Mit einer großen Razzia in Berlin und Brandenburg ist der Polizei erneut ein Schlag gegen kriminelle Rocker gelungen. 1100 Beamte, darunter die Spezialeinheit GSG 9, durchsuchten 79 Wohnungen, Arbeitsstätten und Vereinsheime der Bandidos.

Berlin - Erst waren die Hells Angels im Visier der Polizei, jetzt haben die Berliner Ermittler einen Schlag gegen die verfeindeten Bandidos in der Hauptstadt geführt – kein Zweifel, der Druck auf die als kriminell eingestuften Rockerbanden wächst. Im gesamten Bundesgebiet gehen Behörden seit knapp drei Monaten mit Vereinsverboten, Durchsuchungen und Festnahmen gegen Gruppierungen vor, gegen die der Verdacht der organisierten Kriminalität besteht. Offensichtlich haben die Landesbehörden sich zu einer gemeinsamen Strategie entschlossen. Die Zahl der Ermittlungsverfahren ist nach Angaben des Bundeskriminalamtes in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen. 2010 gab es bereits 35 Verfahren.

 

Am frühen Donnerstagmorgen holten etwa 1000 Polizisten aus mehreren Bundesländern sowie die auf Terrorbekämpfung spezialisierte Sondereinheit GSG 9 in Berlin und Brandenburg zur nächsten großen Aktion aus. Sie durchsuchten etwa 70 Wohnungen und Lokale der Rockergruppe Bandidos. Die Bande gilt als Feind und Konkurrent der Hells Angels.

Die Spezialkräfte stürmen das Clubhaus mit Brecheisen

Berlins Innensenator Frank Henkel (CDU) sagte zur der Maßnahme, dies sei nicht der letzte Schlag gegen die Rocker gewesen. Die Aktion steht nach Angaben der Polizei nicht in direktem Zusammenhang mit denen der vergangenen Woche. Sie sei von langer Hand geplant gewesen. Gegen die Vereinigung der Bandidos Del Este sowie zwei Unterstützungsgruppen laufe seit einem Jahr ein Ermittlungsverfahren wegen gewerbs- und bandenmäßigen Rauschgifthandels. Nach Informationen der „Berliner Morgenpost“ soll es dabei auch um den Handel mit Amphetamin und dem Schmerzmittel Tilidin gehen. Das Medikament wird in Berlin häufig von sozial eher schwachen Jugendlichen mit oft muslimischem Hintergrund konsumiert, die Alkohol aus religiösen Gründen ablehnen. Es wird auch als eine Art enthemmendes Aufputschmittel vor kriminellen Taten genutzt, weil es schmerzunempfindlich und in hohen Dosen gewaltbereit macht.

Im Zentrum der Durchsuchungen stand das Vereinsheim der Bandidos Del Este im brandenburgischen Ort Hennigsdorf am nördlichen Rand der Hauptstadt. Die vermummten Spezialkräfte der Polizei stürmten das mehrstöckige graue Vereinsheim mit Leitern, Brecheisen und Schlagbohrern, wie Fotos von der Aktion zeigen. Nach Augenzeugenberichten wurden Blendgranaten eingesetzt, Hubschrauber kreisten über dem Gelände. Ein Hund, der die Polizisten angriff, wurde erschossen. Kurzfristig nahmen die Polizisten nach Angaben aus Ermittlerkreisen auch den Präsidenten der Gruppierung, einen ehemaligen Polizisten, fest. Der Mann ist wegen eines schweren Raubüberfalls in den 90er Jahren vorbestraft. Gegen ihn liegt allerdings kein Haftbefehl vor.

Sie finden Gewehre, Pistolen, Schlagstöcke und Messer

In Brandenburg wurden 50 Gebäude, in Berlin etwa 20 durchsucht. Insgesamt wurden sieben Haftbefehle vollstreckt, außerdem wurde ein dänischer Rocker festgenommen, der in seinem Heimatland gesucht wird. Es gab vier Festnahmen, ein Verdächtiger hatte eine scharfe Schusswaffe dabei. Die Ermittler beschlagnahmten Gewehre und eine Pistole, Schlagstöcke und Messer sowie CDs mit volksverhetzendem Inhalt. Es wurde ein Chemielabor entdeckt, in dem mutmaßlich Drogen hergestellt wurden. Ein Verbot gegen die Gruppe wurde jedoch nicht ausgesprochen.

Erst vor einer Woche hatte der Berliner Innensenator zwei Vereine der Hells Angels verboten. Dabei war es zu einer schweren Polizeipanne gekommen: Die Rocker waren vermutlich von einem Informanten aus den Reihen der Polizei über das bevorstehende Verbot informiert worden und hatten ihren Verein vorab aufgelöst. Damit wollten sie verhindern, dass die Polizei Vermögenswerte beschlagnahmen konnte. In der Polizei wird seither wegen Geheimnisverrats ermittelt.

Zeitgleich wechselten vergangene Woche auch einige Bandidos zu einer Gruppe der Hells Angels in Brandenburg – die Hintergründe sind bisher unklar, Experten vermuten eine Art Gebietsarrondierung. Am Dienstag wurde in Potsdam ein Vereinsheim der Hells Angels durchsucht.