan zählt beispielsweise für das KBA zu den Geländewagen, für das Car-Institut hingegen ebenfalls zu den SUV.

Das KBA spricht bei SUV von Fahrzeugen „mit Offroad-Charakter“, die laut der maßgeblichen EU-Richtlinie für Fahrzeugzulassungen ausdrücklich nicht als Geländewagen zugelassen sind. Um von der EU als „geländegängiges Fahrzeug“ eingestuft zu werden, müssen Autos verschiedenen Kriterien erfüllen. Die wichtigsten Kriterien sind Allradantrieb, eine Differenzialsperre sowie die Möglichkeit, Steigungen von 30 Prozent überwinden zu können. Fahrzeuge, die zwar optisch einem Geländewagen ähneln, diese Kriterien aber nicht erfüllen, gelten deshalb laut der Richtlinie als SUV. Aus diesem Grund hält Ferdinand Dudenhöffer die Zulassungszahlen, die das KBA für SUV veröffentlicht, für zu niedrig.

2030 könnten alle Neuwagen SUV sein

Geht man nach der Definition des Car-Instituts, haben die SUV-Verkäufe in Deutschland seit dem Jahr 2010 jährlich um elf Prozent zugenommen. Der SUV stelle mittlerweile die meistverkaufte Karosserievariante hierzulande dar. Eine Trendumkehr sei nicht erkennbar, wie auch der Vergleich mit anderen Automärkten zeige, so Dudenhöffer. In den USA seien 70 Prozent der Neuwagen SUV, Pick-ups oder Großraumlimousinen. Und in der Schweiz liege der SUV-Anteil an den Neuwagen-Verkäufen bei mehr als 40 Prozent. Für Deutschland rechne er damit, dass bereits 2025, spätestens aber 2030 jeder zweite Neuwagen ein SUV sein werde.

Mehr als eine Million Stadtgeländewagen SUV gut für das Klima?

Dies sei aber keineswegs bedrohlich, sondern könne durchaus einen positiven Effekt bei der Entwicklung von Emissionen haben, schreibt Dudenhöffer, denn die CO2-Regeln definierten das Spiel: Um den Mehrverbrauch angesichts der Vorgaben für den maximalen CO2-Ausstoß ihrer Flotten zu schultern, böten die Autohersteller SUV häufig als Diesel an, zudem kämen immer mehr SUV als Hybride und Elektroautos auf den Markt. So hat sich etwa Mercedes-Benz bei seinem ersten reinen Elektrofahrzeug EQC für die Karosserie eines SUV entschieden. „So kurios es klingt: Mehr SUV sind eine Chance, E-Mobilität schneller in Deutschland umzusetzen“, meint Dudenhöffer.