Die Liste der Tiere, die Fahnder schon aus den Kofferräumen von Schmugglern geholt haben, liest sich wie ein Lexikon der Exoten. In Bayern war diese Woche sogar ein Puma darunter, den ein Fahrer aus dem Kreis Karlsruhe im Gepäck hatte.

Stundenlang rast der Puma hin und her, ein paar Schritte rechts, ein paar Schritte links. Kurz zuvor hatten bayerische Polizisten das Tier in der Nähe der tschechischen Grenze im Kofferraum eines mutmaßlichen Schmugglers entdeckt. Abgemagert und so voller Stresshormone, dass die Tierpfleger in der Münchner Reptilienauffangstation die Fenster mit Tüchern verhängen, um die Raubkatze abzuschirmen. Der Penelope getaufte Beutegreifer wirft ein Schlaglicht auf den illegalen Handel mit Tieren, die auf dem Weg von den Züchtern zu den Abnehmern oft durch Deutschland transportiert werden.

 

Rückblende: Am Dienstag überprüfen Polizisten in Neunburg vorm Wald in der Oberpfalz einen Kleinwagen. Im Inneren des Zweitürers nimmt eine Kiste aus Pressspan so viel Platz ein, dass sogar der Beifahrersitz nach vorne umgelegt war. Im Inneren der Kiste: ein ungezähmter Puma.

Fahrer macht widersprüchliche Angaben

Der 30 Jahre alte Fahrer aus dem Kreis Karlsruhe macht widersprüchliche Angaben, die Beamten stellen das Tier vorsichtshalber sicher. Für die Beteiligten liegt zumindest der Verdacht nahe, dass es sich um einen weiteren Fall von illegalem Tierschmuggel handeln könnte.

„Achse des Bösen“ nennen Fachleute die Route aus Osteuropa über Bayern bis in die Beneluxländer. „Wir sprechen hier von absolut kriminellen Strukturen“, betont Andreas Brucker, Experte des bayerischen Landesverbands des Deutschen Tierschutzbundes für derartige Beschlagnahmungen.

Er erinnert sich noch gut an einen aufgeflogenen Transport, in dem 320 Tiere zusammengepfercht waren. Von Weißwedelhirschen über russische Kampfgänse bis hin zu einem vier Wochen alten Lisztaffenbaby - einer Art, die vom Aussterben bedroht ist.

„In Tschechien kann man Tiere aller Couleur kaufen, von der Ameise bis zum Zebra, das ist ganz legal, auch wenn die Zuchtbedingungen fragwürdig sind“, schildert Brucker. In den Beneluxstaaten hingegen sei der Handel mit Tieren stark eingeschränkt. „In Belgien etwa gibt es eine Positivliste mit erlaubten Tieren. Das weckt die Begierden von Leuten, die was anderes haben wollen als das, was auf der Liste steht. Entsprechend hoch sind die Preise, denn was illegal ist, ist teuer.“

Und wo Geld zu verdienen ist, sind Kriminelle nicht weit. Wie groß die Gewinnspannen sind, lässt sich an diesem Beispiel erahnen: Ein Hundewelpe hat im vergangenen Jahr laut Brucker in Osteuropa zwischen 50 und 80 Euro gekostet. Verkauft wurde er in Westeuropa für bis zu 4000 Euro - natürlich am Staat und seinen Finanzämtern vorbei.

Viele sichergestellte Tiere werden gar nicht erst wieder abgeholt

„Das ist wie ein schwarzes Loch, wo Tausende Tiere von Osteuropa in die Beneluxländer gepumpt werden, und das unter unhaltbaren Zuständen immer durch Deutschland hindurch“, sagt auch Markus Baur. Er ist Leiter der Auffangstation für Reptilien in München, in der der Puma aus dem Kofferraum eine vorübergehende Heimat gefunden hat.

Zwar gibt es in Deutschland durchaus Vorschriften zu Zucht, Handel und Transport von Tieren, doch oft fallen die Lieferungen gar nicht erst auf. Und wenn jemand auffliegt, sind die Strafen vergleichsweise mild: Es handelt sich laut Brucker fast immer nur um Ordnungswidrigkeiten, nur sehr selten ließen sich Straftaten nachweisen.

Viele sichergestellte Tiere werden auch gar nicht erst wieder abgeholt. Das könnte nun auch dem Puma passieren. Das Problem: Wohin dann mit dem Weibchen? „Wir können ihr nicht das bieten, was sie für ein dauerhaftes Leben bräuchte“, betont Baur. Außerdem blockiert Penelope gleich mehrere Räume und zwei Freigehege.

Das Team hat sich deshalb vorsorglich schon auf die Suche gemacht. Ein Zoo käme zwar grundsätzlich in Frage, allerdings: „Wir haben den Eindruck, dass sie schon die eine oder andere Verhaltensauffälligkeit hat, was für Zoos natürlich ein Problem ist“, schildert Baur. So sei Penelope nach ihrer Ankunft „auf eineinhalb Meter Wandlänge wie angestochen hin- und hergerannt, und das über Stunden“. Sie müsse sich nun erst einmal beruhigen. Doch Baur ist zuversichtlich: „Wir haben sehr gute Karten, dass eine andere Tierschutzeinrichtung, die solchen Tieren das Gnadenbrot gibt, die Katze übernehmen könnte.“