Wie der Esslinger Abgasspezialist Eberspächer bei der Transformation Gas gibt, finanziell vorgesorgt und den Cyberangriff vom Oktober letzten Jahres weggesteckt hat.

Wirtschaft: Imelda Flaig (imf)

Abgasspezialist Eberspächer, der fast zwei Drittel seines Nettoumsatzes mit Produkten rund um den Verbrennungsmotor macht, drückt bei der Transformation aufs Tempo. Bis 2025 soll der Anteil auf weniger als 50 Prozent sinken und das Geschäft mit Produkten für die Elektromobilität dominieren. Mit Thermomanagement (Kühlen und Heizen von E-Autos) sowie Fahrzeugelektronik will Eberspächer dann eine Milliarde Euro Umsatz erzielen. „Das ist nicht sehr anspruchsvoll, das Wachstum kann noch stärker ausfallen“, gibt sich Martin Peters, geschäftsführender Gesellschafter von Eberspächer, zuversichtlich.

 

Wachstumstreiber sind vor allem Hochvoltheizungen für Elektroautos. Deshalb stieg der Umsatz der Thermomanagement-Sparte im vergangenen Jahr auf 604,2 Millionen Euro (Vorjahr 518,4 Millionen Euro).

Luftverdichter für Brennstoffzellen

Wachstum verspricht sich Peters auch von den Wasserstoffaktivitäten. 2021 sind die Esslinger mit der Übernahme des US-Unternehmens Vairex Air Systems in die Wasserstoff-Brennstoffzellentechnologie eingestiegen. Das Unternehmen stellt Luftverdichter für Brennstoffzellensysteme her. Das sei eine Kernkomponente für die Leistungsfähigkeit einer Brennstoffzelle, so Peters. Dazu wurde dieses Jahr eigens ein neues Produktionswerk in den USA gebaut.

Auch neue Abgastechnik-Aufträge stimmen Peters zuversichtlich, mit denen man sogar Marktanteile gewonnen hat. Eberspächer hatte den Bereich letztes Jahr unter dem Namen Purem By Eberspächer ausgegliedert, damit die Zusammenarbeit mit oder der Kauf von Unternehmen einfacher sei, wenn dies sinnvoll sei. Er rechnet in dem Bereich mindestens bis ins Jahr 2030 noch mit einem Wachstum, unter anderem in Nord- und Südamerika sowie in den Schwellenländern. Man dürfe nicht nur durch die deutsche oder europäische Brille schauen, sagte Peters.

Was ihn besorgt, ist, dass „die Politik der bessere Ingenieur zu sein glaubt“, denn die ganzen Diskussionen beim Thema CO2-Ausstoß würden ideologisch geführt. Der Verbrenner biete auch eine Zukunft außerhalb der fossilen Brennstoffe, etwa mit synthetischen Kraftstoffen oder Wasserstoff.

Cyberattacke oder wie „5 C“ belasten

Das vergangene Jahr nannte Peters „herausfordernd, aber im Rückblick auch erfolgreich“. Das Unternehmen wurde durch eine Hackerattacke ausgebremst. Im Oktober 2021 wurde Eberspächer Opfer von Cyberkriminellen, die Lösegeld forderten. „Wir lassen uns nicht erpressen“, sagt Peters dazu. Über Monate herrschte Ausnahmezustand, wobei ein Schaden in Höhe eines „mittleren zweistelligen Millionenbetrags“ entstand. „Wenn man keine Kontrolle mehr hat, ist das sehr, sehr bedrohlich“, so Peters. „Das hat uns alle zusammengeschweißt. Das Menschliche war eine tolle Erfahrung, das andere entsetzlich“, sagt er im Rückblick.

Er spricht von „5 C“, die das Unternehmen 2021 belastet haben: Corona, die Cyberkrise, die Chipkrise, die Cashkrise und der „Criminal Threat Ukraine“, also der Angriffskrieg Russlands. Zu schaffen machten vor allem gestiegene Material- und Energiepreise und gestörte Lieferketten. Mit den Autokunden liefen harte Preisverhandlungen, so Peters.

Der Nettoumsatz von Eberspächer ist leicht um 1,2 Prozent auf 2,3 Milliarden Euro zurückgegangen. Der Bruttoumsatz dagegen ist um 18,5 Prozent auf 6,0 Milliarden Euro gestiegen. „Das gibt ein stark verzerrtes Bild“, sagt Peters. Grund dafür sind die stark gestiegenen Rohstoffpreise der Edelmetalle, die in Katalysatoren verbaut sind, aber nur durchlaufende Posten bei Eberspächer sind. Ihr Anteil liegt mittlerweile bei knapp 70 Prozent. Diese Komponenten treiben die Kosten und müssen finanziert werden. Trotz der Belastungen wies Eberspächer aber einen Jahresüberschuss von 21 Millionen aus (Vorjahr: fast 43 Millionen Euro Verlust).

120 offene Stellen in Deutschland

Die Nettoverschuldung hat sich 2021 von 483,1 Millionen auf 731,8 Millionen Euro erhöht. Finanzierungsprobleme hat Eberspächer aber nicht, denn die Banken haben einem drei Jahre laufenden Konsortialkredit zugestimmt. In Deutschland arbeiten knapp 4050 der weltweit 10 600 Mitarbeiter, rund 120 Stellen sind hier offen.

Familienunternehmen mit Tradition und neuen Jobs

Familie
Seit 2000 ist mit Martin Peters die fünfte Generation im Unternehmen, das 1865 gegründet wurde. Heinrich Baumann, der seit 2004 als Gesellschafter und Geschäftsführer gemeinsam mit Peters die Firma steuerte, ist 2020 mit 54 Jahren gestorben.

Geschäftsführung
Um sich besser für die Transformation zu wappnen, hat Eberspächer die Geschäftsführung von drei auf sieben Mitglieder erweitert und nicht nur neue Köpfe, sondern auch neue Bereiche wie Finanzen, Strategie und Transformation geschaffen.

Mitarbeiter
 Von den etwa 4050 Mitarbeitern im Inland arbeiten rund 1100 in Esslingen. Allein dort werden rund 50 Mitarbeiter gesucht, bundesweit hat Eberspächer 120 offene Stellen. Im saarländischen Neunkirchen (Abgastechnik) sind es rund 1000 Beschäftigte.