Ich finde keinen Regisseur für mein Buch und beschließe es selbst zu machen. Eine gute Idee? Aus dem Leben einer Filmstudentin. 

48a. WOHNZIMMER  INNEN/ TAG

 

Neulich wurde ich gefragt, ob ich mir denn auch vorstellen könnte, Regie zu machen. Dazu habe ich eine ganz klare Haltung:

EIN HALBES JAHR ZUVOR

48b. WOHNZIMMER   INNEN/ NACHT

Ich habe ein Drehbuch geschrieben, das noch nicht besonders gut ist und konnte bisher keinen Regisseur davon überzeugen, es mit mir umzusetzen. Auf Anraten meiner Dozentin mache ich nun also selber Regie. Ich sitze am Buch und versuche mich regiemäßig vorzubereiten.

Habe allerdings keine Ahnung wie.

48c. CAFÉ  INNEN/ TAG

Ich treffe mich mit meiner Produzentin. Um ihr zu sagen, dass ich mich nun selbst im Chefsessel versuche. Und außerdem brauche ich noch eine Location, Darsteller, ein Team, jede Menge Utensilien, Essen für alle, Autos, etc.

         SIE

   Naja, also, Steffi. Hmm. Also das Buch ist ja jetzt noch nicht besonders... weit. Und irgendwie... also... naja... Ich glaube, ich hab doch keine Zeit dein Projekt zu machen.

Ich bin etwas vor den Kopf gestoßen. Ich versuche sie doch noch irgendwie zu überzeugen. Aber keine Chance. Sie hat anscheinend wirklich „viel zu tun“.

48d. WOHNZIMMER  INNEN/ NACHT 

Ich hab ungefähr jeden Produzenten der Filmhochschule angerufen und angebettelt. 

Hat nichts gebracht.

Mach ich halt auch noch selber Produktion. 

Kann ja nicht so schwer sein.

Die nächsten Tage und Wochen verbringe ich damit, mich durch To-Do-Listen zu arbeiten, durch die Gegend zu fahren, Sponsorenabsagen zu verdauen, ein Team zusammen zu stellen, Locations zu scouten, Requisiten auszuleihen, Geld auszugeben, das ich nicht habe und mich mit Schauspielern zu treffen um über ihre Rolle zu sprechen. Und ihre Figurenbiografie. Und ihre "Backstorywound". Und wie ich mir den Film vorstelle. Was meine "Vision" ist. Und überhaupt.

Überraschend, was einem alles abgekauft wird, obwohl man keine Ahnung hat. 

Mein Privatleben existiert nicht mehr. Und am Buch habe ich seit der Absage meiner Produzentin kein Wort mehr verändert. 

48e. BERGHÜTTE  INNEN/ TAG

Als ich am Drehort ankomme, ist noch nichts vorbereitet. Wie auch. Ich bin ja schließlich Produzent, Regisseur und Szenenbildner (ja, auch dafür habe ich niemanden gefunden) in einem.

Nachdem ich die Hütte fertig ausgestattet habe, gehe ich noch mal nach draußen um die Umgebung abzulaufen, da wir auch hier drehen.

48f. SCHNEELANDSCHAFT  AUSSEN/ TAG

Ich stapfe also durch den Schnee und suche nach einem kleinen Bächlein, das ich gerne als Kulisse hätte, finde es aber nicht mehr.

Ich laufe ein paar Mal hin und her – und breche plötzlich ein.

Das Bächlein ist kein Bächlein, es ist eher ein ziemlich breiter und reißender Fluss. Ich stehe bis zum Bauchnabel in eiskaltem Wasser und habe Schwierigkeiten zurück ans Ufer zu kommen. Ich breche in Panik aus und gehe noch weiter unter, schaffe es aber am Ende doch irgendwie, mich aus der Situation zu befreien.

Erschöpft liege ich im Schnee. Nass, frierend und unfassbar planlos. Das ganze Ausmaß dieser Aktion wird mir plötzlich bewusst und ich fange an zu heulen. Wie peinlich.

In dem Moment höre ich meine Crew vorfahren.

Auch das noch.

Ich versuche mich einigermaßen wieder herzurichten, aber ich muss fürchterlich ausgesehen haben.

Der Dreh verlief dann noch erstaunlich unaufgeregt, aber auf die Frage, ob ich mir vorstellen kann, doch auch mal Regie zu machen, habe ich ein ganz klares:

Ich glaube nicht. Zumindest nicht ohne gutes Buch. Oder Produzent. Oder Szenenbildner. Und nicht im Schnee. Oder am Bach.

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