Die Partyreihe „Bass am Sonntag“ füllt in der Region Stuttgart eine Lücke – nämlich die der Sonntags-Electro-Open-Airs. Pünktlich zur nächsten Ausgabe diesen Sonntag haben wir uns mit den Machern über ihr Konzept unterhalten.

Digital Desk: Michael Bosch (mbo)

Ludwigsburg - Dumpf wummert der Bass aus den Boxentürmen links und rechts des DJ-Pults. Alex Maier, einer der bekanntesten Electro-DJs Stuttgarts steht an den Plattentellern und nippt an seinem Drink – Schweißperlen stehen ihm auf der Stirn. Hoch über den Wipfeln steht die Sonne – es sind über 25 Grad im Schatten an diesem Sonntagnachmittag im Sommer. An der Bar drängeln sich die Tanzwütigen, die nach Erfrischungen gieren und bereits am frühen Nachmittag heftig das Tanzbein geschwungen haben. Neben dem kleinen Brunnen relaxen einige Partygäste in Liegestühlen im Sand. Auf der Tanzfläche bewegen sich am hellichten Tag zahlreiche Menschen zu den elektronischen Klängen. Willkommen bei Bass am Sonntag.

 

„Wo hat man sonst so eine Open-Air-Location?“, fragt Kevin Böhm, der die Veranstaltungsreihe gegründet hat. Und er schwärmt: „Das Waldhaus mit seinem Biergarten ist nicht nur eine Location, sondern etwas ganz Besonderes.“

Die Party kommt langsam an Grenzen

Im Spätsommer 2012 hob Böhm hier die Open-Air-Partyreihe „Bass am Sonntag“ aus der Taufe. Die Besonderheit: sie findet ausschließlich an Sonntagen unter freiem Himmel statt und beginnt bereits am Nachmittag. Der Kenner der Stuttgarter Party-Szene war schon lange auf der Suche nach einer passenden Location: die Wahl fiel auf den Außenbereich des Waldhauses: Zwischen Ludwigsburg und Asperg, mitten im Wald gelegen, bietet der Club mit seiner Außenanlage ein perfektes Ambiente für eine Open-Air-Veranstaltung.

Nachdem die erste Party gut angenommen wurde, beschloss Böhm, weiterzumachen. Mittlerweile befindet sich die Party-Reihe im dritten Jahr und ist stetig gewachsen. Mehr als 400 Gäste strömen an den Sonntagen zum Feiern in den Garten des Clubs in Ludwigsburg. Sehr viel mehr können es nicht mehr werden. „Ich glaube ab 600 Leuten wird es ganz schön eng“, meint Böhm. Bei der Party wird ausschließlich elektronische Musik gespielt. „Bei der Bass am Sonntag herrscht ein sehr familiäres Klima“, erzählt Böhm, „viele Leute kennen sich untereinander. Außerdem kommen Kenner der Stuttgarter Szene und Neugierige, die man sonst vielleicht auch in Clubs wie dem Lehmann, dem Kowalski oder dem Romy S. antrifft.“

Böhm ist bei der Planung auch nicht mehr alleine, sondern hat Unterstützung. Phillipp Werner, der als „DJ Philty“ in Stuttgart unterwegs ist, bestieg bereits zur zweiten Auflage im Jahr 2013 das Bass-am-Sonntag-Boot. Seitdem schmeißen die beiden den Laden gemeinsam. Von den Flyern, über den Webauftritt bis hin zu den Bookings der DJs, Werner und Böhm kümmern sich um alles. Wer dann letztlich spielt entscheiden sie nach ihrem persönlichen Geschmack. „Wir bekommen schon auch Bewerbungen von DJs und hören uns deren Sets auch an“ erzählt Werner. „Es kommt nicht jeder in Frage“, ergänzt Böhm.

Elektronische Open-Airs sind Mangelware

Dass man in Stuttgart elektronische Open-Air-Events vergeblich sucht, bestärkte die beiden Musikfans in ihrem Bestreben selbst eine Party unter freiem Himmel zu veranstalten. „Die Clubszene in Stuttgart wird gerade regelrecht malträtiert“, meint Böhm. Darunter leiden auch die Fans elektronischer Musik.

Viele große Aushängeschilder sind weg: Das Cine Colibri, wo sich Böhm und Werner 2007 kennenlernten, schloss noch im selben Jahr seine Pforten. Auch das Kim Tim Jim (2012), das Rocker 33 (ebenfalls 2012) und die neue Rocker-Location im ehemaligen Filmhaus (Anfang 2014) machten dicht. Der Landespavillion, der die Partyreihe „Ruhestörung Open Air“ beheimatete, ist ebenfalls längst Geschichte.

„Mittlerweile versuchen sich einige Clubs in Stuttgart, wie zum Beispiel das Kowalski, Außenbereiche zu schaffen“, sagt Kevin Böhm. Viele Open-Air-Events gibt es trotzdem nicht. Nur das erste SEMF (Stuttgart Electronic Music Festival), das damals noch auf der Freilichtbühne am Killesberg stattfand, war ein Open-Air – die Veranstaltung findet nun auf dem Messeglände Stuttgart statt.

Dann machen wir es halt selbst

Alternativen sind momentan noch das „Carry On Festival“ (Sindelfingen), das zumindest teilweise im Freien stattfindet sowie die Party „Ruf nach Freiheit“, die kürzlich am Max-Eyth-See stattfand. Sonst sind elektronische Feste unter freiem Himmel Mangelware. „Auf einer der wenigen Outdoor-Partys im Außenbereich des neuen Rocker habe ich einen der geilsten Sonntagnachmittage erlebt“, erzählt Böhm, „aber solche Events finden sonst eigentlich nicht statt. Deshalb haben wir gesagt: ‚Komm wir machen das selbst.’“ Gesagt – getan.

Auch in diesem Jahr wird an drei Sonntagen wieder das Tanzbein geschwungen. „So eine Veranstaltung lutscht sich zu schnell aus, wenn das in zu hoher Frequenz kommt“, meint Philipp Werner. Die erste Veranstaltung mit dem Namen, der stark an die meist gelesene Tageszeitung Deutschlands erinnert, findet am 15.6.2014 statt. Der Name ist kein Zufall. „Bei uns auf der Arbeit liegt die Zeitung mit den vier Großen Buchstaben im Pausenraum aus. So kam ich auf die Idee, die Veranstaltung „Bass am Sonntag“ zu nennen“, erzählt der Party-Gründer. Fluchs wurde ein befreundeter Grafikdesigner beauftragt einen Flyer zu basteln. Der ähnelt im Design der Zeitung und heißt deshalb nicht Flyer, sondern „Bass-Zeitung“.

Inzwischen sind die Flyer aber gar nicht mehr so wichtig. Die Veranstaltung hat sich eine kleine Fanbase aufgebaut. Die sozialen Netzwerke erledigen zusätzlich einen großen Teil der Werbung.

Party am Finaltag

Für die zweite Party haben sich die Macher einen besonderen Clou ausgedacht. Die soll am Tag des WM-Finals stattfinden – so ist es angedacht. Böhm und Werner wünschen sich ein Endspiel mit deutscher Beteiligung – und zwar nicht von Schiedsrichter Felix Brych. Dass das zwar auch ein Risiko sein kann, schreckt sie nicht: „Es wäre super, wenn Deutschland im Finale steht. Nichts lockt die Menschen mehr nach draußen als ein erfoglreiches Abschneiden des DFB-Teams bei einem großen Turnier“, sagt Böhm, „allerdings besteht natürlich die Gefahr, dass ab 20 Uhr die große Abreisewelle beginnt.“

Dass das Gelingen der Partys auch immer von der Witterung abhängt, wissen die beiden ohnehin. „Bei Regen muss man kein Open-Air machen“, sagt Philipp Werner. Für den 15.6 sind die beiden aber guter Dinge. Sie haben Sonnenschein und 25 Grad Plus X bestellt.