Praktika können einem manchmal den Weg ins Berufsleben ebnen. Aber eben nur manchmal. Aus dem Leben einer Filmstudentin.

50a. Büro    Innen/ Tag

 

Ich warte in einem Büro auf ein Vorstellungsgespräch. Es ist eigentlich mehr ein Wohnzimmer als ein Büro. Dazu ist das Altbauzimmer mit hohen Decken auch noch unfassbar pompös eingerichtet. Ein Kronleuchter hängt über dem großen Holztisch. In der Ecke gibt es einen Kamin, einen Kuhfellteppich am Boden und davor ein teures Designersofa. Meinen Geschmack trifft das nicht unbedingt. Ich muss hier ja aber auch nicht wohnen. Ich will ja nur arbeiten.

Ich habe mich nämlich um einen Praktikumsplatz in einer Produktionsfirma beworben. Ein bisschen dämlich komme ich mir schon vor. Ich stehe kurz vor meinem Abschluss an der Filmhochschule und was mache ich? Anstatt die dicken Aufträge an Land zu ziehen, geh ich jetzt wieder Kaffee kochen. 

Aber ohne die dicken Aufträge bleibt mir eben nicht viel anderes übrig. Und außerdem klingt das Praktikum auch ganz nett. Es geht nur um eine Halbtagsstelle für drei Monate mit Bezahlung. Ich soll ein bisschen Recherche betreiben, Büroarbeit leisten und ansonsten kann ich versuchen meine eigenen Stoffe der Produktionsfirma schmackhaft zu machen. So stand es zumindest in der Stellenbeschreibung. Ich werde wahrscheinlich gnadenlos unterfordert sein, aber was tut man nicht alles um die Karriere voran zu treiben.

Und dann kommt die Chefin rein und stellt sich vor. Irgendwie hatte ich nicht damit gerechnet mein popeliges Bewerbungsgespräch mit der Chefin zu führen. Ich dachte, ich quatsche ein bisschen mit ihrer Sekretärin oder einem Mitarbeiter. 

Wir schütteln uns die Hände, ich lächle sie an. Sie sieht etwas verkniffen aus.

            CHEFIN

       Ich hab leider gar nicht so viel Zeit. Ich treff mich gleich mit Tom Tykwer, da muss ich pünktlich sein.

Ich nicke verständnisvoll. Ich will ja nicht der Grund sein, dass Herr Tykwer warten muss.

Dann sieht sie mich an, als ob ich etwas sagen soll.

Ich weiß aber nicht was. Sollte sie nicht die Fragen stellen?

Sie geht schweigend meine Bewerbung durch, die vor ihr liegt. Eine Designeruhr tickt irgendwo ziemlich laut. Sie sieht mich wieder an.

            CHEFIN

       Also die Hauptarbeit hier wird darin bestehen nach Büchern zu suchen, die wir eventuell verfilmen können. Was lesen Sie denn so?

Ich bin kurz irritiert. Dann ärgere ich mich, dass ich mich nicht wirklich auf das Gespräch vorbereitet habe. Ich dachte ehrlich gesagt nicht, dass ich das nötig gehabt hätte. 

Tja, was lese ich denn gerade?

           ICH

      Ach, so ganz Unterschiedliches. 

           CHEFIN

      Was liegt denn momentan auf ihrem Nachttisch?

Auf meinem Nachttisch? Hm. Mein Nasenspray gegen meine Stauballergie. Taschentücher. Haarnadeln, die ich morgens im Bett finde. Ein kaputter Wecker. Staub.

           ICH

      Also ähm.... das letzte Buch das ich gelesen habe war....

Ich denke krampfhaft nach, dann fällt es mir wieder ein. Ist schon ein paar Monate her gewesen.

          ICH

      Der Fänger im Roggen!

Sie nickt unbeeindruckt.

          CHEFIN

     Das ist ja ein sehr innerliches Buch, nicht wahr? Lässt sich leider schlecht verfilmen sowas. 

Dann fragt sie mich eine Reihe von Buchtiteln ab und will wissen, ob ich die gelesen habe. Ich kenne kein einziges davon. Bei jedem Titel muss ich mit dem Kopf schütteln. Ich werde rot.

           CHEFIN

    Ich muss dann jetzt auch los. 

Sie steht auf und reicht mir die Hand. Dann ist sie weg. Hinfort zu Tom Tykwer. 

Wer kanns ihr verübeln.

DIe Sekretärin führt mich nach draußen und sagt, dass sie sich bei mir melden werden. Das Ergebnis kann ich mir aber auch so schon denken.

Hätt ich eh nicht gewollt, den popligen Praktikantenjob in diesem seltsamen Designerwohnungsbüro.

Pah.

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