Gotthilf Fischer nutzt die Adventszeit, um mit älteren Menschen im Alten Feuerwehrhaus gemeinsam weihnachtliche Lieder zu singen.

S-Süd - Gotthilf Fischer ist Profi. Er lobt, gibt seinen Sängern Impulse und ist auch um den ein oder anderen Scherz nicht verlegen. Das ist auch beim Adventssingen im Alten Feuerwehrhaus so. Seinen Fischer-Chor bildet dort das Publikum und der 84-Jährige hat sichtlich Spaß an der Freude seiner Sänger.

 

Für den Verfechter des deutschen Liedguts ist dieser Auftritt etwas besonderes. Es ist einer der wenigen Abende in der Adventszeit, an dem ihn keine Fernsehkameras begleiten. Wenige Wochen vor seinem 85. Geburtstag im Februar ist der Chorleiter ausgebucht. „Das Adventssingen ist das einzige Mal in dieser Zeit, wo ich die Chance habe, mit den Leuten ganz privat zu sein“, sagt Fischer.

Von der stimmlichen Qualität begeistert

Diese Chance nutzt er, auch weil er weiß, was das gemeinsame Singen den Menschen bedeutet, die auf Einladung der Awo-Begegnungsstätte ins Alte Feuerwehrhaus gekommen sind. „Viele alte Menschen haben daheim keine Möglichkeit gemeinsam zu singen. In der Familie wird das nicht mehr so gepflegt“, sagt Fischer. All zu oft würden die Großeltern sogar ausgelacht, wenn sie auf dem Singen von Weihnachtsliedern bestünden.

„Lasst euch das Singen nicht verbieten“, ermuntert Fischer deshalb die 80 Teilnehmer des Adventssingens. Die denken gar nicht daran, schließlich haben sie sich auch nicht vom schlechten Wetter abhalten lassen, ins Alte Feuerwehrhaus zu kommen. Sie stimmen „Leise rieselt der Schnee“ an. Fischer zeigt sich vom Können der Sänger begeistert: „Manch ein Chorleiter wäre froh, er hätte so einen Chor.“ Eigentlich könne man schon für den nächsten Tag die Omnibusse bestellen und auf Tournee gehen, meint er und schmunzelt. „Zeit einzukaufen, habt ihr dann unterwegs noch. E Unterhösle oder was ma no braucht“, ergänzt er mit einem Lausbubengrinsen. War die Einladung zur Tournee scherzhaft gemeint, so gilt das Angebot im Chor mitzusingen. Jeden Dienstag probt Fischer von 19 bis 21 Uhr mit seinem Chor im Alten Feuerwehrhaus. Bis zu 60 Menschen aus dem Großraum Stuttgart singen dann gemeinsam.

Familiengefühlt im Alten Feuerwehrhaus

Mitglieder dieses Chores beweisen auch beim Adventssingen prompt, dass die wöchentliche Probe mit dem Autodidakten Gotthilf Fischer sich positiv auf die Sangeskünste auswirkt. Begleitet vom Chorleiter am Flügel setzen die Sänger zu „Komm, Trost der Welt, du stille Nacht“ an. Bei „Es ist ein Ros’ entsprungen“ singen dann wieder alle mit. Unterstützt werden die Adventssinger im Saal durch Choraufnahmen vom Band, die parallel mitlaufen. Bei Stücken wie „O du Fröhliche“ und „Stille Nacht“ sind die zugespielten Stimmen kaum zu hören, bei den unbekannteren Liedern helfen die Aufnahmen den Adventssängern, sich an Melodie und Texte zu erinnern. Das ist teils auch deshalb nötig, weil die ausliegenden Textbücher in zwei Varianten vorliegen und nicht die gleichen Stücke enthalten.

Von solchen Kleinigkeiten lassen sich die Besucher, die teils auch aus Esslingen angereist sind, aber nicht irritieren, wenn sie mit Gotthilf Fischer singen. Der wiederum will einfach, dass sich alle wohlfühlen und etwas von dem schönen Gefühl des gemeinschaftlichen Singens mit nach Hause nehmen. „Denken Sie ruhig daheim an den Abend, an dem wir gesungen haben, an dem wir eine Familie waren“, sagt er und versprach sogleich für das nächste Jahr eine Neuauflage des Adventssingens.