Geht außerhalb des Stuttgarter Innenstadtrings überhaupt was? Wir sagen: Ja, im Club Zollamt in Bad Cannstatt, dessen neue Führung den Laden behutsam verändern will.

Stuttgart - Von manchen Läden bekommt wenig bis gar nichts mit. Man hat sie einfach nicht auf dem so überstrapazierten Schirm - etwa weil sie nicht im Innenstadtring liegen. In den vergangenen Jahren hat sich gezeigt, dass sich das Nachtleben außerhalb dieser Begrenzung eher schwer tut. Leider. Für viele sind sie zu weit weg, um sie zu Fuß abklappern zu können, und vor allem: Geht da in solchen Clubs dann überhaupt was? Aber: In Bad Cannstatt geht was. Zumindest im Zollamt auf dem Güterbahnhof-Gelände. Seit mehr als zehn Jahren führt der verschachtelte Abenteuerspielplatz, bestehend aus mehreren Floors inklusive clubtauglichem Zugwaggon und einem riesigen Außenbereich mit Biergarten-Atmosphäre, ein friedliches und gesundes Club-Leben.

 

Das Zollamt ist eine Event-Location, heißt, es gibt kein fixes Programm wie beispielsweise freitags Hip-Hop und samstags Techno. Das Publikum kommt gezielt auf Reggae-, Wave-, Techno oder Ü-30-Veranstaltungen, die wöchentlich rotieren. Heißt auch: Einfach so mal vorbeischauen kann drinnen ein böses Erwachen geben. Das Konzept funktioniert, weil das Zollamt auch vielseitig nutzbar und teilbar ist. Werden mal nicht so viele Besucher erwartet, koppelt man einfach den großen Floor ab und leitet die Gäste von der anderen Seite in das sogenannte Zalo, ein autarker Club im Club. So wiederum können an manchen anderen Abenden zwei verschiedene Events parallel stattfinden. Das bezeichnet man dann wohl als die eierlegende Wollmilchsau.

Dieses fabelhafte Wesen steht seit Anfang Juni unter neuer Führung. Der langjährige Betreiber René Kirschner, der schon im legendären Musicland in der Reinsburgstraße seine Finger mit im Spiel hatte, agiert noch ein wenig im Hintergrund und gibt seine mehr als zehnjährige Erfahrung weiter an das Büro Südwind, das gemeinsam mit einer zweiten Agentur aus S-Süd ins Zollamt eingestiegen ist.

Der Musik-Mix soll bleiben

Gerade das Südwind-Büro ist im Nightlife zu Hause. Neben kleineren Events organisiert das Büro seit vielen Jahren das SEMF (Stuttgart Electronic Music Festival), das auch Ende des Jahres wieder auf der Neuen Messe stattfindet.

Außerdem sammelte man bereits vor Jahren im Gebäude des Metropol-Kinos temporär Cluberfahrung. Wer aber nun vermutet, dass aus dem Zollamt jetzt ein purer Electro-Laden wird, täuscht sich. An dem vielseitigen Programm-Mix wollen die Macher weitestgehend festhalten. Lediglich die eine oder andere neue Veranstaltung stößt ins Programm hinzu, wie etwa am kommenden Samstag die Circus 030 Party mit Berliner DJs und viel Brimborium wie Artisten, Deko und Co.

Aber die Neuen haben die Optik verbessert: den Hof entrümpelt, die Toiletten renoviert und den Biergarten aufgehübscht. Und die Farbe hat gut getan. So ist eine kleine Oase fernab vom hektischen, überreizten nächtlichen Innenstadttrubel entstanden. Dem Club selbst aber sieht man das erste überstandene Jahrzehnt bestens an. Etwas verbraucht wirkt das Zollamt, aber auch da will man noch nachbessern. Dennoch: das Publikum scheint sich wohl zu fühlen.

Synergien sind denkbar

Auch schön: Direkt in der Nachbarschaft - auf einem Gelände wie ein Dschungel - bauen momentan die Waggon-Leute ihr neues Domizil auf, nachdem sie den Nordbahnhof verlassen mussten. Hier entsteht in den nächsten Monaten ein noch viel größerer Abenteuerspielplatz aus Container-Konstruktionen und einigen alten Waggons. Und das schreit geradezu nach Synergien.

Einen Vorgeschmack auf das, was da draußen im Zollamt in Zukunft alles gehen kann, gibt die Veranstaltung „Outerrim - Kunst im Club“ am ersten August-Wochenende. An beiden Tagen zeigen etwa 40 Künstler aus dem Großraum Stuttgart ihre Arbeiten aus den Genres Musik, Tanz und Bildende Kunst, abends treten Acts auf wie Weltraumquartett, Jazzmusiker Pit Schmitt oder The Sorry Entertainers.