Der Gemeinderat von Leinfelden-Echterdingen hat die Baubürgermeisterin Eva Noller vor vier Jahren mit überwältigender Mehrheit gewählt. Mittlerweile gibt es auch kritische Stimmen. Zur Halbzeit stellt sich Noller unseren Fragen.

Leinfelden-Echterdingen - Das Krautfest an diesem Wochenende hat für Eva Noller eine besondere Bedeutung. Vor vier Jahren hatte Oberbürgermeister Roland Klenk das Fest genutzt, die damals frisch gewählte Erste Bürgermeisterin und Leiterin des technischen Dezernates stadtweit bekannt zu machen. Am 14. Oktober 2013 hat sie ihr Amt in L.-E. angetreten. In einem Interview spricht Noller über Überraschungen, kritische Töne und wichtige Projekte.

 
Frau Noller, Sie sind exakt vier Jahre im Amt. Feiern Sie Ihr Vierjähriges?
Nein (lacht). Das Krautfest ist Event genug. Das ist ein gebührender Festtag – auch zum Vierjährigen.
Warum hat es sich gelohnt, diesen Schritt zu gehen?
Mein größtes Ziel ist es Stadtentwicklung zu betreiben. Ich möchte Lebensqualität erhalten und steigern. Dafür ist diese Position genau richtig. Vom Grundstück, über die Planung, das Bauen und die Versorgung: In Leinfelden-Echterdingen wird dies alles an einem Tisch besprochen. Das ist eine ganz große Chance. Und diese finde ich nach wie vor sehr spannend.
Es ist Ihre erste Amtszeit als Bürgermeisterin. Welche Überraschungen gab es?
Eine Überraschung für mich waren die zahlreichen und völlig unterschiedlichen Termine als Erste Bürgermeisterin. Vor Publikum salbungsvolle Worte finden: Das war mir am Anfang fremd. Inzwischen weiß ich aber, dass dies zum Amt dazu gehört. Das zweite Überraschende war die Politik. Klar ist, Entscheidungen müssen demokratisch getroffen werden. Allerdings geht es dabei nicht immer rein sachlich zu, sondern auch emotional. Da kann am Ende etwas anderes herauskommen, als man zunächst gedacht hat.
Sie sind vom Gemeinderat mit großer Mehrheit gewählt worden. Mittlerweile hört man auch immer wieder kritische Stimmen. Wie gehen Sie damit um?
Wenn man als Baubürgermeisterin eine Linie verfolgt, dann muss man diese Linie auch ein Stück weit ausfechten. Kritik ist einerseits also ganz normal. Andererseits gab es auch Kritik, die ich mir sehr zu Herzen genommen habe.
Zum Beispiel?
Ein Beispiel dafür waren die Standorte für die Flüchtlingsunterkünfte. Es war teilweise überhaupt nicht lustig, wenn ich mit meinen Mitarbeitern draußen war und ich den Bürgern erklären musste, warum wir gerade diesen Standort für eine Flüchtlingsunterkunft ausgesucht haben. Da hatte ich eine Zeit lang nicht das Gefühl, einen Premium-Job zu haben (lacht). Zeitgleich kam aus dem Gemeinderat die Kritik, dass die Mobilität in der Stadt mein wichtigstes Thema sei, ich mich aber ums Bauen zu wenig kümmern würde. Das konnte ich nicht nachvollziehen. Wenn ich meinen Terminkalender anschaue, habe ich viel mehr Termine zu Bauprojekten. Ich habe gelernt, dass ich über alle meine Aufgaben berichten muss.
Die Flüchtlingswelle hat die Bauverwaltung vor immense Aufgaben gestellt. Wie haben Sie das Pensum bewältigt? Haben Sie andere Aufgaben liegen lassen?
Ja, die Mobilitätsstrategie lag ein halbes Jahr lang brach. Das lag vor allem an meinem Zeitbudget. Wir haben den Berg an Arbeit mit guter Teamarbeit bewältigt. Alle meine Ämter haben hier hervorragende Arbeit geleistet. Wir haben auch neue Gesprächsrunden innerhalb der Verwaltung eingeführt. Wir haben uns über die Dezernate hinweg vernetzt.
Überraschend war, dass die Stadt das Renault-Gelände für die Anschlussunterbringung nun doch nicht braucht.
Das muss ich relativieren. Wir haben gesagt, wir möchten jetzt auf Sicht fahren. Wir wollen aber das Gelände die nächsten Jahre als Reservefläche vorhalten.
Derzeit bläst Ihnen in Stetten, bei der Suche nach einem Standort für die örtliche Feuerwehr, der Wind ins Gesicht. Was würden Sie im Rückblick anders machen?
Es ist mir verständlich, dass Menschen Probleme damit haben, dass etwas so Elementares wie die Feuerwehr künftig an einem anderen Platz sein soll. Das ist eine städtebauliche ,Operation‘, die die Gemüter bewegt. Hier müssen wir lernen, verständlicher und anschaulicher, vielleicht auch behutsamer die Fachdisziplin Stadtplanung zu kommunizieren.
Gibt es denn eine Chance dafür, dass der Neubau nicht neben dem Alten Rathaus gebaut wird?
Der Gemeinderat hat uns beauftragt, das Haldenareal noch mal zu untersuchen. Das ist der Beschluss, und das wird nun auch gemacht.
Vier Jahre Amtszeit sind vorbei. Wie sieht Ihre persönliche Zwischenbilanz aus?
Ich bin gut angekommen. Auch in meiner Position zwischen Verwaltungsführung, Mitarbeiter und Politik. Ich fühle mich in der Stadt und auch im Stadtteil wohl.
Sie sind die Echterdinger Bürgermeisterin?
In der Bürgerschaft wird das manchmal so wahrgenommen. Herr Kalbfell übernimmt eher die Termine in Leinfelden, ich die Termine in Echterdingen. Insgesamt haben wir einen unglaublich großen Output. Seit ich da bin, sind allein fünf Kindergärten fertiggestellt worden. Der Altbau der Zeppelinschule wurde für die Musikschule saniert, die Aussegnungshalle gebaut. Wir konnten bei der Stadtplanung, Stadtentwicklung stark aufholen und ein ungenügendes Betriebskonzept bei Stuttgart 21 verhindern. Die Themen Gasnetz, Stromnetz, Biogasanlage sind mir nicht mehr fremd. Auch da bin ich angekommen.
Was wollen Sie in den nächsten vier Jahren noch erledigt bekommen?
Das wichtigste Projekt ist das Gebiet Schelmenäcker in Leinfelden. Dort entsteht ein neues Stück Stadt. Dies war im Übrigen auch in den vergangenen vier Jahren einer der größten Erfolge der Verwaltung. Die Grundstücksgeschäfte konnten endlich abgeschlossen werden. Die Verhandlungen dazu wurden ja schon sehr lange geführt. Im Moment läuft die Ausschreibung für den Wohnungsbau. In einer ersten Phase haben sich 19 Arbeitsgemeinschaften – also jeweils ein Investor mit Architekturbüro – beworben. Der Freiflächenwettbewerb ist erfolgreich abgeschlossen. Wir machen noch einen Architekturwettbewerb für die Kita und das Jugendhaus. Und hoffen, dass im Jahr 2019 die ersten Leute in dem neuen Wohngebiet einziehen können.
Und sonst?
Ansonsten ist das wichtigste Ziel der kommenden Jahre weiter Wohnungsbau zu initiieren. Leinfelden-Echterdingen braucht zudem in allen vier Stadtteilen Pflegeeinrichtungen. Die Kinderbetreuung ist weiter auszubauen, die Mobilität muss verbessert und die Verkehrssituation entlastet werden. Die Ortsmitten müssen lebendig gehalten werden. Es gilt den Einzelhandel zu stärken.
Wie zufrieden sind Sie mit der Mobilitätsstrategie?
Wir haben viel Bürgerbeteiligung gemacht. Das allein war schon ein Gewinn. Dieser Weg hat viele Menschen mitgenommen. Das wichtigste Ergebnis der Mobilitätsstrategie ist für mich die Verlängerung der U 5 nach Echterdingen. Das hätte ich mir nicht erträumt. Vor vier Jahren war dafür noch nicht der Weg bereitet.
Vier Jahre gehen schnell vorbei. Würden Sie sich aus heutiger Sicht wieder zur Wahl stellen?
Ja klar, auf jeden Fall. Ich bereue nichts.