Jonas Wohlfahrt-Bottermann alias Wobo gehört bei der Basketball-Europameisterschaft zu den positiven Überraschungen in der deutschen Mannschaft. Der 32-Jährige weiß in seiner Rolle voll zu überzeugen.

Sport: Joachim Klumpp (ump)

Er kam, sah – und blockte: einmal, zweimal, dreimal. Im Gruppenspiel der deutschen Basketball-Nationalmannschaft gegen Bosnien-Herzegowina wurde Jonas Wohlfarth-Bottermann kurzerhand der Spitzname Wohlfarth-Blockermann verpasst. Was durchaus als Ehre gemeint war. Denn den 32-Jährigen, der mit dem DBB-Team an diesem Dienstagabend (20.30 Uhr) auf Griechenland trifft, hatte keiner so richtig auf der Rechnung für diese Heim-EM – außer wahrscheinlich der Bundestrainer.

 

Gordon Herbert holte das BBL-Urgestein quasi aus der Versenkung von den MHP Riesen Ludwigsburg, wo „Wobo“, wie er in der Szene nur genannt wird, eine solide, aber sicher keine überragende Saison spielte. Doch der kanadische Coach kannte den Center noch aus gemeinsamen Bundesligazeiten in Frankfurt und wusste einfach, was er an ihm hat. Sein Urteil damals lautete: „Er ist in der Defensive einer der am meisten unterschätzten Spieler.“

Wobo sichert sich EM-Kaderplatz durch starke Vorbereitung

Der Beweis kam spätestens an diesem zweiten Gruppenspieltag. Bei allem Respekt, so richtig hatte wohl selbst der 2,08 Meter große Center bei seinem überraschenden Comeback im Frühjahr nach neun Jahren Länderspielpause nicht an diese denkwürdigen Auftritte vor 18 000 Fans in der Kölner Lanxess-Arena geglaubt. Im Interview gegenüber unserer Zeitung sagte er: „Ich würde niemals nie sagen, aber ich bin realistisch genug, um zu wissen, dass wir bei einem großen Turnier gerade auf meiner Position sehr stark besetzt sind mit Spielern aus der Euroleague und der NBA.“

Ja, mit einem Johannes Voigtmann etwa, künftig Olimpia Mailand, oder einem Daniel Theis aus der NBA. Die haben Vorrang, dennoch kommt der gebürtige Bonner auf seine Minuten. Und nimmt die Rolle dankbar an. Das spricht für ihn: „Im Laufe der Vorbereitung hat sich schon abgezeichnet, dass es vielleicht in den Kader reichen könnte“, sagte Wobo nach der Vorrunde. Warum? „Weil ich ein guter Rollenspieler bin.“ Der immer alles für die Mannschaft gibt.

Schröder und Herbert loben Wobos Defensive

Im Eröffnungsspiel kam Wohlfahrt-Bottermann in nur 88 Sekunden auf drei Fouls. Aber auch solche Spieler werden gebraucht, im Radsport würde man von einem Edel-Domestiken sprechen. „Er hat eine unheimlich professionelle Einstellung“, lobt selbst Kapitän Dennis Schröder und setzt noch einen drauf: „Er ist einer der besten Big Men in der Defensive.“ Und so etwas wie der Publikumsliebling in Köln gewesen. Er brachte die Halle mit seinem Einsatz schon mal zum Kochen.

Das könnte sich im Viertelfinale (20.30 Uhr/Magentasport) noch steigern, schließlich ist Wohlfahrt-Bottermann in Berlin kein Unbekannter, spielte er doch schon bei Alba Berlin und unter Sasa Obradovic, der als alter harter Hund in der Basketball-Branche gilt: „Er ist auch ein Defensiv-Verfechter.“ Genau wie der ehemalige Ludwigsburger Trainer John Patrick, den er drei Jahre genießen durfte. Wobo sagt mit Blick auf die EM-Taktik: „Das hat mir sicher nochmals geholfen.“ Denn auch Bundestrainer „Gordie“ Herbert liebt die Intensität des 32-Jährigen in der Abwehr über alles.

Mit Selbstbewusstsein gegen Griechenland und Antetokounmpo

Am Dienstag bestreitet der Center sein erst 21. Länderspiel mit 32, in der Bundesliga hat er es seit 2008 immerhin schon auf 352 Einsätze gebracht. Mit für einen Basketball-Profi gar nicht so vielen Stationen: den Telekom Baskets Bonn, den Dragons Rhöndorf, Alba Berlin, Ratiopharm Ulm, den Skyliners Frankfurt und zuletzt eben Ludwigsburg.

Bleibt noch die Frage, warum er die MHP Riesen Richtung Hamburg verlassen hat? „Ich habe im letzten Viertel meiner Karriere einfach nochmals eine Herausforderung gesucht“, sagt Wohlfarth-Bottermann und meint beim Verein (Towers) und der Stadt (Hamburg). „Es ist ein sehr ambitioniertes Projekt, bei dem ich gerne mithelfen will.“

Doch das ist aktuell Zukunftsmusik. Erst einmal gilt das Augenmerk dem K-o.-Spiel gegen Griechenland. Dieses sieht Wohlfart-Bottermann gelassen. „Wer wie wir eine Medaille holen will, muss auch schwere Gegner schlagen.“ Zu dieser Kategorie zählen die bisher unbesiegten Griechen ohne Frage, allen voran Superstar Giannis Antetokounmpo. Sowohl sportlich als auch körperlich. Doch der Joker im deutschen Nationalteam betont: „Wir gehen mit Selbstvertrauen in die Spiele und setzen auf die Stimmung.“ Und auf Jonas Wohlfarth-Bottermann als Rollenspieler.

Angespannte Personalsituation

Franz Wagner
 Ob der 21-jährige Forward rechtzeitig für das Spiel gegen Griechenland fit wird, ist noch offen. „Wir können das heute noch nicht sagen“, sagte Bundestrainer Gordon Herbert am Montag. Wagner war im Achtelfinale gegen Montenegro umgeknickt und hatte die Partie daraufhin verlassen.

Nick Weiler-Babb
 Auch hinter dem Einsatz des kurz vor der EM eingebürgerten Guards steht noch ein Fragezeichen. Das Achtelfinale hatte Weiler-Babb wegen einer Schulterverletzung verpasst.

Johannes Voigtmann
Während Wagner und Weiler-Babb am Montag wieder trainierten, fehlte Voigtmann mit einer Erkältung. Der Einsatz des Centers ist ebenso ungewiss.