Soll am Reußenstein bei Wiesensteig ein Baumwipfelpfad entstehen? Über diese Frage werden die Einwohner des Städtchens im Kreis Göppingen am 7. Oktober abstimmen.

Baden-Württemberg: Eberhard Wein (kew)

Wiesensteig - Die Bürger von Wiesensteig im Kreis Göppingen sollen am 7. Oktober darüber abstimmen, ob der geplante Baumwipfelpfad in der Nähe der Ruine Reußenstein gebaut werden darf. Diesen Termin, an dem in Stuttgart die Wahl des Oberbürgermeisters und in Bad Boll die des Bürgermeisters stattfindet, hat der Gemeinderat am Montagabend einstimmig festgelegt. Er folgte damit dem Vorschlag des Wiesensteiger Bürgermeisters Gebhard Tritschler.

 

Es fehlen noch zwei Gutachten

Der Termin im Herbst biete sich an, weil dann auch die notwendigen Informationen vorliegen würden, sagte Tritschler. Gegenwärtig lässt das Landratsamt ein Gutachten über die verkehrlichen Auswirkungen eines Baumwipfelpfads erarbeiten. Dabei geht es vor allem um die Frage, ob die enge Ortsdurchfahrt von Wiesensteig dem Ansturm der Tagesgäste gewachsen wäre. Außerdem steht noch ein naturschutzfachliches Gutachten aus. Der Baumwipfelpfad soll in einem sensiblen Gebiet entstehen, das unter anderem unter die europäische Vogelschutzrichtlinie fällt.

Beide Gutachten sollen am 11. September bei einer Sitzung des Kreistagsausschusses für Umwelt und Verkehr der Öffentlichkeit vorgestellt werden. Am Abend soll nach den bisherigen Planungen dann eine Informationsveranstaltung für die Bürger im Wiesensteiger Schloss stattfinden. Allerdings steht hinter diesem Termin noch ein kleines Fragezeichen. Es gebe eine Terminkollision, die nichts mit dem Baumwipfelpfad zu tun habe, sagte Tritschler. Möglich sei, dass sich die Veranstaltung dadurch um einen Tag verschiebe.

Beteiligung an der Unterschriftenaktion war groß

Erzwungen wurde der Bürgerentscheid vom Gewerbe- und Handelsvereins des im Schatten des Albaufstiegs gelegenen Städtchens. Der Verein hatte innerhalb weniger Wochen 658 Unterschriften gesammelt. Das sind viermal so viele wie erforderlich gewesen wären. Obwohl sich der Verein überwiegend ablehnend gegenüber dem Projekt positionierte, bedeutete die Unterschrift noch keine generelle Ablehnung der Idee. Wer sich an der Aktion beteiligte, unterstützte damit lediglich, dass ein Bürgerentscheid stattfindet.

Anders als beim landesweiten Volksentscheid zu Stuttgart 21 im vergangenen Jahr bleibt den Bürgern eine komplizierte Fragestellung erspart. „Wer für den Baumwipfelpfad ist, stimmt mit Ja, wer dagegen ist, mit Nein“, sagte Tritschler. Auch bei der Frage des Quorums gibt es eine markante Abweichung. Beim Volksentscheid musste die Mehrheit mindestens ein Drittel der Wahlberechtigten ausmachen. In Wiesensteig genügt es, wenn die Stimmenmehrheit 25 Prozent der insgesamt rund 1500 Wahlberechtigten ausmacht.

Verkehrschaos befürchtet

Wie berichtet, plant die Erlebnisakademie aus dem bayerischen Bad Kötzting unweit des Reußensteins den Bau eines Baumwipfelpfads in 30 Meter Höhe. Ergänzt werde der Besuch durch ein waldpädagogisches Konzept, heißt es. Die Akademie rechnet mit bis zu 250 000 Besuchern im Jahr. Die Gegner halten diese Zahl jedoch für zu niedrig angesetzt. Sie befürchten ein Verkehrschaos, und dass im Wald ein Rummelplatz entsteht.