Volksbanken und Sparkassen erhöhen ihre Preise teils massiv. In manchen Fällen wird das Girokonto um das Sechsfache teurer.

Frankfurt - Der Trend ist eindeutig. Da hat Niels Nauhauser von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg ebenso wenig Zweifel wie Sigrid Herbst von der Finanzberatung FMH in Frankfurt oder Banken-Professor Hans-Peter Burghof von der Universität Hohenheim. Kunden von Sparkassen, Volksbanken und Banken werden immer stärker zur Kasse gebeten, vor allem bei Girokonten. Der Einblick in solche Preise wird freilich immer schwieriger, an Transparenz hapert es. Klar ist: Die Zeit kostenfreier Girokonten geht zu Ende. Selbst Kunden, die kaum die Filiale aufsuchen und ihr Konto online führen, müssen neuerdings zahlen. Wenn sie sich am Geldautomaten Scheine beschaffen, Auszüge am Selbstbedienungsdrucker holen oder eine Rechnung online zu Hause am PC begleichen: Für die SMS mit der notwendigen Transaktionsnummer (TAN) sind oft zehn Cent fällig.

 

Beispiel Volksbank Ermstal-Alb im baden-württembergischen Metzingen. Dort steigen die Preise für Girokonten ab Juli massiv. „Künftig kostet das Girokonto Klassik drei Euro im Monat und für jede Buchung, also auch für den Eingang des Gehalts, 30 Cent. Egal ob man Onlinebanking macht oder nicht“, empört sich eine langjährige Kundin. Bisher habe sie 1,50 Euro gezahlt, alle Leistungen inbegriffen. Künftig verlangt ihre Volksbank für ein vergleichbares Konto 9,50 Euro - mehr als das Sechsfache.

„Es gibt massiven betriebswirtschaftlichen Druck, vor allem bei Sparkassen, Volksbanken und Instituten, die in der Fläche aktiv und im Gegensatz zu Großbanken kaum am Kapitalmarkt tätig sind“, sagt Professor Burghof. Hintergrund sind die niedrigen Zinsen. Früher haben die Institute das Geld der Kunden gerne genommen, weil es zu guten Konditionen im Kreditgeschäft ausgereicht oder anderen Banken ausgeliehen werden konnte. In Zeiten von Niedrig- und Negativ-Zinsen ist das nicht mehr möglich. Weiterer Druck kommt, sagt Burghof, durch innovative Fintech-Firmen. „Die zerlegen die Wertschöpfungsketten der Banken, brechen die lukrativsten Finanzdienstleistungen heraus und bieten sie preisgünstig an“. Banken und Sparkassen blieben die schlechten, wenig ertragreichen Geschäfte.

Aufschläge auch beim Verkauf von Fonds und Wertpapieren

Herbst zufolge werden höhere Preise bei Volksbanken und Sparkassen eher akzeptiert, weil in den Regionen die Kundenbindung stärker sei. Großbanken und Direktbanken dagegen stünden in hartem Wettbewerb und könnten sich Preiserhöhungen weniger erlauben. Die Postbank arbeitet nach Angaben von Vorstandschef Frank Strauß an einem neuen Preismodell für das Girokonto. Wann es kommt, lässt er offen. Einen völlig neuen, in der Bankenbranche einmaligen Weg geht die GLS-Bank, die größte deutsche Alternativbank. Ab 2017 will sie, sagt Vorstandssprecher Thomas Jorberg, einen monatlichen Grundbeitrag von Mitgliedern und Kunden erheben: Er soll zwischen fünf und 15 Euro liegen.

Für Georg Fahrenschon, Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes (DSGV), ist klar: „Die Zeit von kostenlosen Girokonten ist vorbei. Wir werden angesichts der Zinslandschaft unsere Leistungen verursachungsgerechter bepreisen müssen“. Auch beim Verkauf von Fonds, Wertpapieren und Krediten werde es zu Aufschlägen kommen. Und auf Tagesgeldkonten bieten viele Institute nur Zinsen von lächerlichen 0,01 Prozent.

In diesen Phasen wäre Transparenz wichtig. Daran hapert es. Vergleiche sind schwierig. Immerhin gibt es Sparkassen und Volksbanken, die zwar die Preise erhöhen, auf ihrer Homepage aber transparent ihre jeweiligen Girokonto-Modelle samt Kosten darstellen, wie die Volksbank Ermstal-Alb oder die Sparkasse Freiburg. Dort steigen die monatlichen Pauschalpreise für Girokonten (angeblich sind das „Erlebniskonten“) ab 1. Juli um bis zu 25 Prozent.

Generell fehlt es an Übersichtlichkeit. Nur nach zum Teil intensiver Suche entdecken Kunde auf der Homepage, dass selbst bei der eigenen Volksbank beim Abheben am Geldautomaten oder für den Kontoauszug am Drucker jedes Mal 20 Cent fällig werden, bei anderen sogar drei Euro. FMH-Expertin Herbst ist aufgefallen, dass manche Institute selbst für vom heimischen PC getätigte Überweisungen 19 Cent berechnen. Bei anderen Banken verpflichteten sich Kunden als Gegenleistung für ein preiswertes Girokonto einen Altersvorsorgevertrag abzuschließen. Der Bank sichert das eine Provision. Die Institute entwickelten eine schier unerschöpfliche Kreativität, den Kunden absurde Gebühren aufzudrücken, hat FMH schon 2015 festgestellt. Die ist eher noch gestiegen.

Verbraucher scheuen den Wechsel der Bank, obwohl der kinderleicht ist

Einige Gebühren sind zudem umstritten, auch aufgrund von Gerichtsurteilen. Etwa Kosten für die Zusendung von Kontoauszügen, Sondergebühren für Ein- und Auszahlungen trotz eines Konto-Pauschalpreises oder Preise für den Ersatz einer verlorenen oder gestohlenen Giro-Karte. Sie muss kostenfrei ersetzt werden.

Bei ihrer Preispolitik und den Preiserhöhungen profitieren die Banken davon, dass immer noch die wenigsten Verbraucher bereit sind, das Institut zu wechseln, obwohl das heute einfacher und problemloser geht als früher. Einige Banken bieten in Kooperation mit Fintechs Apps für das Smartphone an. Damit soll der Wechsel fast kinderleicht sein. Alle Zahlungsvorgänge würden auf das neue Konto umgestellt, ohne dass der Kunde einen Finger rühren muss. Bei anderen Instituten ist der Wechsel immer noch mit Papierkram und viel Aufwand verbunden. Das schreckt ab. Jene Kundin der Volksbank Ermstal-Alb lässt sich nicht beirren. „Für mich sind die massiven Preiserhöhungen definitiv ein Grund, die Bank zu wechseln“.

Gerhard Schorr, Verbandsdirektor des Baden-Württembergischen Genossenschaftsverbands (BWGV), rechnet nicht mit einem Kundenrückgang. „Die Zahl der Kunden der Volksbanken und Raiffeisenbanken in Baden-Württemberg ist mit rund sieben Millionen seit vielen Jahren stabil – verglichen mit der Einwohnerzahl Baden-Württembergs von rund 10,8 Millionen ist dies ein ausgesprochen hoher und für uns sehr erfreulicher Wert“, sagt er. Die Zahl der Mitglieder der Volksbanken und Raiffeisenbanken habe sich seit der Finanzmarktkrise 2008 sogar um mehr als 400.000 auf nun 3,69 Millionen deutlich erhöht. „Dies zeigt, wie sehr uns die Menschen vertrauen, und bestätigt uns in unserem Weg als verlässlicher Finanzpartner für die Menschen vor Ort.“