Das Familienunternehmen glaubt, dass der Verbrennungsmotor noch jahrelang der bevorzugte Antrieb sein wird. Dennoch sucht der Filterhersteller alternative Anwendungen für Filter – und findet sie in Einkaufscentern, Fabriken und Krankenhäusern.

Ludwigsburg - Die Abhängigkeit des Filterherstellers Mann + Hummel ist ausgeprägt. Rund 75 Prozent seines Umsatzes erzielt das Familienunternehmen mit Produkten rund um den Verbrennungsmotor. „Das erschreckt mich nicht“, sagte Alfred Weber, der Vorsitzende der Geschäftsführung, bei der Vorlage der Bilanz in Ludwigsburg. „Auch in zehn Jahren werden vermutlich noch weniger als fünf Prozent der Fahrzeuge rein elektrisch angetrieben“, ergänzte er. Er sehe Potenzial, Verbrennungsmotoren weiter zu verbessern. Das bedeutet freilich nicht, dass Mann + Hummel alternative Antriebe links liegen lässt. Das Portfolio für reine E-Autos reiche von Filtern für luftgekühlte Batterien und Lufttrocknerkartuschen bis zu Ionentauschern und Kathodenluftfiltern. Aktuell haben die Ludwigsburger 29 Projekte zur Entwicklung von Lösungen für alternative Antriebe.

 

Parallel dazu will Weber die Kompetenz des Unternehmens rund um Filter nutzen und in anderen Anwendungen Fuß fassen. Im Bereich Abwasser- und Sickerwasseraufbereitung sind die Ludwigsburger schon seit einigen Jahren aktiv. Nun will sich Mann + Hummel verstärkt Themen wie etwa der Filtration der Innenraumluft zuwenden. „Feinstaub in Stuttgart, Dunst in Singapur oder Smog in Peking – Luftverschmutzung wird eine immer größere Bedrohung für Mensch und Umwelt. Mit unserer Expertise in Filtration sorgen wir schon heute für saubere Luft in Gebäuden – daran wollen wir noch intensiver arbeiten“, so Weber. Er verwies darauf, dass die Menschen sich im Schnitt 90 Prozent ihrer Zeit in geschlossenen Räumen aufhielten. Wie seine Pläne konkret aussehen, wollte der Chef von Mann + Hummel nicht sagen. Er verwies darauf, dass er in Kontakt mit dem Wirtschaftsministerium stehe. Zudem deutete er an, dass sich die Luftqualität in Einkaufscentern, Fabriken und Krankenhäusern deutlich verbessern lasse. Im Operationssaal des Klinikums Ludwigsburg sorge die Technik des Filterherstellers bereits für eine besonders reine Luft. Dabei dürften Sensoren zur Messung der Raumluftqualität – eines von mehr als 50 Digitalprojekten der Ludwigsburger – eine besondere Rolle spielen.

Zukäufe sind weiter geplant

Welche Bedeutung das Geschäft fernab des Autos einmal bekommen soll, wollte Weber nicht sagen. Regionale und technologische Lücken sollen dabei auch künftig über Zukäufe geschlossen werden. „Akquisitionen bleiben ein wichtiger Faktor für unsere Wachstum und unsere Wettbewerbsfähigkeit“, sagte Emese Weissenbacher, die Finanzchefin von Mann + Hummel. 2015 hat Mann + Hummel das weltweite Filtergeschäft des US-Konkurrenten Affinia erworben, nach Angaben Webers die größte Akquisition in der Firmengeschichte. Affinia (900 Millionen Euro Umsatz, 4000 Mitarbeiter) verkauft seine Produkte unter den Namen Wix und Filtron und ist auf das Ersatzgeschäft mit Öl-, Kraftstoff-, Hydraulik- und Kühlmittelfilter spezialisiert, Mann + Hummel ist stark in der Erstausrüstung, wo die schlechteren Margen erzielt werden, engagiert.

Umsatzwachstum nur dank Zukäufen

Die Übernahmen prägen auch die Entwicklungen 2016. Das starke Umsatzwachstum ist dabei ausschließlich auf die US-Übernahme zurückzuführen. Rechnet man den Zukauf raus, wäre der Umsatz sogar leicht gesunken. Und Wertberichtigungen auf in der Vergangenheit getätigte Übernahmen haben das Ergebnis vor Steuern und Zinsen (Ebit) einbrechen lassen. Die flüssigen Mittel sind von 1,6 Milliarden auf knapp 400 Millionen Euro massiv geschrumpft – weil sie überwiegend zur Finanzierung der Affinia-Akquisition eingesetzt wurden. Die Eigenkapitalquote liegt bei rund 22 Prozent. Für die Zukunft sieht Weber das Unternehmen gerüstet.

Mann + Hummel sei technologisch gut aufgestellt. Im laufenden Jahr will er 3,8 Milliarden Euro umsetzen – organisch würde dies Stagnation bedeuten – und die Ertragskraft verbessern.