In Heumaden hat sich Stuttgarts erste Baugemeinschaft zusammengetan. Die 26 Erwachsenen und 17 Kinder wollen aber nicht nur miteinander bauen, sondern auch miteinander leben. Und dafür wollen sie sich besser kennenlernen. Der Austausch kam in den vergangenen Monaten etwas kurz.

Klima & Nachhaltigkeit: Judith A. Sägesser (ana)

Heumaden - Irgendwann haben die Mieter losgelegt: Sie haben angefangen, der Baugemeinschaft eine Seele einzuhauchen. Das Kennenlernen kam zwischen all den Kaufverträgen nämlich etwas kurz. Während die Eigentümer bei den Treffen im Architekturbüro über die Position von Steckdosen und die Verteilung der Stellplätze in der Tiefgarage verhandelten, hörten die Mieter vor allem zu. Wer wollte, durfte an den Sitzungen teilnehmen, ob Käufer oder Mieter. Doch die gemeinschaftlichen Themen rutschten auf der Tagesordnung gern nach hinten und wurden zu einem Zeitpunkt aufgerufen, zu dem alle reif fürs Bett waren.

 

Nicht nur aus Kostengründen

Die Mitglieder von Stuttgarts erster Baugemeinschaft ziehen im Herbst 2017 nicht nur zusammen an die Bernsteinstraße, weil es günstiger ist, sondern weil sie zusammenleben wollen. Seit Herbst 2014 wird geplant, Ende des vergangenen Jahres wurde der Kaufvertrag unterschrieben, und der erste Spatenstich konnte im März gefeiert werden.

Die Rahmenbedingungen wurden also verhandelt, Baupläne besprochen, fachgesimpelt. Doch zusammen leben bedeutet mehr. Es bedeutet, dass sich die Leute kennen und bestenfalls mögen. Und bei 26 Erwachsenen und 17 Kindern geht das nicht mal so nebenher. Während der vergangenen Monate stand allerdings anderes im Vordergrund. „Es war wenig Spielraum für so etwas“, sagt Uta Kamleiter. Zusammen mit ihrem Mann Michael, Christa Widmaier-Berthold und Birgitt Höhener sitzt sie an einem Tisch im Café des Forum 3 und erzählt davon, wie sich die künftigen Nachbarn nicht nur auf dem Papier, sondern auch im echten Leben näher kommen.

Ein bunt gemischtes Grüppchen

„Es sind anderthalb Jahre bis zum Einzug, und wir kennen uns noch gar nicht“, sagt Christa Widmaier-Berthold. Dabei haben sie sich sicher einiges zu erzählen. Zu ihnen gehören Erzieher, Steuerberater, Therapeuten, Heizungsbauer und Grafik-Designer. Die Baugemeinschaft ist ein bunt gemischtes Grüppchen. Weil den Mietern bei all den Verhandlungen ohnehin die Hände gebunden waren und sind, sie sich aber auch einbringen wollten, haben sie angefangen, Treffen zu organisieren. Wer wollte, nahm an Exkursionen zu Baugemeinschaften in andere Städte teil. Dort ließen sich die Heumadener in spe erklären, wie das Zusammenleben funktionieren kann. Wie beispielsweise gerecht über gemeinsame Belange entschieden wird. „Das war sehr anregend“, sagt Uta Kamleiter. So wollen sie zum Beispiel Kriterien festgelegt werden, wie mit Konflikten umzugehen ist. „Im Moment ist das alles noch so ein Traumschloss.“ Die Verträge sind geschlossen, doch Freundschaft braucht Zeit. Es ist ein bisschen, als würde die Ehe dem Verliebtsein vorgeschaltet.

Privater – also so wie Bekannte oder gar Freunde – treffen sich die einen oder anderen allerdings schon bilateral, also für sich, weil sie sich sympathisch sind. Und damit der Rest nicht den sozialen Anschluss verliert, bekommen alle immer wieder Gelegenheit, mit ihren neuen Mitbewohnern in großer Runde Zeit zu verbringen. Sei es bei einem Ausstellungsbesuch in einer anderen Stadt, sei es bei einem gemeinsamen Kochabend, bei dem es sich bei einem Glas Wein ganz locker plaudern lässt.