Das neue Quartier auf dem Olga-Areal gilt als Vorzeigeprojekt: baulich, ökologisch und sozial. Nun gibt es ausgerechnet mit dem geplanten Stadtteil- und Familienzentrum Probleme. Die Stadt will sich nun um eine Einzelfalllösung bemühen.

Psychologie/Partnerschaft: Nina Ayerle (nay)

Stuttgart - Auch in sozialer Hinsicht sollte das Quartier auf dem Olga-Areal ein Aushängeschild werden: Eine Kindertagesstätte, ein Spielplatz und ein Stadtteil- und Familienzentrum sind geplant. Nun gibt es aber Probleme beim Stadtteil- und Familienzentrum. Für solche Zentren hat die Stadt Vorgaben. So müssen diese eine Größe von mindestens 150 Quadratmeter aufweisen. Gebaut worden sind nun aber nur 100 Quadratmeter.

 

Laut den Vorgaben könnte dort eigentlich kein Stadtteil- und Familienzentrum mehr Platz finden. Außerdem könnte keine sozialpädagogische Fachkraft angestellt werden, sondern lediglich eine Verwaltungskraft, weil das Zentrum nicht den offiziellen Kriterien entspreche. Wer ist verantwortlich für die falsche Planung? Der Bauherr dieses Gebäudes ist die Stuttgarter Wohnungs- und Städtebaugesellschaft (SWSG). Von dort heißt es aber schlicht: „Wir haben 100 Quadratmeter gebaut, weil das die Anforderung der Landeshauptstadt war“, sagt der Pressesprecher Peter Schwab. Die Verwaltung will wohl am Montag im Jugendhilfeausschuss zu der Fehlplanung Stellung nehmen.

Für pädagogische Fachkraft reicht das Geld nicht aus

Inzwischen gibt es dafür auch eine Vorlage des Referates für Jugend und Bildung – eine vorherige Version ließ Bürgermeisterin Isabel Fezer noch einmal überarbeiten. In der aktuellen Version heißt es nun, es gebe an diesem Standort „besondere Herausforderungen“. So seien auch die Mietkosten zu hoch. Diese beliefen sich voraussichtlich auf etwa 2160 Euro pro Monat, den genauen Betrag könne die SWSG noch nicht festlegen.

Auch seien die für dieses Jahr eingeplanten 60 000 Euro zu knapp bemessen. Für eine pädagogische Fachkraft reicht das Geld nicht mehr aus, lediglich für die Küche, erste Möbel sowie die Miete inklusive Nebenkosten für fünf Monate von August an. Das Referat der Bürgermeisterin Fezer weist ferner daraufhin, dass in der Förderarchitektur von Stadtteil- und Familienzentren ein Eigenanteil des Trägers verankert ist. Dieser werde in der Regel über Raumvermietungen oder ein Mittagessen- und Kaffeeangebot erwirtschaftet. Aufgrund des Raumangebotes und der hohen Miete ist dies aus Verwaltungssicht an diesem Standort aber kaum möglich. Nun sei eine „Einzelfalllösung“ notwendig.

Doch wie genau die Stadt das umsetzen will, ist noch unklar. Bisher hat man auch keinen Träger dafür, strebt aber eine gemeinschaftliche Lösung für das Stadtteil- und Familienzentrum und die benachbarte Kindertagesstätte an. Eine Ausschreibung kann jedoch erst erfolgen, wenn die Konzeption und die Förderbedingungen erarbeitet sind. Im Frühherbst will man eröffnen.

Bereits in den Jahren 2017 und 2018 hatte der Gemeinderat einem Stadtteil- und Familienzentrum im neuen Olga-Areal zugestimmt. Nach Informationen unserer Zeitung gab es noch in der Planungsphase ein Gespräch mit Vertretern des Vereins Olgäle 2012 und Mitarbeitern des Jugendamts. In einer im Nachgang erarbeiteten Mängelliste sei auf die 100 Quadratmeter aufmerksam gemacht worden, heißt es aus dieser Gruppe.

Das Zentrum wurde von Beginn an zu klein geplant

Der Verein und der Bezirksvorsteher Reinhard Möhrle haben sich nun maßgeblich dafür eingesetzt, dass das Zentrum doch realisiert werden kann. Möhrle, den in den letzten Monaten „nichts so sehr beschäftigt hat“ wie das falsch geplante Zentrum sieht nun aber einen „ recht großen Zeitdruck“, vor allem bei der Kita. Er kritisiert auch die finanziellen Probleme, so könne man nur „auf Sparflamme“ arbeiten.

Das Stadtteil- und Familienzentrum sei „ enorm wichtig für das neue Quartier“. Immerhin, so Möhrle, sei in der aktualisierten Vorlage wieder von einem „Stadtteil- und Familienzentrum“ die Rede, zeitweise sei es nur noch um einen „Nachbarschaftstreff“ gegangen – eine Schmalspur-Variante. Die Ratsfraktionen müssten nun signalisieren, dass man das Zentrum wolle.

Die Projektgruppe Olgäle 2012 sieht „dringenden Bedarf“ für ein Familienzentrum

Gemeinsam mit Rüdiger Ahrendt, dem Sprecher des Vereins Olgäle 2012, hat Möhrle dem Jugendamt sogar Alternativen unterbreitet, damit das Zentrum doch noch zügig realisiert werden kann. Ahrendts Baugemeinschaft auf dem Olga-Areal, das Haus mit dem Namen Olga 07, hat nun vorgeschlagen, ihren Gemeinschaftsraum für das Stadtteil- und Familienzentrum zur Verfügung zu stellen. „Junge Familien brauchen solche Räume“, betont Ahrendt, der vor mehr als zehn Jahren begonnen hat, sich für das Quartier einzusetzen. „Und das EKiZ platzt aus allen Nähten.“

Das Ziel eines Stadtteil- und Familienzentrums nach dem Stuttgarter Modell ist es auch, Bildungsarbeit zu leisten. Das Eltern-Kind-Zentrum (EkiZ) an der Ludwigstraße im Westen bietet zum Beispiel neben unzähligen Kursen wie Yoga oder Flamenco ein umfassendes Angebot an Beratungen für Familien zum Wiedereinstieg in den Beruf, bei Scheidungen und Sorgerechtsproblemen, für Alleinerziehende und Kinderbetreuung, auch in Notfällen, an. Gerade für Mütter ist das EkiZ ein unverzichtbarer Treff im Westen geworden.