Neue Konzeption der Bachwoche der Stuttgarter Bachakademie: Jetzt stehen bei den Proben zwei Werke im Mittelpunkt. Das Abschlusskonzert mit Kantaten von Bach und Telemann ist an diesem Mittwoch in der Markuskirche.

Lokales: Armin Friedl (dl)

S-Mitte - 250 Jahre früher ist lange her. Vor allem, wenn es etwa darum geht, wie die damals aktuelle Musik wohl geklungen hat. Vor etwa 250 Jahren haben Georg Philipp Telemann und Johann Sebastian Bach jeweils eine Johannes-Passion komponiert, Telemann sogar mehrere. Und die Bachakademie unter der Leitung von Hans-Christoph Rademann hat es sich zur Aufgabe gemacht, diesem Originalklang möglichst nahe zu kommen.

 

Das Problem ist natürlich, dass es aus dieser Zeit noch keine Tonaufzeichnungen gibt. Doch die Freunde der historischen Aufführungspraxis – das sind jene, die dem Originalklang auf der Spur sind – haben sich im Lauf der vergangenen Jahrzehnte viele Möglichkeiten und Lösungen einfallen lassen, wie auf nachvollziehbare Weise präsentiert werden kann, wie die Musik früherer Tage mal in ihrer Entstehungszeit geklungen haben mag.

Johannes-Passionen von Bach und Telemann

Eine Lösung ist: Üben, üben und nochmals üben, und das mit Experten. In der vergangenen Woche und jetzt am Wochenende war es wieder mal so weit: Die Bachakademie hat wie in früheren Jahren angehende Profis zur Bachwoche eingeladen, in der fokussiert ein größeres Werk, meist des Namenspatrons, einstudiert wird. Was dabei ganz aktuell herauskommt, stellen die jungen Leute in Werkstattkonzerten der Öffentlichkeit vor. Neu ist jetzt unter Rademann, dass es da künftig Vergleiche nicht nur unter den Teilnehmenden, sondern auch von zwei Werken gibt, hier eben die Johannes-Passionen von Telemann und Bach. Die Räume und Flure des Hospitalhofs brummten deshalb in den vergangenen Tagen vor lauter Musik: Hier einige Instrumentalisten, dort Sängerinnen und Sänger, ein kleiner Chor, ein Warmsingen mit Klavierbegleitung – in nahezu jedem Raum war etwas geboten, die Mühen des Ringens um den richtigen, um den noch besseren Ton waren überall deutlich zu spüren.

Kein Wunder, haben sich hier doch 98 Nachwuchsmusiker aus aller Welt um Meisterkurse im Sologesang beworben, von denen 24 von den zehn namhaften Dozenten ausgesucht wurden. Und für das Junge Stuttgarter Bach-Ensemble mit Kursen in Chorgesang sowie Orchesterspiel, dieses Jahr erstmals auf barocken Instrumenten, hatten sich 142 junge Musiker beworben. Davon wurden 51 Bewerber angenommen. Und das klingt dann beispielsweise so beim Einstudieren einer Telemann-Kantate: „Die Passage ,Wer Gottes Wort im Glauben hält, der hat ein Herz, das Gott gefällt‘ ist nicht nur ein Bericht, hier wird ein Gottesgeschenk gegeben“, bemerkt der Dozent Peter Kooij zu der Sopranistin Marta Paklar, die nun schon seit bald zehn Minuten Anlauf für diese eigentlich eher bescheidene Stelle von wenigen Takten in einer Telemann-Kantate. Und die Schülerin versteht, legt beim nächsten Mal noch mehr Ausdruck in ihren Gesang, zumal Kooij auch ganz praktische Tipps dazu gibt in Sachen Atmung oder Körperhaltung. „Sie ist sehr gut wie die anderen Schüler hier auch“, bemerkt Kooij, „unsere Aufgabe ist es hier vor allem, sie zu mehr Ausdruck zu ermutigen.“ Ganz ähnlich sieht dies Rademann, der im Großen Saal das Orchester einstudiert: „Wir fordern die Übertreibung. Noch sind nicht alle aufgeschlossen genug, um sich völlig zu entäußern.“

Immer besser in immer neuen Anläufen

Das Abschlusskonzert mit Kantaten von Bach und Telemann ist an diesem Mittwoch um 19 Uhr in der Markuskirche. Bachs Johannes-Passion präsentieren Mitglieder und Ensembles der Bachakademie unter der Leitung von Rademann an diesem Donnerstag um 20 Uhr im Ludwigsburger Forum.