Bei Bauarbeiten in Gerlingen ist das Skelett eines Menschen entdeckt worden, der vor etwa 5000 Jahren gelebt hatte.

Gerlingen - Auf der Baustelle eines Achtfamilienhauses an der Bachstraße haben der Geometer und der Baggerführer eine Überraschung erlebt: Sie fanden das fast komplette Skelett eines Menschen. Der oder die Unbekannte starb vor etwa 5000 Jahren.

Werner Schmidt aus Ditzingen, ehrenamtlicher Mitarbeiter des Landesdenkmalamtes, dokumentierte die Ausgrabung und barg bis Mittwochnachmittag die sterblichen Überreste des Menschen aus der Jungsteinzeit. Schmidts Fazit: "Der Fund ist ungewöhnlich, aber keine Sensation. Sozusagen ein Dutzendfund. Der Tote von Gerlingen kann nicht gegen den Keltenfürsten von Hochdorf anstinken."

Noch am Mittwochvormittag lag das Skelett so am Boden der Baugrube, wie es anderthalb Tage zuvor zufällig angetroffen worden war: in Bauchlage, das Gesicht nach unten, die Wirbelsäule gekrümmt, der rechte Arm nach oben gedreht, ein großer dreieckiger Stein in den Fingern der rechten Hand. Der Beckenknochen ist gut erkennbar, der linke Arm fast abgetrennt, beide Beine fehlen. Am Hinterkopf, an den Beckenteilen und den Rippen hat die Baggerschaufel schwere Schleifspuren hinterlassen.

Es war am Montag gegen 15 Uhr, als der Geometer Rudolf Spang gerade an der Rückseite der Baugrube die Achsen für das Fundament vermaß. Da rief ihm der Baggerführer zu, er habe einen Knochen gefunden – unmittelbar vor der Abschrankung, an der der Vermesser tätig war. Nach dem nächsten vorsichtigen Baggerbiss war klar, was die Arbeiter dreieinhalb Meter unter dem Bodenniveau gefunden hatten: das Skelett eines Menschen.

Die Bestattungsmethode ist ungewöhnlich


"Wir hörten auf und verständigten den Architekten", berichtete Spang am Mittwoch. Das Büro von Karl Grob rief im Gerlinger Rathaus an, und von dort eilten Mitarbeiter zur Baustelle – bis hin zum Bürgermeister Georg Brenner. Rasch war klar, dass es sich nicht um ein Mordopfer, sondern um einen Fall für die Archäologen handelte. Werner Schmidt wurde gebeten, sich der Sache anzunehmen.

Obwohl die wissenschaftlichen Untersuchungen im Landesdenkmalamt erst noch stattfinden müssen, konnte Schmidt am Mittwoch schon einiges erklären. Die Bauchlage des Opfers in einer Grube deute auf eine "Sonderbestattung" hin. "Wie er daliegt, wurde der Mensch dort nicht ordentlich hineingelegt, sondern reingeschmissen." Das rechte Bein habe aus dem Hüftgelenk heraus nach oben weggestanden. Warum der Tote so bestattet wurde, kann sich Schmidt nicht so recht erklären. "Entweder sind die Füße hochgeschlagen beim Reinwerfen oder sie waren zusammengebunden." Mit gestreckten Beinen habe der Tote gar nicht in die Grube hineingepasst.

Die Liegezeit des Menschen schätzt Schmidt auf 5000 Jahre – der Tote müsste also in der Jungsteinzeit gelebt haben, etwa 3000 Jahre vor Christus. Zum Vergleich: der Keltenfürst von Hochdorf lebte etwa 450 vor Christi, also 2500 Jahre später. Außer den Knochen wurde beim Gerlinger Steinzeitmenschen nichts gefunden, was auf Bestattungsriten, Kultur oder Lebensweise schließen lässt.

Das Geschlecht ist noch unklar


Das Geschlecht des Toten könne ein Anthropologe bestimmen, so Schmidt. Das Sterbejahr lasse sich auf etwa 200 Jahre genau datieren. Die Zeitgenossen des Toten hätten diesen etwas anderthalb Meter unter Niveau abgelegt. Die Fundtiefe von etwa 3,50 Meter unter dem heutigen Niveau sei ungewöhnlich, sagte der 78-Jährige, aber erklärbar. An dieser Stelle sei früher ein Bach gelaufen, und der habe im Lauf der Zeit zwei Meter Erdreich aufgeschwemmt. Das alles lasse sich durch die Schichtung des Erdreiches erklären.

"Die Information der Behörden ist optimal gelaufen", berichtete Gerlingens Bürgermeister Georg Brenner, das Baurechtsamt habe als Denkmalbehörde sofort handeln können. Und der Leiter des Gerlinger Polizeipostens, Wilhelm Wöhr, stellte trocken fest: "Das ist keine Angelegenheit für die Polizei."

Auch die Bauarbeiter waren durch die Tatsache, dass sie einen Toten ausgegraben hatten, nicht sonderlich beeindruckt. "Wir finden sonst eher Blindgänger. Das ist aufregender", sagte einer. Und der Architekt Karl Grob freute sich darüber, dass keine Bauverzögerung eintrat.