„Experten in eigener Sache“ haben im Schwäbischen Wald Wanderstrecken für Menschen mit Mobilitätseinschränkungen ausgearbeitet und getestet. Die ersten vier Routen stehen.

Rems-Murr : Frank Rodenhausen (fro)

Berglen - Ines Vorberg ist mit einem „nicht der Norm entsprechenden geringen Körperlängenwachstum“ auf die Welt gekommen, gemeinhin auch Kleinwüchsigkeit genannt. Mit zunehmendem Alter muss sich die Frau, die in diesem Jahr ihren 50. Geburtstag feiert, deshalb auf zunehmende Einschränkungen einstellen. Um sich fortbewegen zu können, ist sie mittlerweile auf einen klobigen Elektrorollstuhl angewiesen.

 

Teilhabe an Dingen des alltäglichen Lebens

Die Teilhabe an Dingen des alltäglichen Lebens sollten dieses oder andere Handicaps allerdings nicht verhindern, meint Ines Vorberg. Dafür macht sie sich unter anderem im Vorstand des Vereins Selbsthilfe Körperbehinderter stark – und seit rund zweieinhalb Jahren auch in einem von der Aktion Mensch geförderten Projekt. Dessen Ziel ist es, Menschen mit Handicap an der aktiven Naherholung im Schwäbischen Wald teilhaben zu lassen. Dort sollen geeignete Wanderrouten gesucht und ausgearbeitet werden – kurze Strecken von drei bis fünf Kilometern Länge, die mit Rollstühlen oder Gehhilfen eigenständig bewältigt werden können, an deren Startpunkt es einen Behindertenparkplatz und an der Strecke eine barrierefreie Toilette gibt.

Die Idee sei nicht ganz neu, räumt Bernhard Drixler ein; er ist Geschäftsführer des Naturparkvereins, der bei dem Projekt mit dem Kreisjugendring zusammenarbeitet. Der Naturpark selbst, aber auch andere Organisationen und Initiativen wie beispielsweise der Schwäbische Albverein, hätten sich des Themas schon angenommen. Neu und besonders indes sei, dass die Routen von Betroffenen qualifiziert entwickelt und verifiziert würden – gewissermaßen von „Experten in eigener Sache“, wie Simon Maier sagt, der selbst auf einen Rollstuhl angewiesen ist und sich beim Kreisjugendring beruflich für Menschen mit Handicap engagiert.

Rund 15 solcher „inklusiver Wanderbotschafter“ hat die Initiative um Ines Vorberg und die Projektkoordinatorin Andrea Bofinger mittlerweile rekrutiert. Am Mittwoch hat eine Delegation im Schützenhaus in Berglen die ersten Früchte ihrer Arbeit präsentiert: spezielle Flyer für vier Routen, vom Format her „einhandgeeignet“ sowie wasserabweisend. Mit ihnen möchte man jetzt an den Start gehen, um das Projekt Route für Route weiterzuentwickeln.

Das Ziel: Mindestens eine inklusive Route pro Kommune

Das Ziel sei, in jeder Kommune des Schwäbisch-Fränkischen Walds mindestens ein entsprechendes Angebot auszuarbeiten. Dass dies bis zum Ende dieses Jahres – so lange läuft die mit knapp 50 000 Euro dotierte Förderung der Aktion Mensch – nicht zu schaffen ist, weiß auch Bernhard Drixler. Deshalb will er im Herbst bei der Mitgliederversammlung seines Vereins den Vorschlag einbringen, auf dem Projekt aufzusetzen und dieses voranzutreiben. Auch der Kreisjugendring könnte dabei bleiben.

Simon Maier ist jedenfalls zuversichtlich, dass der jetzt angestoßene Prozess weiterverfolgt werde. Schließlich trügen die Routen nicht nur dazu bei, Barrieren bei der Naherholung abzubauen, sondern schafften auch die Möglichkeit, dass sich Menschen mit und ohne Handicap begegnen und dabei das Wichtigste bewältigten: „Barrieren im Kopf abzubauen.“ Weitere Informationen zum Projekt und die Routen findet man hier.