Horst Ludewig hat die Hausarztpraxis seines Vaters übernommen. Er praktiziert nach wie vor allein, weiß aber, dass viele Kollegen es heute anders handhaben.

Ditzingen - Für Horst Ludewig ist noch lange nicht Schluss. „Ich will noch fünf bis sieben Jahre weiterpraktizieren“, sagt er. Damit dementiert er anderslautende Gerüchte im Ort. Diese gibt es in Heimerdingen seit einiger Zeit, warum auch immer, Ludewig tritt ihnen ein ums andere Mal entgegen. Möglicherweise liegt ein Grund für die Gerüchte auch darin, dass der allein praktizierende Hausarzt ein Landarzt im klassischen Sinn ist und damit aber Vertreter einer Spezies, die es eigentlich gar nicht mehr gibt: Zu unattraktiv sind die Konditionen, zu groß auch die Diskussion über den Ärztemangel auf dem Land.

 

Ludewig sieht das alles wohl. Doch er genießt es, sein eigener Chef zu sein. Dass er ein Einzelkämpfer ist, stört ihn nicht, auch nicht, dass er dadurch Tag für Tag stärker gefordert ist, als wenn er in einem Team arbeitet. „Ich bin es nicht anders gewohnt“, sagt er. Er hat es auch von seinem Vater nicht anders erfahren. In vierter Generation lebt er nun den Landarzt, davon in zweiter Generation im Ditzinger Ortsteil Heimerdingen. 1989 hatte er die väterliche Praxis übernommen; zuvor hatte er drei Jahre darin mitgearbeitet. Möglicherweise wird es nun in seiner Nachfolge eine innerfamiliäre Lösung geben – er wird aber wohl der letzte Einzelkämpfer gewesen sein.

Ergebnis einer vielschichtigen Entwicklung

Ludewig nimmt dies als Ergebnis einer vielschichtigen Entwicklung wahr. In der Konsequenz mögen veränderte Lebensplanungen dabei eine Rolle spielen. Vor allem aber hat sich wohl die Einstellung seiner jungen Kollegen geändert – sie arbeiteten heute lieber in größeren Einheiten, beobachtet der 61-Jährige. Allerdings schlägt sich seines Erachtens auch die in der Gesellschaft grundsätzlich fehlende Anerkennungskultur durch, die gegenseitige Wertschätzung – auch für den Arzt – fehle einfach. Stattdessen legten auch Patienten eine übergroße Anspruchshaltung an den Tag. Die Kommune habe nur bedingt Möglichkeiten, dem Ärztemangel entgegenzuwirken. Im Grunde müsse dies der Markt regeln, sagt der Mann, der für die FDP im Gemeinderat sitzt. Gleichwohl habe eine Kommune den Rahmen zu schaffen, dass eine Ansiedlung gelingen kann. „Vielleicht muss sie in die Grundversorgung ihrer Bürger genauso investieren wie in Parkplätze“, sagt er.

Ja zur Versorgungsforschung

Der Hausarzt beklagt sich nicht darüber, er stellt das sachlich fest. Aber die aus seiner Sicht schlechte Honorierung führe dazu, dass die jungen Mediziner etwa nach Norwegen oder in die Schweiz auswanderten. „Und wir holen dann Mediziner aus Polen und Ungarn.“ Auch dies konstatiert er ohne Wertung, es gebe überall Ärzte, die „mit Leib und Seele“ dabei seien. Aber er merkt auch an, dass der Hausarzt, der Landarzt gar, aus universitärer Sicht als – ebenso ausgebildeter Facharzt – nicht dasselbe Renommee genieße wie ein im Klinikum tätiger Mediziner. Er selbst stört sich an dem schlechteren Ruf nicht. Gleichwohl ist ihm daran gelegen, dass sich das ändert. Er begrüßt deshalb die universitäre Versorgungsforschung. Die junge interdisziplinäre Disziplin will Erkenntnisse gewinnen über eine effiziente Gestaltung der Gesundheitsversorgung angesichts einer älter werdenden Bevölkerung. Dabei arbeiten die Universitäten mit Praxen zusammen. Auch Ludewig ließ sich zertifizieren, ist nun anerkannte Forschungspraxis und kooperiert mit der Universität Heidelberg. Es müsse schon das Ziel der Hausärzte sein, die Allgemeinmedizin nach vorn zu bringen und so auch ihr Image aufzupolieren.

Möglicherweise wird dabei das Hausarztmodell helfen, das Bewusstsein der Patienten für den Allgemeinmediziner zu schärfen. Das Modell – nachdem die Patienten grundsätzlich zunächst den Hausarzt aufsuchen müssen – sei richtig und vor allem dieses: zukunftsträchtig.