Das unselige BBC- Interview zum Missbrauchsskandal um US-Multimillionär Epstein hat schwere Folgen für alle Royals. Manche befürchten schon eine Horror-Phase fürs Königshaus wie 1992.

Korrespondenten: Peter Nonnenmacher (non)

London - Besorgt mustern die Royals das Ausmaß des „Verkehrsunfalls“, den Prinz Andrew am Wochenende anrichtete. Mit seinem BBC-Interview zum US-Multimillionär Jeffrey Epstein hat der zweite Sohn und Liebling der Queen sich und die Familie in arge Schwierigkeiten gebracht. Am Dienstag hat der 59-Jährige einen wichtigen Sponsor für ein Projekt verloren. Auch andere Einrichtungen erwägen, sich von Andrew zu distanzieren. Der Prinz ist Schirmherr vieler Organisationen. Die ersten überlegen bereits, ob sie Konsequenzen ziehen sollen.

 

Andrew war jahrelang mit dem vorbestraften Geschäftsmann Epstein befreundet. Der US-Amerikaner wurde beschuldigt, Dutzende Minderjährige sexuell missbraucht zu haben. Eines der Opfer behauptet, mehrmals zum Sex mit Andrew gezwungen worden zu sein. Epstein hatte sich am 10. August in einem New Yorker Gefängnis das Leben genommen.

Selbst nachträglich erkennt Andrew offenbar nicht, was er angerichtet hat

Die Blindheit, mit der der 59-jährige Königssohn auf die PR-Karambolage zusteuerte, ist ja auch wirklich erstaunlich. Selbst nachträglich vermag Andrew offenbar nicht zu erkennen, was er angerichtet hat. Freunden gegenüber erklärte er, es sei bei der BBC-Sendung doch alles „ganz gut gelaufen“. Der Königin soll er gesagt haben, er betrachte das Interview als echten „Erfolg“. In Wirklichkeit hat der Achte der Thronfolge seine eigene Lage wesentlich verschlimmert. Umstritten bleibt, ob sich der Prinz Erlaubnis „von oben“ für sein BBC-Interview geholt hatte. Einige Blätter melden, Elizabeth II. habe ihm – wie immer – nachgegeben. Andere wollen in Erfahrung gebracht haben, dass Andrew gegen den Willen der Mama handelte.

Einig sind sich Beobachter darin, dass „die Firma“ (wie Prinz Philip den Windsor-Clan einmal genannt hat) gefährlich aus dem Ruder zu laufen droht. Die 93-jährige Monarchin, deren 98-jähriger Gatte sich in den Ruhestand verabschiedet hat, habe die Geschäfte „nicht mehr richtig im Griff“, drückte es die konservative „Times“ aus.

Die Royals sind in einer schwierigen Übergangssituation

In der Tat sind die Royals in einer schwierigen Übergangssituation. Ohne den für den „Firmen-Zusammenhalt“ zuständigen Philip an ihrer Seite, und jüngst auch ihres langjährigen Privatsekretärs beraubt, scheint die Queen unsicherer zu werden. Den Thronfolger Prinz Charles betraut sie aber nur mit begrenzter Verantwortung.

Etliche Jahre lang hatten ja frohe Ereignisse all diese Umbrüche vergessen lassen. Die bunten Hochzeiten Williams, Harrys und anderer Windsor-Sprosse und die Ankunft einer ganzen Schar von Babys hatten Royalisten zuversichtlich und die Presse versöhnlich gestimmt. Erst als Prinz Philip im Januar 2019 nahe Schloss Sandringham einen echten Verkehrsunfall verursachte und es zunächst nicht für nötig hielt, sich bei den Unfallopfern zu entschuldigen, zogen wieder Zweifel auf.

Weitere Unruhe löste die Distanzierung Prinz Harrys von seinem Bruder Prinz William aus, und die kaum verhüllte Klage der Herzogin Meghan über ihre Behandlung bei Hofe – sowie die „Kriegserklärung“ Meghans und Harrys an britische Zeitungen, von der sie sich verfolgt fühlen. Mehrere Prozesse gegen mächtige Medien-Konzerne sind in Vorbereitung. Auch diese Initiative wurde offenbar ergriffen ohne ausdrückliche Zustimmung der Queen. Manche Windsors befürchten schon eine Horror-Phase fürs Königshaus wie die von 1992, als Charles und Diana sich trennten, die Ehe von Andrew und „Fergie“ in die Brüche ging und Schloss Windsor in Flammen stand. Im Abenddämmer ihrer Zeit auf dem Thron muss die Queen erleben, dass ihre Familie den Zusammenhalt verliert und ihre eigene Autorität schwindet.