Die Basketballer der MHP-Riesen eilen von Erfolg zu Erfolg. Trotz aller Euphorie der Fans muss das Team um sein Standing in der breiten Öffentlichkeit kämpfen – und es gibt auch Kritiker am Geschäftsmodell.

Ludwigsburg - Die Stimmung ist hervorragend. Mit jedem Sieg der MHP-Riesen in der Basketball-Bundesliga und in der Champions League steigt die Euphorie bei den Fans, die MHP-Arena wird zum Hexenkessel mit dichter Atmosphäre. Auch wenn es zuletzt zwei knappe Niederlagen gegen Alba Berlin in Liga und Pokal gab, spielt die Mannschaft von Trainer John Patrick weit über ihren Möglichkeiten, die ein Etat von 4,5 Millionen Euro bietet.

 

Die Wahrnehmung der Riesen verändert sich, der Manager Alexander Reil und sein Pressesprecher Björn-Lars Blank freuen sich über überregionale Anfragen. Seit drei Jahren spielt das Team auch international in der Champions League – auch wenn der europäische Wettbewerb nicht der Königsklasse im Fußball entspricht.

Werner Spec: Wichtig für die Außenvermarktung

Aber ändert sich dadurch auch die Wahrnehmung der Mannschaft und der Sportart in der Stadt? Der Oberbürgermeister Werner Spec sieht das so. Einmal seien die Riesen in der Außenvermarktung ein „entscheidender Imagefaktor“, der die Stadt Ludwigsburg überregional wahrnehmbar mache. Zudem sei die Business-Lounge der Riesen ein wichtiger Treffpunkt für Entscheider in Wirtschaft und Politik geworden: „Da hat sich in den letzten Jahren viel verändert.“

Der SPD-Stadtrat und frühere Basketball-Nationalspieler Hubertus von Stackelberg sieht eine langfristig positive Entwicklung: „Beim Abstieg in die zweite Liga war die Stimmung miserabel. Doch jetzt werde ich auch im Bekanntenkreis immer öfter auf die Riesen angesprochen.“ Es ist eben wie immer im Sport: Nichts ist erfolgreicher als der Erfolg. Doch der Vorsitzende der MHP-Riesen, Alexander Reil, weiß, wie schnell es im Sport wieder bergab gehen kann. „Wenn es gut läuft, sind Sie ein Held, ein Jahr später können Sie schon der Depp sein“, sagt der kantige Manager.

Reil erinnert sich noch gut an die schwierige Anfangszeit. Als er sich 1999 ehrenamtlich für den damaligen Drittligisten engagiert hat, gab es kaum professionelle Strukturen. Basketball war damals in der Stadt eine Sportart unter vielen. Nach dem Aufstieg in die erste Liga 2002 hat Reil den Verein professionalisiert und hart auf Wirtschaftlichkeit getrimmt, was durchaus umstritten war. Die Profi-Abteilung wurde aus dem Verein BG Ludwigsburg ausgegliedert, inzwischen gibt es hier 15 Angestellte.

Schwierige Zeit nach dem Abstieg 2012

Der Abstieg im Jahr 2012 ist ihm noch gut in Erinnerung: „Das war ein Tiefschlag, da musste ich mir einiges anhören.“ Reil weiß, dass die Riesen derzeit „überperformen“, wie er es nennt. Daher spricht er auch nicht vom Meistertitel: „Große Teams wie beispielsweise Bayern München, Ratiopharm Ulm oder Alba Berlin verfügen über ganz andere Möglichkeiten.“ Also mehr Geld und mehr Potenzial.

In Ludwigsburg gibt es Grenzen, bedingt durch die Größe der Stadt, die Nähe zu Stuttgart und durch finanzstarke Fußballclubs wie den VfB Stuttgart. Ein Grundproblem der MHP-Riesen bleibt überdies erhalten: Die Zuschauerzahlen steigen zwar, im Schnitt füllen 3500 die Arena, vor allem an den Wochenenden. Doch der Zuspruch könnte größer sein. Obwohl die Mannschaft so erfolgreich ist wie noch nie, fiebert nicht wie beim Fußball die ganze Stadt mit. Und die Stuttgarter Großkonzerne stehen als Sponsoren auch nicht gerade Schlange: Neben Porsche gibt es vor allem regionale Unterstützer wie Mann und Hummel oder Breuninger.

Dazu kommt: Basketball gilt eher als eine elitäre Sportart. Der typische Fan unterscheidet sich deutlich vom Fußballfan: Er hat in der Regel einen höheren Bildungsabschluss, ist im Schnitt zwischen 26 und 39 Jahre alt, mehr Familien kommen in die Halle und es wird weniger Bier ausgegeben.

Manche sehen das Geschäftsmodell kritisch

Immer wieder gibt es auch Kritik am Sponsoring durch die Stadtwerke, etwa von den Grünen im Stadtrat. Und an dem öffentlich-privaten Investitionsmodell beim Bau der MHP-Arena 2009 für 20 Millionen Euro auf dem ehemaligen Nestlé-Gelände. „Nachdem der private Betreiber ausgestiegen ist, sind die Betriebs- und Sanierungskosten bei der Stadt hängen geblieben“, sagt etwa Elfriede Steinwand, die Grünen-Fraktionschefin, „zudem muss die Halle jetzt schon wieder saniert werden.“

Doch die Verantwortlichen um Alexander Reil versuchen, das Image der Riesen zu verbessern. „Vor zehn Jahren wäre es noch undenkbar gewesen, dass überall in der Stadt Fahnen und Plakate hängen“, sagt Reil. Dass das Areal rund um die Arena mit dem Westausgang des Bahnhofs, den zwei Parkhäusern und dem Hotel ein gelungenes Stück Kommunalentwicklung ist, räumen selbst die Grünen ein.

Jugendliche sollen begeistert werden

„Andere Städte würden von einer solchen Ausstattung nur träumen“, sagt Alexander Reil, „das war ein genialer Schachzug der Stadt.“ Zuvor musste die Mannschaft, die damals noch EnBW Ludwigsburg hieß, nach Sindelfingen und Stuttgart ausweichen, weil die alte Rundsporthalle mit 3000 Plätzen zu klein war.

Der Verein will der Stadt nun etwas zurückgeben. Daher finanziert er in Ludwigsburg und Kornwestheim Basketball-Schülerligen, in denen die Schulmannschaften gegeneinander antreten. „Wir wollen die jungen Menschen für den Sport begeistern“, sagt Reil. An den Schulen werden auch Basketball-AGs gefördert und Sporthallen mit niedrigeren Körben für Kinder ausgestattet. Oder es gibt Schülercamps, Mitternachts-Basketball als Sozialprojekt, um Jugendliche von der Straße zu holen.

Eine besondere Bedeutung hat auch das Bildungszentrum West mit Sportschwerpunkt und Elite-Internat, um Talente zu rekrutieren und junge Sportler aus ganz Deutschland nach Ludwigsburg zu locken. Allerdings hat das Sportinternat Probleme mit unklaren Strukturen, fehlenden Sponsoren und zu wenig Schülern – was der Vereinschef Alexander Reil bemängelt: „Das läuft nicht optimal.“ Die MHP-Riesen wären bereit, mehr Geld zu geben, betont er, aber nur, wenn es ein schlüssiges Konzept gäbe.

Wo führt der Kurs der MHP-Riesen hin? In der Geschäftsstelle setzt man auf moderates, organisches Wachstum. Der Sponsorenetat soll langsam auf fünf Millionen Euro ansteigen. Alexander Reil, dem es gewöhnlich nicht an Selbstbewusstsein mangelt, gibt sich bescheiden und erinnert an die Anfänge: „Ich habe klein begonnen. Vor einigen Jahren habe ich noch mitgeholfen, die Brötchen für den VIP-Bereich zu richten.“