Seit einem Jahrzehnt arbeiten Ditzingen und die Strohgäubahn-Anrainer auf den Umbau des Heimerdinger Bahnhofs hin. Bisher fehlte die Genehmigung des Regierungspräsidiums. Just dieses empfiehlt dem Bauherrn nun, wegen der langen Dauer ein neues Verfahren zu beginnen.

Der Heimerdinger Bahnhof sollte längst umgebaut sein. Doch die Genehmigung der Behörde steht auch nach einem Jahrzehnt noch aus. Dafür erklärt jetzt dieselbe Behörde, die für die Genehmigung ursprünglich vorgelegten Gutachten müssten aktualisiert werden. Zugleich hat sie für den Bauherrn eine Empfehlung parat: „Das Planfeststellungsverfahren sollte daher eingestellt und anschließend neu eingeleitet werden.“ Darüber hat die Ditzinger Rathausspitze informiert.

 

Altes Verfahren nicht weiterführen?

Ein schlechter Witz? Mitnichten. Gleichwohl: Verärgerung, so sie denn vorhanden wäre, lassen sich die Ditzinger nicht anmerken. Der CDU-Stadtrat Wolfgang Gommel, selbst Heimerdinger, nannte den Sachverhalt in öffentlicher Sitzung zurückhaltend „bemerkenswert“. Und der Verwaltungsspitze war daran gelegen, nicht den Anschein zu erwecken, der Behörde die Schuld an der Situation zu geben. Man wolle „dem Regierungspräsidium keinen Vorwurf machen“, sagt Bürgermeister Ulrich Bahmer. Die Behörde sei unterbesetzt, sei zugleich mit Großprojekten wie Stuttgart 21 befasst.

Eine Dauer von zehn Jahren sei für Planfeststellungsverfahren dieser Größenordnung nicht üblich, sagt auch das RP. Doch die Behörde stellt die Situation anders dar – und spielt den Ball zurück. Sie habe erst vier Jahre nach Verfahrensbeginn – also 2017 – eine erste eingeforderte Stellungnahme der Bauwilligen erhalten. Im weiteren Verfahrensverlauf sei eine zweite Stellungnahme erforderlich gewesen, diese sei erst 2022 erfolgt. Anders formuliert: Der Umbau habe gar nicht früher genehmigt werden können.

Schwierige Verhandlungen mit Grundstückseigentümern

Der Planfeststellungsbeschluss ist gleichbedeutend mit der Baugenehmigung für Infrastrukturprojekte, wie Eisenbahntrassen, Flughäfen, Bahnhöfe. Bauherr war von Beginn an die Württembergische Eisenbahngesellschaft (WEG), der Zweckverband Strohgäubahn wiederum – in ihm haben sich die bauwilligen Bahnanrainer zusammengeschlossen – arbeitete der WEG zu. Verbandssprecher Andreas Fritz nennt als Grund zum einen weitere rechtliche Vorgaben, für deren Erfüllung schwierige Verhandlungen mit Grundstücksbesitzern hätten geführt werden müssen. Um zum anderen den Lärmschutz zu gewährleisten, seien weitere Gutachten erforderlich. Das laufe noch.

In dieser Situation warb Bürgermeister Bahmer nun für die vom RP ins Spiel gebrachte Überlegung, das Verfahren zu stoppen. „Mit der Einstellung würde sich nach Ansicht des Regierungspräsidiums auch die Möglichkeit ergeben, die neuen Regelungen des Planungsbeschleunigungsgesetzes des Bundes anzuwenden.“ Die Stuttgarter Straßenbahnen AG (SSB) habe bereits Erfahrungen mit dem neuen Verfahren gesammelt und empfehle auf Nachfrage die Anwendung dieses Planbeschleunigungsgesetzes.

Der Umbau des Bahnhofs Heimerdingen sollte eigentlich schon 2017 abgeschlossen sein, allererste Überlegungen des Zweckverbands gingen gar von 2012 aus. Als die Strohgäubahn nach Jahren der Gleismodernisierung 2018 wieder in Heimerdingen einfuhr, hatte der Ortsvorsteher die Gäste nicht nur mit einem großen, sondern auch „schönen“ Bahnhof empfangen wollen, wie er es damals formulierte. Schließlich hatte Oberbürgermeister Michael Makurath das Ereignis als „entscheidenden Schritt“ für Heimerdingen gepriesen. Ziel war es, den, laut Makurath, „schlafenden Riesen“ unter den Ditzinger Teilorten dank des Bahnanschlusses wieder zu wecken. Dem widersprechen die Anwohner nicht. Aber sie pochen eben auch auf einen ausreichenden Lärmschutz. Sie machen geltend, dass bei einem Endhaltepunkt der Verbindung, wie Heimerdingen einer werden soll, mehr Lärm entsteht, als bei einem Durchgangsbahnhof – der er aus Sicht der Bahnbetreiber ist. Heimerdingen war einst, als die Strohgäubahn nach Weissach weiterfuhr, tatsächlich Durchgangsbahnhof. Doch nach Weissach fährt die Strohgäubahn zumindest auf absehbare Zeit nicht mehr.

Nach dem Bahnhofsumbau soll der Zug in Heimerdingen auch nachts abgestellt werden können. Derweil fährt die Bahn abends von Heimerdingen nach Korntal zurück ins Depot, morgens von dort nach Heimerdingen. Ob die Beteiligten sich nun tatsächlich auf den Vorschlag der Genehmigungsbehörde einlassen oder am alten – laut der Ditzinger Verwaltung vermutlich länger dauernden – Verfahren festhalten, ist offen. Die Entscheidung steht aus.

Anwohner fordern Lärmschutz gegen die Bahn

So lange müssen die Heimerdinger weiterhin Umwege laufen: Mit dem Umbau soll am Bahnübergang eine Signalanlage installiert werden. Früher hupte der Zug einfach, um Fußgänger zu warnen. Doch seit 2018 ist er geschlossen. „Um die Lärmbelastung der Anwohnenden zu reduzieren wurde der Bahnübergang Liebigstraße daher vorübergehend stillgelegt“, heißt es dazu aus dem Ditzinger Rathaus. Daran hat sich seither nichts geändert.