Melanie Müller war schon im „Bachelor“, dessen neue Staffel am Mittwoch beginnt. Jetzt strebt die Blondine nach dem Dschungelthron. Sie kommt bei den Fans gut an.

Stuttgart - Ausgerechnet der Sandmann. Der Traumstreuer. Dieser gnadenlos sympathische Vorzeige-Ossi. Der, der blieb, als die DDR ging.

 

Sie hat ihn sich auf die rechte Pobacke tätowieren lassen. Ein Symbol trotziger Selbstbehauptung. Und als würde das Bild nicht für sich sprechen, steht daneben: „Schöne Grüße aus dem Osten.“

Am dritten Tag im RTL-„Dschungelcamp“ hat Melanie Müller ihr tätowiertes Hinterteil zum ersten Mal entblößt, scheinbar zufällig, doch natürlich war dieser Po-Blitzer Teil ihrer Strategie. Hier meldet jemand Anspruch auf den Thron im Dschungel an. Für den Boulevard galt das wasserstoffblonde Busenwunder aus dem sächsischen Grimma von Anfang als Favoritin. Das wirft Fragen auf. Es ist schließlich noch gar nicht so lange her, dass es Melanie Müller ins Finale einer Castingshow schaffte, die am Mittwoch bei RTL in die vierte Runde geht: „Der Bachelor“: 22 Frauen, ein Junggeselle. Und die Frage, wer kriegt ihn ins Bett? Wettrennen der „Knatterhühner“, so hat Oliver Kalkofe diese Sendung einmal genannt. Das war nur ein bisschen übertrieben.

Archaisches Rollenmodell

Als RTL dieses Format 2012 nach neun Jahren neu auflegte, ging ein Aufschrei der Empörung durchs Land. Sogar Männer kritisierten, die Kandidatinnen würden das Rad der Emanzipation zurückdrehen. Wie hirnlos müssten sie sein, um sich einem archaischen Rollenmodell unterzuordnen, das noch aus dem Urwald stammt: „Ich Tarzan - du Jane.“ Dass es den Frauen weniger um den Mann ging, sondern um ein Sprungbrett für eine eigene TV-Karriere ging, wurde erst später offensichtlich. Im Januar 2013 zum Beispiel tauchte eine gewisse Georgina Fleur - bürgerlich: Bülowius - im RTL-Dschungel auf. Als Nervensäge vom Dienst. Die Zuschauer hassten das Mädchen, das sich zuvor schon mit gekauften Facebook-Followern in die Nesseln gesetzt hatte. Sie wollten es leiden sehen. Sieben Mal in Folgen wählten sie die Fünftplatzierte aus der Bachelor-Staffel von 2012 für eine Dschungelprüfung. Ein neuer Negativ-Rekord.

An die Bilder der hysterisch kreischenden Georgina muss man jetzt denken, wenn sieht, wie souverän Melanie Müller das Image der „Knatterhühner“ konterkariert.

Melanie, wer? RTL-Zuschauern erinnern sich vielleicht noch. Frau Müller ist das wasserstoffblonde Busenwunder, das einen treudoofen Bachelor namens Paul in der zweiten Staffel 2012 auf der Zielgeraden einen Korb gab. Im Whirlpool sitzend verkündete sie mit aufreizender Beiläufigkeit, dass sie doch nichts für ihn empfinde.

Mit nackten Tatsachen verkauft man sich besser

Die gelernte Restaurantfachfrau hat danach alle Futternäpfe im Trash-TV abgeklappert und ihr Glück als Porno-Darstellerin versucht. So jedenfalls will es die Legende. Sie hat sie vor dem Abflug ins Outback selber in der Klatschpresse verbreitetet. Sex sells, mit nackten Tatsachen verkauft man sich eben besser. Und Melanie Müller setzt jetzt alles auf eine Karte. Vor der Show hat sie das Klischee einer Blondine zementiert, die pausenlos an Sex denkt.

Die Masche ist nicht neu. Micaela Schäfer hat es 2012 schon mal probiert. Die Textilallergikerin, die ihre nackten Silikonbrüste unaufgefordert in die Kameras hielt. Doch im Gegensatz zu ihr kommt die Müllerin beim Publikum gut an. Sie wirkt sogar authentisch. Außen Marilyn Monroe, innen Else Kling. Mit einem Fallschirm war sie in der grünen Hölle gelandet. Und mit einer Mischung aus Sex-Appeal und klarer Kante, naivem Staunen und großer Klappe schlägt sie sich jetzt durchs Unterholz. Wer ihr doof kommt, dem geigt sie die Meinung. Larissa, der Nervensäge, oder dem Wendler, dem Schlagersänger. RTL ist auf ihrer Seite. Mit der Auswahl der Bilder schafft der Sender Rollen.

Die Bilder prägen das Image. Im Fall von Micaela Schäfer musste sich RTL den Vorwurf gefallen lassen, er habe sie in keinem vorteilhaften Licht erscheinen lassen. Das Erotik-Model als Luder.

Die Kandidatin nennt sich selbst Rotzgöre

Die Müllerin kommt jetzt besser weg. Die Bilder aus dem Dschungel zeigen ein ebenso toughes wie weibliches Aschenputtel, das sich und seine Rolle reflektiert. „Ihr habt ja alle was gemacht in Eurem Leben“, sinnierte es am Tag 3. „Und dann kommt so‘ne junge Rotzgöre wie ich.“ Die Frauen als Opfer? Solche Bilder suggerieren das Gegenteil. Nicht das Fernsehen benutze die Frauen. Die Frauen benutzten das Fernsehen. Das ist nur ein Blondinenwitz, na klar. Aber wenigstens einer mit Pointe.