Die Gemeinde vergibt ihre Baugrundstücke zukünftig nach einem transparenten Punktesystem.

Weissach - Kaum sind die kommunalen Baugrundstücke im Neubaugebiet „Kirchbergstraße“ in Flacht ausgeschrieben, haben sich auch schon mehr als 50 Familien bei der Gemeinde um die 13 Grundstücke auf insgesamt 1,1 Hektar Fläche beworben. Bürgermeister Daniel Töpfer (CDU) rechnet damit, dass es noch deutlich mehr werden.

 

Doch wer erhält am Ende den Zuschlag? Die fünfköpfige Familie aus Leonberg oder Stuttgart, die einen günstigen Bauplatz im Speckgürtel sucht? Oder ein junges Weissacher Paar, das sich zudem seit Jahren im Ort tatkräftig ehrenamtlich engagiert? Schwierige Frage. Zudem eine, bei der dem gerichtlichen Klageweg Zukurzgekommener Tür und Tor geöffnet sein kann. Und auch die Europäische Union hatte in der Vergangenheit ein kritisches Auge darauf, dass bei der Vergabe kommunaler Bauflächen in Deutschland alles mit rechten Dingen zugeht.

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Vor 2035 kann kein weiteres Gebiet ausgewiesen werden

Kein Wunder also, dass der Weissacher Gemeinderat sich nach allen Seiten abgesichert hat, bevor das letzte Filetstück – soll heißen, Neubaugebiet im laufenden Flächennutzungsplan – verteilt wird. Erschwerend hinzu kommt: Vor 2035 kann auf der Gemarkung kein weiteres Neubaugebiet mehr ausgewiesen werden. Grund genug also, dass sich die Gemeinderäte nun erstmals auf eine Richtlinie geeinigt haben, die die Vergabe kommunaler Flächen zum Eigenheimbebau transparent regeln soll. Vorausgegangen war dem eine dreistündige, engagiert geführte Diskussion im zuständigen Gemeinderatsausschuss, „der längste Tagesordnungspunkt, den wir je behandelt haben“, so Töpfer.

Grundsätzlich sind in Zukunft fünf Kriterien, die mit jeweils unterschiedlichen Punktewerten gewichtet sind, für eine Vergabe entscheidend: Ortsansässige sollen nach wie vor gegenüber Ortsfremden bevorzugt einen Bauplatz erhalten. Bewerber, die selbst oder deren Eltern oder Geschwister länger als zehn Jahre in Weissach gelebt haben, werden künftig mit 50 Punkten belohnt. „Das sorgt dafür, dass zum Beispiel Kindern von Weissachern, die zwischenzeitlich andernorts ein Studium absolviert haben, die Rückkehr erleichtert wird“, so Töpfer. Auch eine Arbeitsstelle am Ort schlägt mit 20 Punkten zu Buche. Was insbesondere den zahlreichen auswärtigen Weissacher Porsche-Mitarbeitern den Kauf eines Grundstücks in Zukunft erleichtern könnte.

Töpfer: Vergabe ohne feste Richtlinien ist schwierig

Gleichzeitig soll Besitzern von Wohneigentum oder Baugrundstücken in Weissach der Kauf eines weiteren Grundstücks erschwert werden. Wer noch nichts besitzt, erhält ebenfalls 20 Punkte. Schwer wiegt außerdem die soziale Komponente: Familien mit Kindern werden pro Kind mit jeweils 40 Punkten belohnt, wobei maximal drei Kinder angerechnet werden. Auch Paare, egal welchen Geschlechts, sowie Alleinerziehende erhalten einen Bonus, ebenso Familien mit pflegebedürftigen oder schwerbehinderten Angehörigen. Zuletzt wird auch ehrenamtliches Engagement in der Gemeinde mit Pluspunkten unterstützt.

„Eine Vergabe ohne feste Richtlinien würde uns im Nachhinein mit Sicherheit um die Ohren fliegen“, erklärt Töpfer. Überraschend: Die Kommune hatte bis zur Verabschiedung des jetzt gültigen Regelwerks keinen Richtlinienkatalog zur Grundstücksvergabe. Nach 2035 könnten in Weissach noch einmal fünf Hektar Neubaufläche ausgewiesen werden. Bis dafür die Planungen stehen, würden aber noch mindestens drei bis fünf Jahre vergehen, prognostiziert der Bürgermeister.