Viel Bewegung im Beachvolleyball: Nach Laura Ludwig und Margareta Kozuch bleiben auch Karla Borger und Julia Sude im Geschäft – allerdings auf Kosten von Chantal Laboureur. Die Beachvolleyballerin des Jahres ist die große Verliererin.

Stuttgart - Sport ist gnadenlos. Und berechenbar. Wo Gewinner gekürt werden, gibt es immer auch Verlierer. Beachvolleyball bildet da natürlich keine Ausnahme. Nicht im Sand, aber auch nicht hinter den Kulissen. „Was gerade passiert“, sagt Karla Borger (30), „zeigt doch nur, wie knallhart das Geschäft ist.“

 

Da weiß eine, wovon sie spricht. Nachdem ihre langjährige Partnerin Britta Büthe im Anschluss an die Olympischen Spiele 2016 in Rio ihre Karriere beendet hatte, musste die Stuttgarterin von vorne beginnen. Mit Margareta Kozuch, bis dahin die beste deutsche Hallenvolleyballerin. Ihr Ziel war Tokio 2020. Das ist es immer noch, nun aber nicht mehr gemeinsam. Kozuch (32) wechselte überraschend an die Seite von Olympiasiegerin und Weltmeisterin Laura Ludwig (32), bei deren Partnerin Kira Walkenhorst (28) der geschundene Körper nicht mehr mitspielen wollte. Borger allerdings stand nur kurz als vermeintliche Verliererin da. Denn nun ist klar: Sie wird künftig gemeinsam mit Julia Sude (31) auflaufen, bisher die Blockspielerin vor Chantal Laboureur (29). Das Stuttgarter Duo, im Sommer kurzzeitig die Nummer eins der Weltrangliste, hatte die besten Aussichten, sich für Olympia zu qualifizieren. Doch nun fehlt ausgerechnet der deutschen Beachvolleyballerin des Jahres 2018 eine Partnerin. „Das kam alles sehr plötzlich. Mir hat es den Boden unter den Füßen weggezogen, als mir Julia Sude ihren Entschluss mitgeteilt hat, den ich absolut nicht nachvollziehen kann“, sagt Chantal Laboureur, die neue Verliererin im Beach-Domino, „wir hatten großes Potenzial, Top-Ergebnisse bei der Heim-WM 2019 und Olympia 2020 zu erzielen.“

Sude vermisst die Weiterentwicklung

Diese Perspektive haben nun die beiden neuen Duos. Laura Ludwig, bis zu ihrer Babypause die beste Abwehrspielerin der Welt, erhofft sich viel von der Zusammenarbeit mit Margareta Kozuch, die im Sand noch viel Luft nach oben hat. Und auch Karla Borger und Julia Sude sind überzeugt davon, voneinander zu profitieren: „Wir freuen uns auf das neue Abenteuer, und wir wollen uns unter den Top fünf der Welt etablieren.“

Dazu, merken Kritiker an, hätte sie allerdings nicht das Team wechseln müssen – schließlich zählten Laboureur/Sude längst zur absoluten Spitze. Doch damit wollte sich die ehrgeizige Blockspielerin nicht zufrieden geben. „Wir waren 2018 sehr inkonstant, es lief nicht immer reibungslos. Ich habe bei uns nicht die Weiterentwicklung gesehen, die ich mir für die Olympia-Qualifikation vorgenommen hatte“, sagt Julia Sude, „jetzt geht es um alles. Und da ist Karla Borger die Richtige an meiner Seite.“

Das mag sich hart anhören, nach fünf gemeinsamen Jahren mit Chantal Laboureur – einerseits. Andererseits ist es im Beachvolleyball nicht ungewöhnlich, auch mal die Partnerin zu wechseln. „Wir sind eine Einzelsportart, die im Team ausgeübt wird“, sagt Julia Sude, „da muss jede Kleinigkeit zueinander passen.“ Und wenn das nicht der Fall ist? Bleibt einem nichts anderes übrig, als nach sich selbst zu schauen. „Ich habe es nicht schlecht getroffen“, meint Karla Borger zu ihrer neuen Teamkonstellation, „ich spiele jetzt mit meiner Wunschpartnerin.“

Borger und Sude kennen sich schon lange, sie sandelten bereits gemeinsam, als ihre Eltern noch bei Beach-Turnieren aufschlugen, 2009 holten sie Bronze bei der U-23-EM in Russland. Julias Vater Burkard Sude (Spitzname: „Mister Volleyball“) übernimmt die sportliche Leitung im neuen Stuttgarter Team. „Ich bin sicher“, sagt Julia Sude, „dass wir uns schnell finden werden.“ Davon geht auch Karla Borger aus: „Julia gehört zu den besten Blockspielerinnen der Welt, ich starte mit ihr auf einem ganz anderen Level als damals mit Maggie Kozuch. Und auch menschlich ergänzen wir uns sehr gut.“

Laboureur kämpft um ihren Traum

Die Perspektive stimmt, das findet auch der Deutsche Volleyball-Verband. „Der Zeitpunkt für die Veränderungen ist sicher nicht optimal“, erklärt Beach-Sportdirektor Niclas Hildebrand, „trotzdem haben wir bei den Frauen eine unglaublich hohe Qualitätsdichte, auch in den neuen Konstellationen steckt sehr großes Potenzial.“

Dieses hat zweifelsohne auch Chantal Laboureur. Doch noch ist völlig unklar, wie es bei ihr weitergeht. „Es ist unfassbar, ich hätte im Leben nicht damit gerechnet, Anfang Januar so dazustehen“, sagt die Medizinstudentin, die aber um ihre Karriere kämpfen will: „Den Olympia-Traum gebe ich so schnell nicht auf. Sollte es eine ambitionierte Blockspielerin geben, die keine Partnerin hat, darf sie sich gerne bei mir melden.“