Die Bauarbeiten am Bietigheimer Bahnhof laufen auf Hochtouren. Bis Ende 2016 möchte die Bahn für sechs Millionen Euro die Station modernisieren. Man liege im Zeitplan, sagt die Bahn. Dabei sollte das Projekt schon 2013 beginnen.

Bietigheim-Bissingen - Bahnpendler, die in Bietigheim ein- oder aussteigen, sind das Bild schon seit Juli gewöhnt: Baustellenzäune, gesperrte Gleise, ratternde Presslufthämmer. Der Grund: die Bahn modernisiert für sechs Millionen Euro den Bietigheimer Bahnhof. Das größte Thema ist dabei die Barrierefreiheit. So soll fortan jeder der vier Bahnsteige einen eigenen Aufzug bekommen – bisher gibt es nur einen für alle. Außerdem werden alle Bahnsteige auf die gleiche Höhe mit 76 Zentimeter Abstand zur Schiene gesetzt. „Das ermöglicht ein barrierefreies Einsteigen in die S-Bahn“, erklärt Reinhard Fandrich, der zuständige Projektleiter der Bahn. Was im Umkehrschluss jedoch bedeutet, dass der Einstieg für manch anderen Zug dann zu hoch sein wird. „Einen einheitlichen Einstieg für alle Züge werden wir wohl nie hinbekommen“, sagt Fandrich.

 

Im Juli haben die Bauarbeiten begonnen, im Dezember 2016 soll alles fertig sein. Man liege im Zeitplan, heißt es. Dass der Baustart eigentlich schon im Jahr 2013 geplant war, bleibt lieber unerwähnt. Die Gespräche zwischen Bahn, Bund, Land und Stadt hätten sich eben in die Länge gezogen, heißt es auf Nachfrage. Auch bei den Kosten musste nachgelegt werden: Von der ersten Schätzung im September 2010 über 3,9 Millionen Euro zur ersten Berechnung im März vorigen Jahres (4,8 Millionen Euro) bis zur jüngsten Berechnung im Juni (5,8 Millionen Euro). Schuld daran sei vor allem der Boom der Baubranche, der die Preise erhöhe, erklärt Fandrich.

Teilweise tropft es schon durch die Dächer

Die Kostensteigerung stellte die Stadt Bietigheim-Bissingen vor ein Problem. Sie ist mit 15 Prozent an den Baukosten beteiligt. Um diese zu senken, entschied die Bahn, bei der Überdachung zu sparen. Statt die Dächer auf allen Bahnsteigen durchgängig zu verlängern, sollen jetzt nur vier zusätzliche sogenannte Wetterschutzüberdachungen aufgestellt werden. Diese sind auch nötig, denn teilweise tropft es schon durch die Dächer.

Was wird noch alles erneuert? Es soll eine neue Beleuchtung geben, außerdem neue Sitzbänke, Mülleimer, Vitrinen, ein verbessertes Wegeleit- und Durchsagensystem. Für Blinde gibt es die bekannten weißen Platten mit Rillen nahe der Bahnsteigkante, die vermitteln sollen: dahinter stehen bleiben. Im Bahndeutsch heißen die Platten „taktile Leitstreifen“. Außerdem wird die Gleisnummer in Blindenschrift am Handlauf der Treppengeländer stehen. Die bisher recht lieblos wirkende Unterführung soll eine „gestalterische Aufwertung“ erfahren. Das Bahnhofsgebäude selbst bleibt unangetastet.

Wie bei so vielen Baustellen der Bahn wird im laufenden Betrieb umgebaut. So wird derzeit der Bahnsteig an Gleis drei erhöht. Wenn er Mitte Dezember fertig ist, geht es nebenan an Gleis vier weiter, danach kommen neun und zehn dran. Die Züge fahren in der Zeit von anderen Gleisen ab. Auch in der Unterführung könne es in der Zeit zu Engpässen kommen, wenn beispielsweise eine Treppe abgerissen wird, um Platz für einen Aufzug zu machen, sagt der Bahnsprecher Martin Schmolke, „aber da müssen wir durch“.

Die einzige Bahnhofs-Baustelle im Kreis

Die Bauarbeiter, die in der Regel von sieben bis 17 Uhr am Bahnhof arbeiten, mussten einige Male längere Pausen einlegen, weil es anderswo Gleisarbeiten gab und Züge über Bietigheim umgeleitet wurden – beispielsweise Mitte Oktober, als die Schienen auf der Schnellbahnstrecke zwischen Mannheim und Stuttgart bei Vaihingen an der Enz erneuert wurden.

Die Baustelle ist Teil des 117 Millionen Euro schweren Bahnhofmodernisierungsprogramms der Bahn in Baden-Württemberg und aktuell die einzige im Landkreis Ludwigsburg. Andere Bahnhöfe, die derzeit herausgeputzt werden, liegen in Mühlacker, Aalen und Esslingen.