Rentenzahlung gestoppt, EC-Karte gesperrt: Wenn ein Standesamt Namen verwechselt, kann das böse Folgen haben. Jeffrey van Davies hat es erlebt.

Politik/Baden-Württemberg: Rüdiger Bäßler (rub)

Es hat gedauert, bis sich in die Trauer des Jeffrey van Davies Wut mischte. Seit vielen Jahren schon lebt der US-Amerikaner in Überlingen. Dort ist er einer ganzen Reihe von Menschen bekannt, unter anderem als früherer preisgekrönter Filmemacher oder Lehrer am Salem-College. Im August aber war seine Ehefrau in einem Pflegeheim in Friedrichshafen verstorben. Darauf setzte sich ein unaufhaltsames amtliches Räderwerk in Gang.

 

Erst wurde die monatliche Rentenzahlung aus den USA nicht mehr an den Witwer überwiesen, dann der amerikanische Pass für ungültig erklärt. Und schließlich kam der Mann, der zunächst kein bisschen verstand, was da geschah, auch nicht mehr an sein Guthaben bei einer Überlinger Bank heran. Er sei tot, jedenfalls behördlich nicht mehr existent, erfuhr er. „Ich war echt sauer“, sagte Davies kürzlich Filmemachern des SWR.

Auf den Irrtum folgt die volle Routine

Bewirkt wurden all die Tilgungen vom amerikanischen Generalkonsulat in Frankfurt. Reine Routine. Die konsularische Vertretung handelte aufgrund einer vorangegangenen Sterbemitteilung des Standesamts Friedrichshafen, die laut einer Rathaussprecherin per Fax übermittelt wurde. Auch das Routine, denn, so die Auskunft: „Die deutschen Standesämter sind bei dem Tod eines Angehörigen eines Vertragsstaats nach dem Wiener Übereinkommen über konsularische Beziehungen verpflichtet, unverzüglich die konsularische Vertretung dieses Vertragsstaates zu unterrichten, in deren Amtsbezirk der Sterbefall eingetreten ist.“

Dumm nur, dass trotz all der schönen eingeübten Abläufe eine Mitarbeiterin im Rathaus die Namen der Eheleute verwechselt hatte und so den durchaus vitalen Jeffrey van Davies vom Leben abmeldete. „Selbstverständlich entschuldigen wir uns bei Fehlern bei den Betroffenen“, wird im Friedrichshafener Rathaus betont.

Eine Entschuldigung, immerhin

Mit einer Entschuldigung allerdings konnte US-Bürger Davies sein Konto nicht mehr entsperren. Es brauchte mehr, und die Friedrichshafener Stadtverwaltung lieferte prompt. Sie übermittelte ans amerikanische Generalkonsulat eilends eine sogenannte Lebensbescheinigung, beglaubigt durchs zuständige Einwohnermeldeamt. Und damit der Lebensbeweis den nötigen Wumms entwickelte, wurde zudem eine formale Sterbeurkunde zur tatsächlich verstorbenen Ehefrau beigefügt.

Trotz des eingestandenen Fehlers: So ganz allein will die Zeppelinstadt am Bodensee dann doch nicht für den Schlamassel und seine Folgen verantwortlich gemacht werden. Das US-Konsulat, heißt es, hätte ruhig die formale Sterbeurkunde abwarten können, bevor es hier handelte. Die Namensverwechslung sei nämlich lediglich im Rahmen einer „Vorab-Mitteilung“ passiert – und hätte womöglich noch korrigiert werden können. „Dass das amerikanische Konsulat aufgrund einer Vorab-Mitteilung eine Person bereits für tot erklärt sowie weitere rechtliche Schritte einleitet und nicht die tatsächliche Sterbeurkunde abwartet, ist für uns nicht nachvollziehbar“, so die Auskunft. „Erst eine Sterbeurkunde aus dem Sterberegister erbringt den tatsächlichen rechtlichen Nachweis des Todes einer Person.“ Das müsse auch den Amerikanern „hinreichend bekannt sein“, wird hinzugefügt.

Die Bankkarte funktioniert wieder

Aus jenem Konsulat heißt es dazu, nicht weniger dürftig, man habe sich bisher immer auf die Richtigkeit der Angaben deutscher Kommunalbehörden verlassen können und noch nie so einen Irrtum erlebt. Jeffrey van Davies immerhin bekommt, nachdem ihm sein Bruder zeitweise helfen musste, Miete und laufende Kosten weiter zu finanzieren, mittlerweile wieder Rente. Seine EC-Karte funktioniert. Und er hat einen neuen Pass beantragt. Was es eben so braucht, um am Bodensee wie anderswo als Mensch aus Fleisch und Blut zu gelten.