Die Kanzlerin hat mögliche EU-Beitrittskandidaten auf dem Balkan besucht. Weniger Diplomatie und mehr offene Worte hätten Merkels Reise gut getan, kommentiert Thomas Roser.

Korrespondenten: Thomas Roser (tro)

Belgrad - Mit Komplimenten hat die Kanzlerin auf ihrer Balkanreise nicht gegeizt. Doch ein grauer Himmel wird auch durch eifriges Schönreden nicht blau. Selbst wenn die Adressaten sich an Angela Merkels aufmunternden, aber eher substanzlosen Sonntagsreden wie an frischem Nektar labten. Anzunehmen ist, dass Merkel hinter verschlossenen Türen etwas deutlicher zur Sache kam. Doch das offene Ansprechen von Fehlern und Versäumnissen wäre auch für die Öffentlichkeit der EU-Anwärter durchaus hilfreich gewesen, denn nur bei deutlicher Kritik von außen vermag diese den Druck auf die eigenen Amtsträger zu erhöhen. Die Presse wurde bei den sorgfältig inszenierten Kurzauftritten der Kanzlerin mit ausgewählten Fragestellern zum Dekor reduziert.

 

Ermutigung ist im entbehrungsreichen Marathon, an dessen Ende der EU-Beitritt steht, zwar für jeden ermatteten Läufer gut, aber ob Serbiens zweifelhafter Schulterschluss mit Moskau zur Verhinderung der missliebigen UN-Resolution zum Massaker in Srebrenica, die Sezessionsbestrebungen in Bosnien oder die spürbar verschlechterten Beziehungen der ex-jugoslawischen Kriegsgegner in der Region: klare Botschaften waren von der Kanzlerin leider nicht zu hören. Weniger Diplomatie und mehr Offenheit hätten ihrer Balkanreise gutgetan.