Ein süßlicher Duft zieht durch die Stadt. Immer mehr Shisha-Bars eröffnen – mehr als 70 gibt es bereits in Stuttgart. Vielerorts wehren sich die Anwohner. Doch was sagt die Stadt dazu?

Stadtleben/Stadtkultur: Uwe Bogen (ubo)

Stuttgart - Gemütlich blubbert’s, ein süßlich-strenger Qualm erfüllt die Bar. Immer mal wieder beugt sich jemand zur Wasserpfeife hinunter, nimmt das Schlauchende in den Mund, atmet tief ein, inhaliert genussvoll, formt die Lippen zu einem großen O und stößt sodann den dichten, nach Orient riechenden Rauch kräftig in den Raum.

 

Das Ritual kommt aus Persien und war jahrhundertelang vor allem in der arabischen Welt verbreitet. Das persische Wort Shisha bedeutet „Glas“. Längst ziehen nicht mehr nur Südländer mit Vollbart auf auf Orientteppichen an der Wasserpfeife. Immer mehr junge Deutsche tun’s, viele Frauen sind darunter. „Da kommen Sekretärinnen, Büroangestellte und Studenten“, berichtet der Nachbar einer Shisha-Bar an der Theodor-Heuss-Straße in der Innenstadt. „Ganz normale Deutschen“ seien dabei, nicht nur Muslime.

Keinesfalls gesünder als Zigaretten

Die Auswahl zum Inhalieren ist groß. Die Geschmacksrichtungen reichen von Lemon-Chili über Apfel bis Schokolade-Zimt. Die einen finden’s erfrischend und wohltuend, für die anderen riecht’s künstlich, und sie klagen über Kopfschmerzen. Beim Verbrennen der Kohle verdampfen die Tabakpartikel und verströmen ihr Aroma. Das angeblich „bessere Rauchen“ sei keineswegs gesünder als Zigaretten, schreibt das „Ärzteblatt“. Die durch die Verschwelung des Tabaks entstehenden giftigen und krebserzeugenden Verbrennungsprodukte gelangten ungefiltert in die Lunge, warnen Ärzte.

Zwölf bis 25 Euro zahlt man in Stuttgart für einen Qualm-Durchgang. Erobern Shishas schwäbische Traditionslokale? Jahrelang war zum Beispiel das Restaurant Aussichtsreich auf dem Burgholzhof beliebt bei Ausflüglern, die den Blick über das Neckartal genossen. Nun ist dieser exponierte Ort zur Sky-Lounge 327 Grad mit Wasserpfeifen geworden, die meist nur abends öffnet.

Und im Stuttgarter Westen wehren sich Anwohner gegen die Pläne, aus dem seit zwei Jahren leer stehenden Rat Rat eine Shisha-Bar mit den Namen Feinstaub Stuttgart zu machen. Wie es heißt, soll zu den Pächtern ein VfB-Profi gehören. Sein Verein aber wolle nicht, dass er Shisha-Wirt werde, so hört man, weshalb bisher nichts geschehen sei. Leider war es unserer Redaktion noch immer nicht möglich, mit den Betreiber zu reden. „Das wundert uns nicht“, sagt ein Hausbewohner, „mit uns reden sie auch nicht.“

80 Bewerber für eine Gaststätte

Verdienen Gastronomen mit dem Rauch so gut? Noch immer scheinen viele zu glauben, orientalische Wasserpfeifen seien Gelddruckmaschinen. Als kürzlich im Europaviertel eine Gaststätte freigeworden ist und der Hausbesitzer einen neuen Wirt suchte, waren unter den Bewerbern etwa 80, die eine Shisha-Bar eröffnen wollten.

Doch Vorsicht ist geboten, meint ein Insider. „Es gelingt nur wenigen, das große Geld damit zu machen“, sagt er. Es hänge immer vom Standort ab. Wer sich mit Wasserpfeifen selbstständig machen wolle, müsse berücksichtigen, dass die immer strenger werdende Gesetzgebung die Verdienstmöglichkeiten einschränkten. Zum einen dürfe Tabak nicht mehr in großen Mengen gelagert werden; man müsse ihn in kleinen Packungen aufbewahren, weshalb der Preis steige. Zum anderen sind Abluftanlagen nötig, weil die Behörden nach Kohlenmonoxid-Vergiftungen durch Shisha-Konsum auf die strenge Einhaltung der Sicherheitsvorschriften achte. In geschlossenen Räumen steigt die Gefahr einer Vergiftung an. Erste Anzeichen dafür wie Übelkeit und Schwindel werden beim Shisha-Rauchen oft auf den Tabak zurückgeführt. Die Stuttgarter Gaststättenbehörde verlangt Warnmelder oder Lüftungsanlagen sowie die das Einhalten von Brandschutzauflagen (verlangt werden Anzünde-Einrichtungen für die Kohlen und Feuerlöscher) – nur dann gibt’s grünes Licht für Shishas.

Stadt: keine rechtliche Handhabe

„Die Umwandlung einer Gaststätte in eine Shisha-Bar ist nicht genehmigungspflichtig“, sagt Jasmin Bühler, eine Pressesprecherin der Stadt Stuttgart. „Baurechtlich und gaststättenrechtlich“ handele es sich um eine Schankwirtschaft. Damit gelten die Regelungen des Landesnichtraucherschutzgesetzes, was die Raumgröße und einen abgetrennten Nebenraum betrifft. Außerdem müssen Minderjährige draußen bleiben, und die Gesundheit der Bar-Mitarbeiter muss geschützt werden. Wenn eine Gaststätte genehmigt sei, heißt es im Rathaus, müssen die Wirte bei einer Umwandlung keine weitere Genehmigung bei der Stadt beantragen – sie müssen lediglich bestimmte zusätzliche Auflagen erfüllen.

„Weder die Gaststättenbehörde noch das Baurechtsamt sind für die Zunahme der Shisha-Bars in Stuttgart verantwortlich“, betont die Stadtsprecherin Jasmin Bühler. Denn es gäbe keine rechtliche Handhabe, den Trend zu immer mehr Lokalen mit Wasserpfeifen aufzuhalten. Allein die Hausbesitzer könnten dies, heißt es im Presseamt der Stadt: „Ein Verpächter hätte theoretisch die Möglichkeit, im Pachtvertrag Shisha-Betriebe auszuschließen.“