„Ein langes und schmerzhaftes Verfahren“ geht zu Ende. Jahrelang hat Delphine Boël darum gekämpft, von Belgiens ehemaligem König als Tochter anerkannt zu werden. Ein DNA-Test hatte bereits bewiesen, dass Albert II. ihr Vater ist. Jetzt zieht die Justiz nach.

Brüssel - Königstochter ja oder nein? Nach jahrelangem Rechtsstreit ist diese Frage endlich geklärt: Das belgische Königshaus bekommt Zuwachs. Mit 52 Jahren ist die Künstlerin Delphine Boël plötzlich Prinzessin. Und trägt einen neuen Nachnamen. Ein Brüsseler Gericht entschied endgültig im Sinne der Künstlerin.

 

„Delphine von Sachsen-Coburg hat das Urteil vom 1. Oktober zur Kenntnis genommen, das sie voll befriedigt“, sagte ihr Anwalt Marc Uyttendaele am Donnerstagabend der Nachrichtenagentur Belga. Das Gericht habe bestätigt, dass König Albert II. Delphines Vater sei und sie von nun an den Namen Sachsen-Coburg tragen werde. Auch ihre andere Forderung, genauso behandelt zu werden wie die anderen Kinder des Ex-Königs, seien erfüllt worden. „Sie freut sich über diese Entscheidung, die ein langes und schmerzhaftes Verfahren für sie und ihre Familie beendet.“

Wilde 60er

Es waren wilde Zeiten in den 60er Jahren: Prinz Albert, Bruder des damaligen Königs Baudouin, galt als Frauenheld. 1959 hatte er die italienische Adelige Paola Ruffo di Calabria geheiratet, die selbst den Ruf einer Party-Prinzessin hatte. Ihr wurde eine Affäre mit dem Sänger Adamo („Dolce Paola“) nachgesagt. Und Prinz Albert hatte allem Anschein nach eine Affäre mit der Baronin Sybille de Sélys Longchamps, die am 22. Februar 1968 ein Mädchen auf die Welt brachte: Delphine. Jahrelang stritt Albert jedoch ab, Delphines Vater zu sein.

Dabei spekulierte ein Biograf schon 1999 über ein uneheliches Kind des heute 86-jährigen Albert. Seit Januar besteht zumindest aus wissenschaftlicher Sicht Gewissheit. Ein DNA-Test lasse darauf schließen, dass Albert „der biologische Vater von Frau Delphine Boël“ sei, teilte der Anwalt des ehemaligen Monarchen damals mit.

Weiter Weg um Anerkennung

Bis dahin war es ein weiter Weg um Anerkennung. Lange habe sie ein gutes Verhältnis zu ihrem leiblichen Vater gehabt, sagte die Künstlerin vor Jahren in einem Interview. Doch anerkennen wollte der inzwischen abgedankte Vater des heutigen Königs Philippe (60) die Tochter nicht.

2013 bekann Boël dann ihren Kampf vor Belgiens Gerichten. Zunächst scheiterte sie, 2018 entschied das Brüsseler Berufungsgericht dann jedoch, dass Albert sich einem Vaterschaftstest unterziehen muss. Und drohte mit einem Zwangsgeld von 5000 Euro pro Tag, falls er den Test verweigern sollte. Albert willigte schließlich ein, wollte das Ergebnis zunächst aber nicht veröffentlicht sehen. Ende Januar gestand er die Vaterschaft über seinen Anwalt dann ein.

„Ich war die Schmach der königlichen Familie“

Für seine Tochter hätte das der Schlusspunkt eines langen Kampfes sein können. Doch sie war auch enttäuscht - über den Ton der Mitteilung von Alberts Anwälten: „Das war nicht schön. Das war zu hart“, sagte sie vor einigen Wochen im Interview des belgischen Senders VRT. Zugleich klagte sie über ihr Verhältnis zum belgischen Königshaus: „Ich war die Schmach der königlichen Familie.“

Die Wissenschaft hat also längst gesprochen - nach einer letzten Gerichtsanhörung vor rund drei Wochen zog die Justiz nun nach. Nach dem Urteil werden auch die beiden Kinder der frischgebackenen Prinzessin zu Adeligen: Aus Joséphine und Oscar werden Prinzessin und Prinz.

Ende gut, alles gut? Nicht für Prinzessin Delphine. „Ein gerichtlicher Sieg ersetzt niemals die Liebe eines Vaters, aber bietet ein Gefühl der Gerechtigkeit“, sagte Anwalt Uyttendaele am Donnerstag. Das Urteil könne jedoch viele Kinder, die das gleiche durchgemacht haben, darin bestärken, sich der Herausforderung zu stellen.

Es geht auch um viel Geld

Alle Fragen sind im Fall Boël vs. Albert jedoch noch nicht geklärt - zumindest nicht öffentlich. Denn es geht auch um viel Geld. Vom belgischen Staat wird sie künftig zwar wohl kein Geld erhalten, wie der Sender RTBF nach dem Ergebnis des DNA-Tests im Januar berichtete. Wohl jedoch könne sie einen Teil von Alberts Vermögen erben. Die neue Prinzessin selbst betonte unlängst jedoch, den Prozess vor allem deshalb begonnen zu haben, damit ihre Kinder sich nicht fragen müssten, woher sie kämen. „Ich hätte das auch genauso gemacht, wenn mein Vater Zoodirektor oder ein Verbrecher gewesen wäre“, sagte sie VRT.

Am kommenden Montag könnte weiteres Licht ins Dunkel kommen. Dann will Prinzessin Delphine sich an der Seite ihrer Anwälte über die Angelegenheit äußern.