Der Gartenbauverein findet keinen Nachfolger für seinen Vorsitz – und ist damit kein Einzelfall.

Bad Cannstatt - Vereine haben es heutzutage schwer: Immer weniger Menschen sind bereit, sich zu engagieren – geschweige denn – langfristig Ämter zu übernehmen. Genau diese Erfahrung macht der Gartenbauverein Bad Cannstatt derzeit. Sein Vorsitzender Wilhelm Bauer würde das Zepter nach 36 Jahren gerne abgeben, findet aber keinen Nachfolger. Vergangene Woche hat er deshalb ins Restaurant Steinhalde geladen, um das Dilemma einmal generell zu thematisieren und bestenfalls Lösungen zu finden.

 

Neben Beiratsmitgliedern des eigenen Vereins kamen auch Vertreter anderer Vereine, sowohl aus Cannstatt selbst wie aus Hofen und Münster. Der angekündigte Vertreter vom Landesverband tauchte zwar nicht auf, dafür kam Nikolaus Winter, der im Vorstand des Kreisverbands der Obst- und Gartenbauvereine (KOV) sitzt und sich außerdem im Gartenbauverein Botnang engagiert. Winter hatte auch Ideen im Gepäck.

„Es geht nicht ohne gezielte Ansprache. Man muss den Leuten die Aufgabe schmackhaft machen und klarmachen, dass alles gar nicht so aufwändig ist, wenn man es gescheit einteilt“, so Winter. Außerdem könne man an den Strukturen rütteln. Winter erzählte von einem Verein, der sich vom hierarchischen Konzept verabschiedet hat. Statt eines 1., 2. und 3. Vorsitzenden gebe es nun drei Gleichberechtigte, die sich projektbezogen im Sinne einer Arbeitsteilung absprechen. „Das setzt zwar voraus, dass man sich abstimmt. Aber im gängigen Modell läuft alles auf den 1. Vorsitzenden raus. Das schreckt die Leute ab, weil sie denken, so viel Arbeit können sie nie bewältigen“, so Nikolaus Winter. Das sah auch Wilhelm Bauer so – denn in Cannstatt sei der Verein genau so strukturiert. „Das war im Nachhinein ein Fehler“, so Bauer. Der Vorsitzende zeigte sich offen für Fusionen mit anderen Vereinen: „Man darf sich nicht dagegen wehren, sich gesund zu schrumpfen“, sagte er. Doch Fusionsprozesse seien schwierig, entgegnete Nikolaus Winter: „Da kommen gerade bei älteren Mitgliedern viele Emotionen hoch, das kann man sich oft gar nicht vorstellen.“

Wenig Engagement

Die Krise der Vereine ist ein verbreitetes Problem. Das bestätigte Manuel Ostertag vom Württembergischen Angler Verein. „Wenn von 25 Leuten, die man fragt, drei in einem Verein Mitglied sind, ist das schon viel“, sagte er. Viele Bekannte würden ihm sagen, sie hätten einfach keine Zeit dafür, andere seien von zu vielen Aktivitäten gestresst. Zumal Engagement nicht mehr angesagt sei: „Viele sehen den Verein als Dienstleister: ‚Ich zahl‘ dafür, der Rest ist mir egal‘“, so Ostertag. Im Schwarzmalen wollte sich die Runde aber nicht ergehen. Grundtenor: Die Lage ist schwer, aber längst nicht aussichtslos.

Potenzial gibt’s auch im Internet – wenn man sich geschickt anstellt. Dort tummeln sich die jungen Leute, die man ja ansprechen will. „Der OGV Botnang hat eine mobile Version seiner Homepage eingerichtet. Bei der nächsten Veranstaltung kamen gleich drei Frauen, eine davon hat sich auch als Mitglied angemeldet“, erzählte Winter. Und Olaf Schulze von Pro Alt Cannstatt sieht Potenzial in jungen Familien. Denn längst sei Urban Gardening ein Trend, aus dem auch Gartenbauvereine Kapital schlagen könnten.