So groß die Erwartungen an die Mobilitätszentrale am Bahnhof waren, so groß war die Häme nach der Eröffnung im Oktober. Denn bisher kann man dort nicht viel mehr als Fahrkarten kaufen. Doch jetzt kommen zusätzliche Angebote.

Göppingen - Vielen Bürgern, die ihre Fahrkarte an den Schaltern kaufen, ist vermutlich überhaupt nicht klar, dass sie sich nicht in einer simplen Verkaufsstelle der Deutschen Bahn befinden, sondern in einer brandneuen Mobilitätszentrale, die vor vor gerade mal sechs Monaten mit viel Tamtam eröffnet wurde. Warum auch? Mehr als Fahrkarten kaufen kann man in dem Schalterraum im Göppinger Bahnhof bisher nicht – zum großen Ärger der Mitglieder der Lokalen Agenda, die sich ein umfangreiches Alternativangebot zum Autofahren gewünscht hatten, wie es auch in Eislingen, Süßen und Geislingen geplant ist.

 

Doch demnächst soll am Bahnhof alles besser werden. Nicht nur, dass der frisch sanierte Vorplatz in Kürze fertig ist, auch die Mobilitätszentrale soll ihren Namen noch vor den Sommerferien wirklich verdienen. Der Göppinger Gemeinderat hat dazu jüngst einige der bisher fehlenden Angebote beschlossen: Ein E-Carsharing-Angebot mit Zapfsäulen für Elektroautos, ein Fahrradverleihsystem, ein E-Roller-Verleih und eine umfassendere Beratung in der Mobilitätszentrale – statt dem reinen Fahrkartenverkauf. Angedacht ist außerdem, zusammen mit der Staufen Arbeits- und Beschäftigungsgesellschaft (SAB) eine Fahrradwerkstatt im Fahrradparkhaus zu eröffnen.

Autos können auch an anderen Stationen abgegeben werden

Für das E-Carsharing-Angebot das im Juli kommen soll, wird die Stadt mit dem Anbieter Deer zusammenarbeiten, der bereits in einigen anderen Kommunen im Kreis und der Region vertreten ist. Kosten entstehen der Kommune dabei nur für den Bau der beiden Elektroladesäulen. Sie kosten zusammen rund 46 000 Euro.

Die Autos können dann auch in den anderen Deer-Stationen in der Region abgegeben werden. Geplant ist, das Angebot mit zwei Fahrzeugen zu beginnen. Die Kosten liegen bei etwa 6,50 Euro pro Stunde oder 39 Euro pro Tag pro Auto. Auf längere Sicht sollen in der Stadt an drei weiteren Standorten Elektroautos bereitgestellt werden. Betrieben werden die Fahrzeuge dem Baubürgermeister Helmut Renftle zufolge „natürlich mit Ökostrom“.

Pedelecs und E-Roller am Bahnhof

Ebenfalls noch vor der Sommerpause soll die Zusammenarbeit mit einem neuen Fahrradverleihsystem beginnen. Das bisherige Angebot wurde mangels Kunden im Herbst eingestellt. Um die Bürger künftig besser zu erreichen, werden die Fahrräder nun prominent auf dem neuen Bahnhofsplatz präsentiert. Der neue Betreiber wird die Regiorad Stuttgart, die auch unter anderem in Eislingen, Rechberghausen und Wäschenbeuren Stationen betreibt. Für die Kunden hat das den Vorteil, dass sie die Räder auch dort abgeben können – und natürlich an allen anderen mehr als 100 Stationen der Regiorad in der Region. Die Stadt muss für das neue Angebot jährlich 6300 Euro zuschießen.

Etwas später, vermutlich kurz nach den Sommerferien, wird es Renftle zufolge dann auch möglich sein, Elektro-Roller am Bahnhof auszuleihen. Die Stadt möchte mindestens fünf Stück vorhalten. Wer das betreiben wird, ist aber noch offen.

Chipkarten für Fahrradparkhaus

Ein großes Ärgernis wird die Bürger noch eine Weile begleiten: Das Fahrradparkhaus wird immer wieder von Obdachlosen und Betrunkenen als Übernachtungsplatz oder öffentliche Toilette missbraucht und ist in einem entsprechend schmuddeligen Zustand. Die Stadt will es deshalb künftig geschlossen halten. Die Nutzer sollen es mithilfe von Chipkarten betreten können. Doch die Stadt kann diesen Plan erst umsetzen, wenn die Deutsche Bahn die Sanierung des Gebäudes im kommenden Jahr beendet hat.

Damit die Beratung in der Mobilitätszentrale ausgeweitet werden kann, schießt die Stadt der Bahn 51 000 Euro pro Jahr zu. Mit dem Geld wird ein weiterer Mitarbeiter finanziert. Kunden sollen dort dann nicht nur über Angebote der Bahn informiert werden, sondern auch über andere Mobilitätsangebote. Außerdem sollen sie Informationen über Sehenswürdigkeiten in der Stadt und der Umgebung, Wanderwege und Freizeitangebote erhalten.

Der neue Bahnhofsplatz ist fast fertig – und günstiger als gedacht

Stadtsofa:
Der neugestaltete Platz vor dem Göppinger Bahnhof ist weitestgehend fertig. Ende Juni wird dort das Stadtsofa aufgestellt, eine 40 Meter lange, eigens angefertigte Holzbank. Über sie war im Vorfeld lange diskutiert worden. Auch eine kleine, alte Lokomotive wird den Platz noch schmücken. Sie kommt Mitte Juli. Bis dahin sollen auch die Beschilderungen fertig sein und der Anschluss des Pflasters an die Villa Gutmann im Westen.

Ensemble:
Damit der Platz richtig zur Geltung kommt, hat die Deutsche Bahn zugesagt, ihr Gebäude zu sanieren. Zurzeit bekommt das Hauptgebäude einen neuen Anstrich und die Natursteinfassade wird saniert. Danach werden die Flügel des Gebäudes saniert. Im Westflügel ist das Fahrradparkhaus untergebracht, auf der Ostseite war eine Filiale von McDonald’s. Im Moment stehen die Räume leer. Das neue Teamviewer-Gebäude neben der Villa Gutmann soll bis zum kommenden Frühjahr fertig sein, auch die Sanierung der Villa Gutmann soll dann abgeschlossen sein.

Kosten:
Die Neugestaltung des Platzes wird für die Stadt voraussichtlich deutlich billiger als erwartet. Dem Baubürgermeister Helmut Renftle zufolge geht das Controlling mittlerweile von Gesamtkosten von 4,5 Millionen Euro statt der geplanten 4,9 Millionen Euro aus.