Wenig erwarten, viel erhoffen: Warum die deutschen Beachvolleyball-Teams bei der Weltmeisterschaft in Hamburg nicht zu den großen Favoriten zählen.

Hamburg - Die Weltmeisterschaft im Beachvolleyball ist auch deshalb so attraktiv, weil niemand weiß, wie das Turnier endet – sportlich. Sicher ist dagegen, dass Hamburg spektakuläre Bilder liefern wird. Schließlich zeigten die Ausrichter schon vor dem ersten Ballwechsel ihre Kreativität. Stets im Fokus: Laura Ludwig, das strahlende Gesicht der aktuellen Sommer-Sonne-Sand-Generation. Die Olympiasiegerin und Weltmeisterin, die in Hamburg lebt, spielte mit ihrer Partnerin Margareta Kozuch auf einem schwimmenden Court vor der Elbphilharmonie. Danach weihte sie im Miniatur-Wunderland in der historischen Speicherstadt das nach ihr benannte Beachvolleyball-Stadion ein. Und zwischendurch postete sie öfter mal ein nettes Foto mit Söhnchen Teo, der pünktlich zum Start der Titelkämpfe ein Jahr alt wird. Ob Gold-Laura auch während der Heim-WM glänzt? Ist eher fraglich. Wie bei allen anderen deutschen Teams.

 

Frauen

Nichts ist mehr so, wie es vor einem halben Jahr war. Nach dem verletzungsbedingten Rücktritt von Kira Walkenhorst begann ein Wechselspiel, dessen Ausgang ungewiss ist – immer noch. Laura Ludwig, die mit Walkenhorst alles gewann, was es zu gewinnen gibt, fand in Margareta Kozuch eine neue Partnerin. Zurück blieb Karla Borger, die sich flugs mit Julia Sude zusammentat. Und die von ihr verlassene Chantal Laboureur angelte sich Sandra Ittlinger. Das Ergebnis? Erfüllt die Erwartungen bisher nicht. „Natürlich hatten wir uns bessere Resultate erhofft“, sagt Niclas Hildebrand, der Sportdirektor Beach des Deutschen Volleyball-Verbandes, die „Tiefe der Probleme“ sei trotz der vielen Neubesetzungen nicht absehbar gewesen. Oder vielleicht doch? „In unserem Sport hängt extrem viel von der Eingespieltheit ab“, erklärt Jörg Ahmann, der 2000 in Sydney Olympia-Bronze holte und heute U-23-Bundestrainer mit Standort Stuttgart ist, „normal braucht man eine Saison, um zu wissen, wie der andere tickt.“

Das bedeutet zweierlei: Die Perspektive in Richtung Olympia 2020 stimmt. Und die Heim-WM, der andere Höhepunkt, kommt zu einem eher unpassenden Moment. Was auch die Athletinnen so sehen.

Laboureur und Ittlinger sind als Weltranglisten-Elfte aktuell das beste deutsche Duo, das liegt aber vor allem an vergangenen Erfolgen. Gemeinsam haben sie es bei keinem ihrer vier Vier-Sterne-Turniere ins Viertelfinale geschafft. Es gab zwar nie hohe Niederlagen, aber auch zu wenige überraschende Siege. Deshalb spricht derzeit niemand im Team über eine Medaille. „Wir wollen in jedem Spiel unsere beste Leistung zeigen“, sagt Chantal Laboureur, „und dann sind wir selbst gespannt, wo es hingeht.“

Zunächst mal auf den Centre Court. Die Stuttgarterin eröffnet mit ihrer neuen Partnerin an diesem Freitag (13 Uhr) die WM gegen Amarilla/Caballero (Paraguay). Das ist Ehre und Motivation zugleich, gibt aber trotzdem keine Sicherheit, dass es danach so exponiert weitergeht. „Die Umwälzungen im Winter fanden zu einem höchst ungünstigen Zeitpunkt statt“, erklärt Laboureur, „es könnte nun sein, dass die WM für alle drei neuen Teams zu früh kommt.“

Schließlich standen auch Titelverteidigerin Laura Ludwig (nach ihrer 20-monatigen Babypause) und Margareta Kozuch, bis zu ihrem Wechsel in den Sand Deutschlands beste Hallen-Volleyballerin (336 Länderspiele), noch nicht einmal gemeinsam auf einem Podest. Im Gegensatz zu Karla Borger und Julia Sude, das Duo aus Stuttgart holte immerhin Rang drei beim Drei-Sterne-Turnier in Kuala Lumpur. Wo es bei der WM hingehen kann? „Das Treppchen wäre natürlich genial, das Vertrauen in uns selbst haben wir“, sagt Borger, die 2013 mit Britta Büthe Vize-Weltmeisterin war, „wichtig für uns ist, locker zu bleiben, unser Potenzial auszuschöpfen und Bock zu haben, zu zocken. Dann können wir auch die Großen schlagen.“

Hört sich gut an, doch auch Borger/Sude leiden darunter, noch nicht oft genug gemeinsam gespielt zu haben. „Die Weltspitze ist schon richtig gut“, sagen die beiden, „deshalb haben wir auch jetzt bereits die Olympischen Spiele 2020 im Hinterkopf. Das ist unser ganz großes Ziel.“ Trotz Heim-WM.

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Die deutschen Hoffnungen ruhen auf Julius Thole (22) und Clemens Wickler (24). Das junge Duo hat eine tolle Entwicklung hinter sich, landete 2018 beim World-Tour-Finale in Hamburg sensationellerweise auf Rang vier, und auch diese Saison gab es mehrere gute Platzierungen, darunter Silber beim Turnier in Den Haag. Eine Garantie auf eine erfolgreiche WM ist dies allerdings nicht. „Alle Teams unter den besten 20 der Weltrangliste können sich gegenseitig schlagen“, sagt Julius Thole, der dennoch vom ganz großen Coup träumt: „Die Fans spielen eine enorm wichtige Rolle. Sie werden uns Kraft geben.“ Thole und Wickler auf dem Podium? Es wäre zum Abschluss der WM ein letztes spektakuläres Bild.