Im Neckarpark in Bad Cannstatt nimmt ein Hotelprojekt Gestalt an. Eine Mannheimer Unternehmensgruppe kauft sich bei der Stadt ein. Die wird in der Nähe vielleicht selbst ein großes Verwaltungszentrum bauen. Bis zur Vollendung des neuen Stadtteils ist aber noch viel zu tun.

Stuttgart - Das neue Wohn- und Arbeitsstättengebiet im Neckarpark könnte auch Standort eines Verwaltungsgebäudes für 2000 bis 3000 städtische Mitarbeiter werden. Zumindest die Prüfung so eines Vorhabens ist von OB Fritz Kuhn (Grüne) jetzt befürwortet worden. Er lobte einen Vorstoß der CDU-Ratsfraktion für einen großen städtischen Verwaltungsbau an geeigneter Stelle, womöglich auch im Neckarpark. So möchte die CDU, die zuvor mit dem Gesamtpersonalrat geredet hatte, dem Büroraummangel der Stadtverwaltung ein Ende machen. Gerade mit Blick auf den Neckarpark, meinte Kuhn, solle man das untersuchen.

 

In dem neuen, 25 Hektar großen Stadtteil könnte so ein Vorhaben noch gut eingeplant werden. Für einen Teilbereich muss vom Gemeinderat – voraussichtlich im ersten Quartal 2020 – ohnehin noch der vierte und letzte Bebauungsplan für den Stadtteil verabschiedet worden. Ein neuer Verwaltungsstandort könnte, wenn es der Gemeinderat wünscht, frühestens im Zeitraum 2023/ 2024 am Nordrand der verlegten Benzstraße fertig sein, schätzen Städtebaubürgermeister Peter Pätzold (Grüne) und Angela Weiskopf, für den Neckarpark zuständige Abteilungsleiterin im Amt für Stadtplanung und Stadterneuerung. Der Entwurf für den letzten Bebauungsplan war bis vor wenigen Tagen öffentlich ausgelegt. Dabei kamen einige Einwendungen. Pätzold ist aber zuversichtlich, dass es im ersten Quartal 2020 Baurecht in diesem Teilgebiet geben wird. Dann beginnen erst einmal die Vermarktung der Grundstücke, der Bau von Straßen und die Errichtung von Büros. Allein in diesem Gebiet sollen rund 550 Wohnungen entstehen. Im bereits überplanten Restgebiet wird es, einschließlich der Erneuerung in Altbeständen an der Reichenbachstraße, 300 Wohnungen geben. Die Quote von geförderten Wohnungen ist im ganzen neuen Stadtteil sehr hoch.

Zeitweise war eine Ikea-Ansiedlung im Gespräch

Noch konkreter als für das Verwaltungsgebäude wurden zuletzt die Pläne für einen Hotelbau neben dem künftigen Sporthallenbad. Die Fay-Gruppe in Mannheim hat das Teilgebiet Q 20 gekauft. Sie will dort ein Hotel mit 244 Zimmern errichten, außerdem Büros und Ladengeschäfte. Nach einem Architektenwettbewerb, der bis Februar dauern dürfte, wird man zum Notar gehen.

Die Fertigstellung der letzten neuen Gebäude im Neckarpark könnte sich aber leicht bis 2026 hinziehen. Die Grundstücke in Bad Cannstatt wurden von der Stadt zwar schon im Jahr 2000 gekauft, doch die Geschichte des Projekts ist lang und wechselvoll. Auf dem einstigen Güterbahnhof-Areal, das die Stadt nur mit Mühen von allerlei bunten Nutzungen geräumt bekam, sollte zunächst ein Olympiadorf entstehen. Als die Stadt und der damalige OB Wolfgang Schuster am 12. April 2003 ziemlich sang- und klanglos mit ihrer Bewerbung um die Olympischen Spiele 2012 untergingen, liefen andere Überlegungen an. Der Plan für einen großen Wohnbaustandort geriet später aber wieder in Gefahr, weil besonders die CDU damit liebäugelte, im Neckarpark Platz für ein großes Ikea-Möbelhaus bereitzustellen. OB Schuster wiederum verfolgte dort andere Ideen. Er war auch sehr angetan, als ein Investor ein Carlofthotel mit Autoparkplätzen vor den Gastzimmern und Automobilpräsentationen im Umfeld vorschlug. Daraus wurde nichts. Ernsthaft zurückgeworfen wurde das Projekt vor allem durch die Notwendigkeit, geschützten Mauereidechsen neue Habitate zu schaffen. Der letzte Akt der Vergrämung soll am 1. April 2020 eingeläutet und spätestens im Oktober enden.

Rund 850 Wohnungen im neuen Stadtteil

„Planerisch war all das ein hartes Stück Arbeit“, geben Weiskopf und die Neckarpark-Projektleiterin Susanne Wehle-Faiß zu. Die Verwaltung wollte ein ganz besonders Konzept entwickeln. Es wurde dann höchst komplex und verlangte viel Koordination zwischen Ämtern – und viel Vorbereitung vor dem Bau von Straßen, Park und Gebäuden. Das lag auch am Energiekonzept. Dafür brauchte es viele Leitungen im Boden.

Die Verwaltung versteht das Gebiet mit später einmal etwa 850 Wohnungen für rund 2000 Einwohner sowie diversen Arbeitsstätten als „Blaupause“ für die Entwicklung der künftigen Rosensteinviertel im S-21-Gebiet – und als Gegenstück zum Europaviertel hinterm dem Hauptbahnhof, das den Auftakt zum städtebaulichen Projekt S 21 bildete. Hier in Cannstatt strebte man einen urbanen und dennoch grün geprägten, klimafreundlichen Stadtteil an. Alle Gebäude müssen energetisch geltende Bauvorschriften übertreffen.

Neckarpark gibt den Mindeststandard fürs Rosensteinviertel vor

Damit wollte Stuttgart schon vor gut einem Jahrzehnt Antworten auf die Herausforderungen durch den Klimawandel geben: mit 300 neuen Bäumen, mit begrünten Dächern, mit Fotovoltaik, mit der Einleitung von Regenwasser von benachbarten Dächern in den neuen Veielbrunnenpark, wo ein Wassergraben als Sammler und als Fläche für Verdunstungsprozesse fungiert. Durchgangsverkehr wird rausgehalten. 20 Prozent der Stellplätze in den Garagen sind für Elektromobile vorgesehen, alle sonstigen Stellplätze im zentralen Quartiersparkhaus leicht mit Stromanschlüssen nachrüstbar. Mietautos und Fahrräder bekommen viele Abstellplätze. Die Beläge von Straßen und Wegen werden mehr oder weniger wasserdurchlässig sein. Zisternen sind auch auf künftigen Privatgrundstücken Pflicht. 30 Prozent der Fassaden – und das sei ein „Novum“, heißt es – müssen laut Bebauungsplänen begrünt werden. Weiskopf: „Die Bauträger versuchen solche Auflagen gelockert zu bekommen, aber wir bleiben da hart.“ Bürgermeister Pätzold ist mit dem Projekt sehr zufrieden, wenngleich man heutzutage wahrscheinlich über mehr Wohnungsdichte und Einwohner diskutieren würde. Der Neckarpark markiere „die Mindestanforderungen für die Rosensteinviertel“.