Für das Greutter-Aichelin-Areal in Korntal-Münchingen hat der Investor zwei Nutzungskonzepte vorgelegt. Was sagen die Gemeinderäte dazu?

Soll im größten Korntal-Münchinger Stadtteil nach Korntal-West ein zweites riesiges Neubaugebiet entstehen? Ein Ort für rund 1100 Menschen, wie es dem Investor vorschwebt? Oder ein neugeordnetes Gewerbegebiet? Mit diesen Fragen beschäftigen sich Stadtverwaltung und Gemeinderäte seit geraumer Zeit intensiv. Und kritisch. Konkret geht es um ein gut 3,4 Hektar großes Gebiet auf dem Greutter-Aichelin-Areal im Süden Korntals, zwischen der Bahntrasse im Norden und der Lembergstraße im Süden. Die Fläche liegt teils brach, ist untergenutzt, hat Altlasten. Sie gehört mittlerweile überwiegend dem Wiener Wohnungsbauunternehmen Vermehrt als Projektentwickler und in Teilen der Familie Berger. Heinz Berger hatte nach Christian Aichelins Tod die Leitung der gleichnamigen Firma übernommen. Anstrengungen, die Fläche nutzbar zu machen, waren in der Vergangenheit gescheitert. Jetzt soll es vorangehen.

 

Investor will bis zu 500 Wohnungen bauen

Die Eigentümer und die Stadtverwaltung wollen, dass das Areal, das aktuell den Status einer gewerblichen Baufläche hat, zeitnah neu genutzt wird – für Wohnraum. Geht es nach dem österreichischen Investor, leben dort einmal mehr als 1000 Menschen in um die 500 Eigentums- und Mietwohnungen auf drei bis sechs Etagen. Es wäre nach den Plänen der Vermehrt AG verdichtete Wohnbebauung mit mindestens 20 Prozent bezahlbarem Wohnraum und Kleingewerbe wie Bäcker und Ärzte. Zum Vergleich: Korntal-West entstand auf gut 11,5 Hektar. Der Investor sei mit erheblichem Kapital für den Grunderwerb in Vorleistung gegangen, verdeutlichte der Bürgermeister Joachim Wolf (parteilos) den zeitlichen wie finanziellen Druck. Trotzdem war der Rathauschef am Dienstag, als der Technikausschuss vorberiet, der Einzige, der sich dafür aussprach, dass die Stadtverwaltung beauftragt wird, ein Bebauungsplanverfahren für Wohn- und Gewerbenutzungen auf dem Areal vorzubereiten. Fünf Räte waren dagegen, sechs enthielten sich. Entscheidungen sollen in der Gemeinderatssitzung am 27. Oktober fallen.

Entscheidungen am 27. Oktober?

Den Räten bereiten vor allem sowohl die Verdichtung als auch deren Folgen Bauchweh. Und sie monierten fehlende Informationen im Bericht des Büros Wüstenrot Haus- und Städtebau über die Entwicklungsperspektiven des Areals. Paul Blank (Freie Wähler) sagte, er vermisse die Angabe, dass bei Wohnbebauung Gewerbesteuereinnahmen wegfallen. Auch wisse er von drei Firmen, die „händeringend“ Flächen suchen. Zum Verkehr sagte er, die Problematik sei noch dramatischer als dargestellt. Die Bahnbrücke des Ostheimer Wegs passe schon heute nicht, die Gehwege, die bei Wohnbebauung künftig auch Schüler nutzen, seien zu schmal. „Der Verkehr staut sich jetzt schon“, so Blank. Im Falle von Wohnbebauung müsse die Verkehrssituation unbedingt anders werden.

Freie Wähler: „Der Verkehr staut sich jetzt schon“

Auch Joachim Winter (CDU) hätte gern mehr Informationen gehabt. So würden ihm die Auswirkungen auf die Kitas und Schulen fehlen, auch mit Blick auf andere Neubauprojekte. Der Wüstenrot-Bericht prognostiziert bei Wohnbebauung auf dem Greutter-Aichelin-Areal bis zum Jahr 2030 rund 50 Kinder bis sechs Jahre und insgesamt 16 Schüler pro Jahrgang mehr. Beim Verkehr sieht Joachim Winter die Kreuzung Talstraße als noch größere Engstelle, die im Bericht nicht aufgeführt wird.

Stadt hat kaum Einfluss auf Gewerbeansiedlung

Carsten Stimpel von Wüstenrot und der Bürgermeister betonten, der Bericht konzentriere sich ausschließlich auf die möglichen Entwicklungen und deren Folgen auf dem Greutter-Aichelin-Areal. Wie vom Gemeinderat beschlossen, wurde das Thema, das Teil des Stadtentwicklungskonzepts ist, der Dringlichkeit wegen vorgezogen bearbeitet. Joachim Wolf kündigte für die kommende Gemeinderatssitzung einen Bericht zur Bevölkerungsprognose an.

Der Bürgermeister mahnte, die Verkehrssituation bei einer Gewerbenutzung werde sich deutlich stärker verschlechtern als bei einer Wohnbebauung. Auch könne die Stadt kaum beeinflussen, welches Gewerbe kommt. Mehr Kitakinder indes seien unproblematisch, da im neuen Quartier eine Kita gebaut werde. Dagegen müsse man sich bei den Schulen Gedanken machen. „Es ist eine große Herausforderung, die richtige Entscheidung zu treffen.“ Laut dem Bericht bringt Wohnbebauung der Stadt den größten Nutzen bei gleichzeitiger Akzeptanz durch die Bevölkerung und geringerem Investitionsbedarf im Vergleich zu Gewerbe.

Wie groß kann, soll die Stadt werden?

Aus Renate Haffners (SPD) Sicht ist weder das eine noch das andere Extrem wünschenswert. Sie sieht die „extrem dichte Bebauung“ kritisch. Das sei dichter als anderswo in der Stadt. Doch auch das „Horrorszenario Gewerbe mit massiver Versiegelung können wir vergessen“. Harald Wagner (Grüne) findet, Korntal könne weitere 1000 Einwohner nicht verkraften, und der Verkehr ende doch nicht an der Zuffenhauser Straße. Ein sechsgeschossiger Riegelbau entlang der Bahnlinie werde die Apfelallee verlärmen. Hätte er das letzte Wort, würde er das Areal, zumindest erst mal, so lassen, wie es ist.