Die Oberliga-Basketballerinnen des TSV Malmsheim kämpfen im Saisonfinale an diesem Sonntag um die Aufstiegs-Relegation – und die 15-jährige Nadine Sasse spielt eine wichtige Rolle.

Sport: Jürgen Kemmner (jük)

Über Mythologie werden sich die Basketballerinnen des TSV Malmsheim nach dem Training in der Kabine wahrscheinlich nicht unterhalten. Seltsame Sagen, grauhaarige Götter und fliegende Fabelwesen – was hat das mit dem Sportverein und dem Basketball zu tun? Doch nur so viel, wie der ehemalige US-Präsident Donald Trump und die heilig gesprochene Missionarin Mutter Teresa gemeinsam haben. Doch halt! Ein bisschen was verbindet Malmsheim mit der Mythologie schon, muss man entgegnen. Beispielsweise die Geschichte des mystischen Vogels Phönix, der nach seiner Verbrennung aus der eigenen Asche aufgestiegen ist und sich in himmlische Sphären aufgeschwungen hat – eine Metapher, die auf die Korbjägerinnen des TSV relativ gut zutrifft.

 

Denn vor dieser Saison war Trainerin Lisa Bonds drauf und dran, das Team vom Spielbetrieb abzumelden. Nur noch sechs Spielerinnen waren von der Vorsaison übrig geblieben, einige waren wegen des Berufs oder des Studiums weggezogen, andere befanden sich in der Babypause. Ein gutes dreiviertel Jahr später sagt die Trainerin: „Ich hätte nie gedacht, dass wir es so weit schaffen. Das ist verrückt!“ Fast schon unglaublich verrückt. Denn vor dem letzten Spieltag steht der TSV in der Oberliga auf Platz zwei, die Chancen, sich für die Aufstiegsrelegation zu qualifizieren, sind so intakt wie ein Fahrzeug, das gerade eine neue TÜV-Plakette verpasst bekommen hat.

Mit einem Sieg bleiben die Malmsheimerinnen Zweite, allerdings treten sie an diesem Sonntag (14.30 Uhr) beim feststehenden und ungeschlagenen Meister PSK Titans Stuttgart an, was verdeutlicht, dass die Aufgabe mindestens so schwierig wird wie eine Abitur-Prüfung in Mathematik. „Das wird ein Knaller“, sagt Lisa Bonds, „wer hätte das vor der Saison gedacht?“ Sollte der TSV verlieren, hängt die Platzierung von der Partie SB Heidenheim gegen SV Tigers Tübingen ab – nur bei einer Niederlage der Tigers wäre die Chance zum Aufstieg dann noch möglich.

Aber zunächst haben die Basketballerinnen die Titans vor sich. „Ich glaube nicht“, sagt Lisa Bonds, „dass die die Saison ausklingen lassen und wir leichtes Spiel haben.“ Warum der TSV in den sonnigen Gefilden der Tabelle residiert, liegt daran, dass sich aus verschiedenen Gründen doch noch eine Mannschaft formiert hat – und zwar eine ziemlich starke. Glück und Geschick waren die Zutaten für den Kader. Ein Team aus Böblingen meldete sich ab, da mussten zwei Spielerinnen nicht mit Google Maps suchen, wo Malmsheim liegt. Über Kontakte und Beziehungen wurden weitere Basketballerinnen angeworben, sodass die Truppe zu Saisonbeginn auf die stattliche Zahl von 14 Akteurinnen angewachsen war.

Nadine Sasse mit 52 Punkten in einem Spiel

Eine davon ist Nadine Sasse. Der Teenager ist mit 15 Jahren das Küken der Mannschaft, wobei die Schülerin eine ist, von der sich auch routinierte Spielerinnen allerhand abschauen könnten. Sie könnte noch in der B-Jugend antreten, was sie bei den Zuffenhausen 89ers auch tut, darüber hinaus läuft sie auch für den Club in der Bezirksliga aufs Spielfeld – und seit dieser Saison mit einem Zweitspielrecht für den TSV Malmsheim. „Es ist schon was Besonderes“, sagt Nadine Sasse, „wenn man mit 15 bereits bei den Frauen spielt. Aber ich habe damit kein Problem, weil ich super aufgenommen wurde.“ Dass sie das Zeug besitzt, bei den Aktiven mehr als eine Statistenrolle einzunehmen, belegt ihre Bestmarke in der Bezirksliga: Nadine Sasses Rekord steht bei 52 Punkte einer Partie.

Eine Allianz zum gegenseitigen Nutzen. Der TSV bekommt eine ambitionierte Spielerin, die dem Club weiter hilft; das Talent erhält die Chance, sich mit älteren, ausgebufften Akteurinnen zu messen, von denen sie mehr lernen kann als von gleichaltrigen Mädchen. „Bei den Frauen erlebt man ganz andere Spielsituationen als in der Jugend“, erzählt die 1,79 Meter große Stuttgarterin, die schon Tennis, Tischtennis und Fußball gespielt hat, „ich dachte immer, ich sei dribbelstark – aber bei den Frauen bringt eine oft noch eine Hand an den Ball, womit ich nicht mehr gerechnet habe.“ Was Nadine Sasse in ihrer Malmsheimer Lehrzeit erfahren hat: Bei den Frauen ist das Tempo höher, es geht schneller hin und her zwischen Angriff und Verteidigung. „An meiner Ausdauer habe ich viel gearbeitet“, gibt die Neuntklässlerin zu.

Trainerin Lisa Bonds ist voll des Lobes

Lisa Bonds ist froh, dass sie eine wie Nadine Sasse in der Mannschaft weiß; eine junge wendige und schnelle Spielerin, die nicht nur wegen ihrer Größe auffällt. „Wir profitieren von ihrer Schnelligkeit und haben unser Spiel ein Stück weit darauf ausgerichtet“, sagt die Trainerin, „Nadine hat echte Fortschritte gemacht und immer mehr Spielzeit bekommen.“ Am Sonntag leistet das TSV-Küken einen Doppeleinsatz, am Morgen in der Jugend der Zuffenhausen 89ers, am Nachmittag mit dem TSV in der Oberliga gegen die Titans – die Riesen in Menschengestalt laut Mythologie. Der Phönix aus Malmsheim sollte gerüstet sein ...