Bayerns Kreuz-Erlass tritt in Kraft – aber kontrolliert wird die Umsetzung nicht. Die Regierung reagiert damit offenbar auf die internen Proteste der Verwaltung.

München - Gut einen Monat ist Markus Söders Kreuz-Erlass nun alt. Am 1. Juni tritt er in Kraft, dann müssen im Eingangsbereich aller bayerisch-staatlichen Dienstgebäude „gut sichtbare“ Kreuze hängen. Und nach stürmischen Wochen, ursprünglich eiskalt erwischt von der Wucht des Protests, gibt man sich an der Spitze der CSU davon überzeugt, die Debatte gewonnen zu haben.

 

Die Kreuze werden nicht kontrolliert

Diesen Freitag aber ließ das Innenministerium aufhorchen. Sein Sprecher, Oliver Platzer, sagte der „Augsburger Allgemeinen“, es werde keine Kontrollen geben, ob die Kreuzpflicht eingehalten werde: „Wir setzen voraus, dass die jeweilige Behördenleitung die Allgemeine Geschäftsordnung kennt und danach handelt. Wir sehen keinen Anlass zu einer Überprüfung – und freuen uns über jedes Kreuz, das hängt.“ Und dann: „Die Behördenleiter sollen das Kreuz so aufhängen, wie sie es für richtig halten.“

Lässt sich daraus eine erste Distanzierung von den eigenen Vorschriften lesen? Platzer dementiert am Abend entschieden: das sei „kompletter Quatsch“. Gleichwohl: Kritik aus den Behörden hat es gegeben, auch wenn der Sprecher „sowas nie gehört“ hat. Einige Amtsleiter vermissten klare Ausführungsbestimmungen und waren offenbar ganz froh darüber. Andere – auch solche, die im eigenen Büro aus persönlicher Überzeugung ein Kruzifix hängen haben – lehnten ein vom Staat verordnetes Kreuz ab, weil sie verfassungsrechtliche Zweifel haben oder „Söders Marketing-Gag“ ablehnen; im Neuen Museum Nürnberg berief sich die Direktorin auf die „Unabhängigkeit der Kunst“; sie will in Sachen Kreuz „gar nichts“ machen.

Die Kirchen sind beleidigt

Und die zwei großen Kirchen, die sich zuletzt vorsichtig auf den Ministerpräsidenten zubewegt haben, sie sind schon wieder verschnupft. Söder hat nämlich – zu nachtschlafender Zeit und lediglich per Presseagentur – einen „Runden Tisch zu Werten, Kultur und Identität des Landes“ angekündigt. Die kirchlichen Teilnehmer aussuchen will aber er selber: «Es gibt innerhalb der Kirchen unterschiedliche Strömungen; wir wollen die ganze Bandbreite abdecken.“ Darin sehen die Kirchen einen Übergriff auf ihr Selbstbestimmungsrecht – oder, wie es Kardinal Reinhard Marx schon zum Kreuz-Erlass sagte: Söder trage „Spaltung, Unruhe, Gegeneinander“ in die Gesellschaft.