Bei einem Diskussionsabend zu den Neubauplänen im Gebiet Galgenberg in Böblingdn zweifeln die Anwohner so gut wie alles an, was Ämter und Architekten vortragen.

Böblingen: Marc Schieferecke (eck)

Böblingen - Schwaden des Misstrauens wabern durch den Sitzungssaal, angetrieben von gelegentlichen Buhrufen. Vereinzelt schallen sogar Beleidigungen hinterdrein. Sie gelten längst als übliche Begleiterscheinung der Bürgerbeteiligung. Dies ist ein Informationsabend für die Bewohner des Gebiets Galgenberg. Freie Sitzplätze sind so rar wie wohlwollende Meinungen. Die Versammelten argwöhnen gar, dass die Ämter den Bau eines Kindergartens planen, der gesetzlichen Vorschriften widerspricht. Der Neubau sei schlicht zu klein. So ist es in einem Papier der Interessengemeinschaft Galgenberg zu lesen, und so wird es, in einer halben Stunde, Harald Dober für die Bürgerinitiative vortragen.

 

„Dem muss ich entschieden widersprechen“, sagt Wolfgang Lützner, der Oberbürgermeister, und mahnt zum angemessenen Umgang: „Wir buhen auch nicht, wenn Sie Ihre Meinung vortragen“, sagt er.

Einer der Bauten, um die es geht, darf als Rarität gelten

Darum geht es: Im Wohngebiet Galgenberg stehen ein Kindergarten und ein Bau, der als Rarität gelten darf. In ihm vereinen sich eine Turnhalle und ein Hallenbad, dessen Betrieb allerdings vor gut zwei Jahren eingestellt wurde. Die Häuser sind in die Jahre gekommen. Sie zu sanieren und das ehemalige Bad anders zu nutzen, wäre deutlich teurer, als sie abzureißen und neu zu bauen. Dies hat die Arbeit von Gutachtern ergeben. Deshalb hat der Gemeinderat den Abriss und Neubau beschlossen. Allerdings folgte dieser Entscheidung ein Proteststurm. Die Anwohner forderten Erhalt und Sanierung der Bauten, anfangs. Heute haben sie neue Forderungen mitgebracht.

An den Wänden hängen Pläne, maßstabsgetreu und detailgenau. Sie stammen vom Stuttgarter Architekturbüro Reichert Schulze. Die Architekten haben drei Neubauvarianten entworfen. Noch hat der Gemeinderat keinen Favoriten gewählt, aber die Stadtverwaltung liebäugelt mit der dritten Variante. Sie ist die billigste und praktischste Lösung. Auf einem Bolzplatz, der zum Ensemble gehört, sollen Turnhalle und Kindergarten in einem zweigeschossigen Bau vereint werden. Der eine Vorteil dieses Vorschlags ist, dass die Altbauten bis zum Umzug genutzt werden könnten. Eine Zwischenlösung wäre unnötig. Der andere Vorteil ist, dass die Stadt Fläche gewinnt, auf der Wohnungen gebaut werden könnten. Die Einnahmen aus der Vermarktung sind auf 1,7 Millionen Euro geschätzt. Der Neubau soll 7,5 Millionen Euro kosten und ist damit auch ohne Grundstücksverkauf die billigste Variante.

Die Anwohnerinitiative will keine billige Variante

Allerdings will die Anwohnerinitiative keine billige Variante. Dober trägt vor, was ihrer Meinung nach gegen alle Entwürfe des Architekturbüros spricht – allerdings nur teilweise, der Zeit wegen. Die vollständige Liste ist drei Seiten lang und umfasst 16 Kritikpunkte mit bis zu sechs Unterrubriken. Zusammengefasst steht unter dem Strich: Die bisherige Planung sei untauglich, gleich ob Gebäudegröße oder Lärmbelästigung, die Architekten hätten so ziemlich alles falsch gemacht, einschließlich der Kalkulation. Darin schwingt wieder Misstrauen, der unterschwellige Verdacht, unliebsame Lösungen seien schlecht, bevorzugte schön gerechnet worden.

Den Widerstand gegen den Abriss hat die Anwohnerinitiative aufgegeben. Allerdings gleicht ihr neues Ansinnen dem alten Zustand. Die neuen Bauten sollten auf den bisherigen Grundstücken entstehen, auf neue Wohnungen soll verzichtet werden, der Bolzplatz erhalten bleiben. Auch über Wohnbau und Bolzplatz hat der Gemeinderat noch nicht entschieden.

In der Diskussion in Gruppen mäßigt sich der Ton. Einigkeit lässt sich erwartungsgemäß nicht herstellen. Eine Fortsetzung folgt, es gibt einen zweiten Termin.