Das Ende der Bäckerei Lang ist besiegelt. Das Unternehmen hatte am Dienstag Insolvenz angemeldet, am Mittwoch steht fest: es ist nicht zu retten. Die Angestellten sind traurig und wütend über das Aus.

Stuttgart - Für die Bäckereifachangestellte in der Lang Lounge im Stuttgarter Milaneo ist es an diesem Mittwochvormittag nicht leicht, ihre Gefühle in Worte zu fassen. Die langjährige Verkäuferin ist froh, dass sie nach dem am Dienstag gestellten Insolvenzantrag jetzt wieder Anspruch auf ihr Gehalt hat, auf das sie wie die anderen neuen Angestellten der Filiale seit zwei Monaten warten musste. Daran ändert auch das am Mittwochnachmittag verkündete Aus für das Traditionsunternehmen nichts. In diesem Fall zahlt die Agentur für Arbeit. Gleichwohl ist klar, für die Verkäuferin wird es einen Einschnitt geben. Sie muss sich einen neuen Job suchen.

 

Brot gibt es schon länger nicht mehr

Die gebürtige Türkin hat mehr als 16 Jahre für das Unternehmen gearbeitet. „Da ist eine große Wut auf unsere Chefs, die sich nicht gekümmert haben, aber auch eine große Traurigkeit, weil mir die Arbeit Spaß gemacht hat und nun etwas zu Ende geht“, sagt die Mitarbeiterin.

Die Filialleiterin kämpft mit den Tränen. Sie ist seit Langem eine Meisterin der Improvisation. Schon in den vergangenen Wochen war das Sortiment nie vollständig. Seit die Produktion in Freiberg am Neckar vorigen Freitag eingestellt wurde, sind die angebotenen Produkte allesamt Auftau- oder Aufbackware. „Die Kunden merken schon, dass bei uns was nicht stimmt, sagen aber nichts“, sagt sie. In der unteren Auslage liegen Butterbrezeln, süße Stückchen, kleine Kuchen und belegte Brötchen. Im oberen Regal herrscht gähnende Leere – seit fast einer Woche gibt es kein Brot mehr. Stammkunden gibt es dort nur wenige, die meisten sind Laufkundschaft, viele sind an diesem Tag zum ersten Mal bei Lang und wissen nicht, dass sich der Betrieb in einer wirtschaftlichen Schieflage befindet.

Eine Verkäuferin kratzt ein DIN-A-4-Blatt von der Wand, auf dem die Lang-Filiale noch mit dem Slogan „Appetit auf einen Job“ um neue Kräfte wirbt. Der ist der aktuellen Belegschaft längst vergangen. „Seelisch ist das alles schwer zu verkraften. Wir können nicht mehr schlafen“, sagt eine Mitarbeiterin. Auch das Privatleben leidet. „Mein Mann sagt schon dauernd, hör’ auf vom Geschäft zu reden“, erzählt sie und rechnet für einen Kunden den Betrag mit einem Taschenrechner aus. Eine Kasse ist defekt. Als sie den zuständigen Service informierte, bekam sie die Antwort, dass niemand kommen wird, weil es zu viele offene Rechnungen gebe. Die Frauen berichten noch von weiteren Mängeln wie etwa von einer seit Monaten schlecht reinigenden Spülmaschine. Am heutigen Donnerstag wollten die Frauen nicht mehr kommen – weil die offenen Gehälter nicht eingegangen sind und die Inhaber Iylas Kaya und Jason Avasar auf das Ultimatum nicht reagiert haben. Nun ist klar, der Laden bleibt dauerhaft geschlossen. Die Frauen wissen nicht, wie es weitergeht.

Vier Filialen sind verkauft worden

Die Filiale an der Königstraße samt Café ist geöffnet. Und das wird wohl auch vorerst so bleiben, weil dieses Geschäft von Jason Avasar, wie drei weitere Filialen, an seinen Bruder Süleyman verkauft wurde und damit nicht vom Insolvenzantrag betroffen ist. In den Regalen klaffen große Lücken, zudem warten auch sie auf ausstehende Gehälter. Laut sagen wollen sie das nicht, denn ihnen wurde mit dem Verlust des Arbeitsplatzes gedroht, wenn sie mit Journalisten sprechen. Ob dort weiterhin der Name Lang am Schaufenster steht, muss aber erst noch geklärt werden.