Streamingdienste bescheren auch traditionellen Filmstudios wie Bavaria Film volle Auftragsbücher. Allerdings mangelt es den Münchner Studios an erfahrenen Autoren und guten Schauspielern. Das ist nicht das einzige Problem.

München - Studios, in denen TV-Shows, Serien oder Kinofilme gedreht werden, sind in Deutschland derzeit eine voll ausgelastete Branche. Das gilt auch für das Traditionsunternehmen Bavaria Film in Geiselgasteig vor den Toren Münchens. „Wir sind nahe unserer Kapazitätsgrenze angelangt“, freut sich Geschäftsführer Christian Franckenstein. Befeuert von Streamingdiensten wie Netflix oder Amazon Prime und dem von ihnen ausgelösten Boom qualitativ hochwertiger Eigenproduktionen gehe es mittlerweile sogar in Richtung Überhitzung. Für eine Firma wie Bavaria, die 2019 ihr hundertjähriges Bestehen feiert und in mancher Hinsicht nicht die modernste ist, hat das allerdings auch seine Schattenseiten. „Wir haben Nachholbedarf“, räumt Franckenstein ein.

 

Mit modernisierungswürdiger Informationstechnik (IT), fehlendem Kreativpersonal in Form von Autoren und guten Schauspielern sowie Kapazitätsengpässen bei den Studios gibt es gleich mehrere Baustellen, die alle Geld kosten. Zugleich steht die Film- und Showbranche im Umbruch. Produziert wird immer mehr digital, konsumiert immer häufiger mobil und auf Abruf. Wer beim Zuschauer punkten will, braucht vor allem gute Serien sowie möglichst lokale Inhalte.

Wettstreit um Kreative

Um Spezialisten, die moderne Technik beherrschen, und Kreativschaffende, die qualitativ Hochwertiges in Szene setzen können, reißt sich derzeit die gesamte Branche. Bavaria Film steht also im Wettstreit um Talente und die sind nicht preiswert zu haben. Die eigene IT zu modernisieren sei eine Aufgabe von drei Jahren, sagt Franckenstein. Talente anzulocken und im Haus zu halten sei aber eine Daueraufgabe. Wer für Netflix & Co. Serien oder internationale Kinofilme drehen möchte, ist zu Investitionen verdammt – die öffentlich-rechtlichen Studioeigner hätten dies erkannt. Die Eigner sind WDR, BR und SWR sowie die bayerische Förderbank LfA.

Erste Schritte sind getan. Für den Bezahlsender Sky ist eine erste Staffel der am gleichnamigen Kinoblockbuster von 1981 orientierten TV-Serie „Das Boot“ abgedreht und eine zweite Staffel in Planung, freut sich Mitgeschäftsführer Achim Rohnke. An Land gezogen haben die Münchner zudem drei internationale Kinoproduktionen. Dazu gehört der Science-Fiction-Film „Shipbreaker“. Der Film „Resistance“ beschäftigt sich mit der Rolle des französischen Mimen Marcel Marceau im französischen Widerstand während der Naziherrschaft. Und in „Kung Fury 2“ darf Actionstar Arnold Schwarzenegger glänzen.

12- bis 29-Jährige im Blick

„Ziel sind mittelfristig ein bis zwei Kinoeigenproduktionen“, gibt Mitgeschäftsführer Markus Zimmer das Ziel vor. Dabei wolle man sich auf die Zielgruppen der 12- bis 29-Jährigen sowie über 50-Jährigen konzentrieren. Kinofilme sind ein in der Branche wichtiger Imageträger, mit denen Bavaria Film zuletzt nur noch spärlich punkten konnte. „Kino hat Signalwirkung für den Standort“, räumt Franckenstein ein. Dort wie bei allen anderen hochwertigen Projekten sei weniger die heimische Konkurrenz in Köln, Berlin oder Hamburg das Problem, sondern die internationale in Produktionsländern wie Großbritannien, Irland, Tschechien, Ungarn, Australien oder Neuseeland, wo die finanzielle Förderung teilweise größer ist als hierzulande.

Nach dem Staat will Franckenstein dennoch nicht rufen. Zum einen räumt er ein, dass die Filmindustrie hierzulande volkswirtschaftlich eher zu vernachlässigen ist und eine Forderung nach mehr staatlicher Förderung wohl ungehört verhallen dürfte. Zum anderen hätten die öffentlich-rechtlichen Eigner von Bavaria Film sich damit einverstanden erklärt, dass die Gewinne des Traditionsunternehmens in den nächsten Jahren der technischen Aufholjagd unter Druck kommen werden. 2017 ist es für das Unternehmen mit seinen 1800 Beschäftigten noch mal auf breiter Front aufwärtsgegangen.

Gewinn wird schrumpfen

Der Umsatz ist im Geschäftsjahr 2017/18 – es endete am 31. Januar – zwar nur leicht auf 225 Millionen Euro gestiegen. Zählt man aber Produktionen, die noch nicht fertig und deshalb offiziell nicht berücksichtigt werden dürfen, trotzdem anteilsmäßig hinzu, betrug das Umsatzplus rund ein Fünftel. Der operative Gewinn vor Steuern und Zinsen ist von 13 auf gut 16 Millionen Euro gestiegen. Die Umsätze würden dieses Jahr weiter zulegen, verspricht Franckenstein. Die Gewinne dagegen würden erst einmal schrumpfen. Aber eine umfassende Modernisierung sei die notwendige Voraussetzung für weiteres Wachstum.