Die Zahl der jungen Leute, die sich für den Bundesfreiwilligendienst verpflichten, wird immer geringer. Bei den Begegnungs- und Servicezentren der Arbeiterwohlfahrt (Awo) Stuttgart fehlt es daher an Personal.

Zuffenhausen - Seit es wegen der Abschaffung der Wehrpflicht keine Zivildienstleistenden mehr gibt, haben viele soziale Einrichtungen Probleme, Personal zu finden. Zwar ist als Ersatz der Bundesfreiwilligendienst eingeführt worden; das Interesse daran hält sich bei vielen jungen Menschen aber in Grenzen. Auch die Begegnungs- und Servicezentren der Arbeiterwohlfahrt (Awo) in Stuttgart sind händeringend auf der Suche nach „Bufdis“. Löbliche Ausnahme ist das Zentrum in Zuffenhausen: Noch bis Ende August ist Rodanthi Valavani dort beschäftigt; auch einen Nachfolger für die junge Frau gibt es bereits.

 

„Der Bufdi ist ein wichtiger Baustein unseres Hauses. Wenn er fehlt, dann bröckelt es“, beschreibt die Einrichtungsleiterin Bianca Jahnke die Situation. Als Valavani, die alle nur „Roula“ nennen, sich vor einem Jahr beworben habe, sei sie die einzige Bewerberin gewesen. „Ich frage mich, warum Jugendliche das nicht machen wollen. Man lernt fürs Leben“, sagt Jahnke verwundert. In sozialen Berufen fehle es hinten und vorne an Mitarbeitern, was nicht zuletzt mit dem Wegfall des Zivildienstes zu tun habe. „Ein soziales Pflichtjahr für junge Leute wäre gut“, sagt Jahnke, gibt aber auch zu bedenken, dass dieser Schritt einen tiefen Eingriff des Staates in das persönliche Leben bedeuten würde. Eines ist für Bianca Jahnke klar: „Gesellschaftlich müsste sich einiges ändern.“ Immerhin: Gesundheitsminister Jens Spahn hat vor Kurzem ins Gespräch gebracht, die Gehälter in Pflegeberufen deutlich zu erhöhen.

Bufdi aus Überzeugung

„Geld spielte bei meiner Entscheidung keine Rolle“, sagt Rodanthi Valavani. Als sich die Feuerbacherin im vergangenen Jahr auf die Bufdi-Stelle beim Zuffenhäuser Begegnungs- und Servicezentrum bewarb, war sie auf der Suche nach Abwechslung und einer neuen Herausforderung. Zuvor hatte sie die 11. Klasse des Neuen Gymnasiums besucht. Durch eine Bekannte und durchs Internet war sie auf die Awo aufmerksam geworden. Dass sie es fast nur mit älteren Menschen zu tun hat, macht der 19-Jährigen nichts aus: „Mir gefällt es, anderen Menschen zu helfen.“ Sie geht im Haushalt zur Hand, erledigt Einkäufe, fährt die Senioren zu Terminen, hilft beim Mittagstisch im Servicezentrum mit und ist bei Awo-Veranstaltungen dabei. „Es hat von Anfang an gut funktioniert“, lobt Jahnke. Roula sei sehr zuverlässig und selbstständig, könne Abläufe gut durchdenken und sei bei den Senioren beliebt. „Der Job hat mir sehr viel gebracht. Ich bin selbstbewusster und selbstständiger geworden. Zudem mache ich mir mehr Gedanken über andere Menschen, aber auch über meine eigene Zukunft“, erzählt die junge Frau und sagt: „Ich würde es jedem empfehlen.“

Dass die Zahl der Bufdis in den vergangenen Jahren deutlich abgenommen hat, bestätigt Bettina Wahl, die bei der Awo Stuttgart die Abteilung Altenhilfe leitet. Von 15 Stellen können zum ersten September dieses Jahres bislang nur zwei besetzt werden. Früher seien nach dem mündlichen Abitur immer Bewerbungen ins Haus gekommen, heuer kam keine einzige. Nun hofft Wahl darauf, dass sich in den kommenden Wochen noch junge Leute melden, die bei der Suche nach Lehrstellen Pech hatten. Zu Zeiten des Zivildienstes habe es solche Probleme nie gegeben, und auch die ersten Jahre nach der Umstellung auf den Bundesfreiwilligendienst sei die Personalsituation um einiges besser gewesen. Mittlerweile habe eine soziale Tätigkeit wohl einen immer geringer werdenden Stellenwert bei den jungen Leuten; dabei könne solch ein Dienst eine wertvolle Zeit für 18- bis 20-Jährige sein. „Das weitet den Blick aufs Leben“, sagt Wahl.