Einzelhändler und Wirtschaftsförderung erarbeiten ein Zwischennutzungskonzept.

Bad Cannstatt - Leere oder zugeklebte Schaufenster sind nicht nur unschön anzuschauen, sondern schaden dem Geschäft. Wo nichts geboten wird, bleiben die Kunden weg, was wiederum den Standort für potenzielle Mieter uninteressant macht. Die Zahl der Leerstände in Bad Cannstatt ist deshalb alarmierend. Allein in der Altstadt und am Wilhelmsplatz stehen laut dem Stadtteilmanager Torsten von Appen circa 15 Ladenlokale und Büros leer.

 

Das habe zwei Gründe: „Im Stadtbezirk fehlt eine Person, die alles zentral steuert“, sagt von Appen. Außerdem hätten potenzielle Mieter Bad Cannstatt schlichtweg nicht auf dem Radar. Dabei sei Potenzial vorhanden: „Wir sehen, dass in Bad Cannstatt erfolgreich investiert wird.“ Der Erfolg von Gastronomen wie den Betreibern des Meran am Marktplatz, des veganen Restaurants Coox and Candy sowie des kürzlich eröffneten 87 an der König-Karl-Straße spreche für sich. Und die Kaufkraft werde steigen, prognostiziert der Stadtteilmanager im Blick auf die Weiterentwicklung des Neckarparks.

Damit diese Kunden nicht abwandern, müsse der Stadtbezirk im Einzelhandel besser aufgestellt werden. Leerstände zu vermeiden und die Flächen lebendig zu machen ist Ziel eines Zwischennutzungskonzepts, an dem die städtische Wirtschaftsförderung, der Gewerbeverein Bad Cannstatt, der Verein Die Altstadt Bad Cannstatt sowie die Cannstatter Netzwerkerinnen zurzeit arbeiten.

Flair und Charme in Bad Cannstatt

„Unser Wunsch ist, Pop-Up-Stores nach Bad Cannstatt zu locken“, sagt von Appen. In der Stuttgarter Innenstadt funktioniere das Konzept hervorragend, unter anderem seien der WESC-Shop in der Bolzstraße sowie die Yeans-Halle an der Königstraße auf diese Weise in ihre Räume gekommen. „Häufig entwickeln sich aus Zwischennutzungen langfristige Mietverhältnisse, was natürlich die ideale Lösung ist“, sagt von Appen. Um einen Überblick über die in Cannstatt verfügbaren Flächen zu bekommen, habe es im April eine Begehung im Bezirk gegeben, bei der alle leer stehenden Flächen erfasst und fotografiert wurden.

Diese Daten wurden an eine Agentur weitergegeben, die ein Zwischennutzungskonzept entwickeln und Mieter akquirieren soll. Die Reaktionen seien positiv: „Die Agentur hat signalisiert, dass Flair und Charme in Bad Cannstatt vorhanden sind“, sagt von Appen. Zurzeit würden weitere Daten zur demografischen Struktur und dem Kaufkraftverhalten zusammengetragen, damit sich die Agentur ein genaues Bild von Bad Cannstatt machen kann. Dann wird das Konzept fertiggestellt und öffentlich präsentiert.

Wie auch immer dieses aussehen wird, Alexandra Licina ist froh, dass sich endlich etwas tut. „Wir Netzwerkerinnen haben uns von Anfang an für eine attraktive Altstadt eingesetzt.“ Schon im vergangenen Jahr hatten die engagierten Frauen angeregt, aktiv gegen Leerstände vorzugehen. Langfristiges Ziel der Netzwerkerinnen sei es, inhabergeführte Fachgeschäfte, etwa ein Kindermoden-, ein weiteres Schuhgeschäft oder einen Blumenladen zu etablieren. „Aber auch Wechselläden können für die Kunden attraktiv sein“, sagt Licina. Wichtig sei insgesamt, die Altstadt zu beleben und Treffpunkte wie etwa ein schickes Café für jüngere Leute zu schaffen.

Konzept auf andere Stadtbezirke übertragen

Vor dem Hintergrund, dass der Marktplatz autofrei werde, sei es unabdingbar, ein Konzept für die Cannstatter Altstadt zu entwickeln, sagt Angelika Grupp, die Vorsitzende des Gewerbe- und Handelsvereins. „Wir brauchen eine attraktive Mischung an Geschäften und keine weiteren Billigläden.“ Dafür müssten Hausbesitzer und Händler an einem Strang ziehen.

Die Altstadt Bad Cannstatt ist ebenfalls mit im Boot. „Bad Cannstatt hat alles, was man zum Bummeln braucht, nur wissen viele das nicht“, sagt der Vorsitzende Dirk Strohm. Hochwertige Mode- oder ein weiteres Schuhgeschäft könnten seiner Meinung nach dazu beitragen, mehr Kunden anzulocken. Das Problem liege allerdings weniger an der Marktstraße: „Dort steht zurzeit nur ein Ladenlokal leer.“ Die meisten Leerstände befänden sich in den umliegenden Gassen und seien zu klein, um für Ketten attraktiv zu sein. „Das ist aber auch eine Riesenchance. Ein kleines Geschäft kostet weniger Miete und auch ein Existenzgründer kann darin schnell eine gute Atmosphäre schaffen“, sagt Strohm.

Wie das Konzept aussehen und wie es umgesetzt wird, sagt von Appen, stehe noch in den Sternen. Die Marschrichtung der Wirtschaftsförderung sei aber klar: „Ziel ist es, das Konzept nach und nach auch auf andere Stadtbezirke zu übertragen.“