Der Tag der Kulturlandschaft wird in ganz Europa begangen. Für Obstbaumexperten in der Region Stuttgart eine Verpflichtung, sich anzuhängen – auch in Erinnerung an den Remstalrebellen Helmut Palmer.

Winnenden - Nein, im optimalen Zustand nach den Kriterien des von Remstalrebell Helmut Palmer in schwäbische Gefilde importieren Öschberg-Schnitts sind sie nicht, die Apfelbäume auf der Streuobstwiese in Hanweiler, befindet Helmut Ritter mit einem leichten Lächeln und macht sich mit der Baumsäge ans Werk. Anlass der kleinen, pandemiegerecht auf Abstand getrimmten Veranstaltung auf dem Streuobst-Stückle direkt unterhalb der Gaststätte Traube und unweit des hier von der Winnender Schlosskirche aus gen Esslingen, Tübingen und weiter nach Rottenburg führenden Jakobswegs ist der erstmals veranstaltete europaweite Tag der Streuobstwiesen.

 

Wenigstens eine Aktion zum Tag der Streuobstwiesen

Neben Palmerschüler Helmut Ritter sind unter anderem die Imkerin Elke Bernards und der für Winnenden-Schelmenholz, Breuningsweiler und Hanweiler zuständige evangelische Pfarrer Karl Braungart beim Event zum maßgeblich vom Verein Deutscher Hochstamm initiierten Tag der Streuobstwiesen mit dabei. Eigentlich für den 30. April geplant, war der Kurs angesichts heftiger Regenschauer über Hanweiler zunächst einmal buchstäblich ins Wasser gefallen. Ein paar Tage später hat es dann aber doch geklappt mit der wohl einzigen Präsenzveranstaltung zu jenem Tag der Streuobstwiesen in der gesamten Region. Es gehe ja nicht an, bemängelten die Aktivisten beim Nachtreffen in Hanweiler, dass so ein Tag ganz ohne ohne jegliche Aktionen im Rems-Murr-Kreis oder der Region über die Bühne gehe. „Des wär’ a bissle wenig“, konstatiert Helmut Ritter dazu trocken.

Unter anderem den Pandemiebedingungen geschuldet, fehlte allerdings die Mitinitiatorin des Streuobstreffens dort, wo der evangelischen Kirchengemeinde vor einigen Jahres gleich mehrere Streuobstwiesen von einem verstorbenen Gemeindemitglied vermacht worden sind. Gudrun Mangold, Tochter des Remstalrebellen, die unter Mitwirkung des – so Vater Helmut einst – „besten Palmerschülers“ Helmut Ritter aus Strümpfelbach kürzlich das Buch „Der originale Palmer-Schnitt – Spitzenerträge im Streuobstbau“ im eigenen Verlag neu aufgelegt hat, sitzt zur Zeit in ihrer Wahlheimat Frankreich fest. Sie grüßte wohl von Ferne.

Anschauungsunterricht zum Öschberg-Schnitt

„Die Oberen stutzen, damit die Unteren Licht bekommen“– diese Palmersche Devise für Baumschnitt und Politik durfte natürlich auch beim Anschauungsunterricht auf dem seit einigen Jahren an einen Hobby-Obstbauern verpachteten Stückle mit seinen rund 20 Jahre alten Apfelbäumen nicht fehlen. Im Prinzip alles gut angelegt, lautet der befund des Fachmannes. Aber es werde durchaus deutlich, dass in den vergangenen Jahren einiges nicht mehr so ganz nach dem Öschberg-Prinzip der mittigen Spindel mit Leitästen und nach außen getrimmten Fruchtzweigen geschnitten wurde. Ganz wichtig: Licht muss rein auch in die Baummitte. Ohne Licht kein g’scheites Obst und ohne echte Sonne keine Erleuchtung für Politbürokraten, Oberlehrer und Zeitungsschreiberlinge, hätte möglicherweise Helmut Palmer angemerkt. Ein gewisses Maß an fachmännischer Zuwendung bräuchten die Bäume, so lautet Ritters Botschaft an die kirchlichen Eigentümer der Hanweiler Obstwiese: „Aber in drei vier Jahren stehen die wieder hervorragend da.“

Hoffnung auf schnelle Besserung bei Baum, Blüte und Witterung, die äußern auch die anwesenden Imker aus der Umgebung. Für die Bienen als wesentlicher Faktor im Streuobstwiesen-Kreislauf sei der seitherige Verlauf des Jahres alles andere als einfach gewesen. Der April war zu kalt zum Pollensammeln, und dazu gab’s auch kaum Ertrag an den teils erfrorenen Blüten. Und die Eisheiligen kommen ja erst noch. Aber immerhin: Der Regen zum Monatswechsel tat gut, vor allemal aber die Wärme jetzt am Wochenende.