Der Fanatiker Abdelhamid Abaaoud aus Belgien zog offenbar die Strippen bei den Attentaten von Paris. Unterdessen ist ein Bruder einer der getöteten mutmaßlichen Attentäter wieder auf freiem Fuß, nach einem zweiten Bruder wird gefahndet.

Brüssel - In seiner Kindheit galt Abdelhamid Abaaoud als unbekümmerter Junge. Und er ging auf eine der geachtetsten Schulen in Brüssel, das Collège Saint-Pierre d’Uccle. Doch inzwischen ist Abaaoud der berüchtigtste Dschihadist Belgiens - ein Fanatiker des islamistischen Terrors, der sogar seinen 13-jährigen Bruder für den Krieg in Syrien rekrutiert haben soll.

 

Dieser Mann, so bestätigten französische Ermittler am Montag, soll der Drahtzieher hinter den verheerenden Terroranschlägen am Freitagabend mit 129 Toten in Paris sein.

Und nicht nur das. Er soll nach Informationen der Nachrichtenagentur AP auch hinter zwei anderen Terrorplänen stecken, deren Ausführung dieses Jahr in Frankreich vereitelt wurde: die im April gescheiterten Anschläge auf christliche Kirchen nahe Paris und die im August von Passagieren gestoppte Attacke eines schwer bewaffneten Extremisten im Hochgeschwindigkeitszug Thalys nach Paris.

Bruder eines mutmaßlichen Täters auf freiem Fuß

Der Bruder einer der mutmaßlichen Pariser Attentäter ist unterdessen nach Angaben einer belgischen Anwältin wieder auf freiem Fuß. Der über das Wochenende festgehaltene Mohammed Abdeslam sei freigelassen worden, sagte die Anwältin Nathalie Gallant am Montag dem Sender RTL.

Sein Bruder Brahim Abdeslam soll einer der sieben Männer sein, die sich bei den Angriffen in Paris am Freitagabend in die Luft gesprengt hatten. Ein achter Attentäter wurde von der Polizei erschossen.

Weiterem Bruder soll die Flucht gelungen sein

Nach einem weiteren Bruder, Salah Abdeslam, wird massiv gefahndet. Ihm soll nach der Terrorwelle die Flucht gelungen sein. Zwar wurde er in der Nacht zum Samstag nach Angaben von Ermittlern von der Polizei nahe der französisch-belgischen Grenze gestoppt, nach einer Kontrolle durfte er aber mit zwei Begleitern weiter fahren.

Anwältin Gallant sagte, ihr Mandant habe „nicht dasselbe Leben gewählt“ wie seine Brüder.

In Belgien waren am Wochenende insgesamt sieben Verdächtige festgenommen worden, die in die Terrorwelle in Paris verwickelt sein sollen. Zwei der festgenommenen Terrorverdächtigen stehen unter dringendem Tatverdacht. Gegen beide Personen wurde Haftbefehl erlassen, teilte die Staatsanwaltschaft am Montag in Brüssel mit. Der Vorwurf lautet, dass sie an einem terroristischen Attentat und den Aktionen einer terroristischen Vereinigung beteiligt gewesen waren. Fünf weitere der am Samstag festgenommenen sieben Terrorverdächtigen sind dagegen wieder auf freiem Fuß.

Auch am Montag gab es einen weiteren Polizeigroßeinsatz im Brüsseler Viertel Molenbeek, das als Hochburg belgischer Islamisten gilt.

Bei den Pariser Anschlägen waren mindestens 129 Menschen umgekommen und 350 weitere verletzt worden. Verantwortlich sein soll die Terrormiliz Islamischer Staat.

Wer ist dieser Abdelhamid Abaaoud?

Abaaoud wuchs als Sohn marokkanischer Einwanderer im Brüsseler Viertel Molenbeek-Saint-Jean auf, das inzwischen als Islamistenhochburg gilt. Inzwischen ist der Verdächtige Ende 20. In einem 2014 veröffentlichten Video sagte er: „Mein ganzes Leben habe ich das Blut von Muslimen fließen sehen. Ich bete, dass Allah jenen das Genick bricht, die Ihn ablehnen (...) und dass Er sie ausrotten wird.“

Flucht nach Syrien gelungen

Schon zu Jahresbeginn geriet der Dschihadist ins Visier der belgischen Ermittler. Sie verdächtigten Abaaoud, die Terrorzelle in der Stadt Verviers mit organisiert und finanziert zu haben, die am 15. Januar bei einer Razzia ausgehoben wurde. Zwei seiner mutmaßlichen Komplizen wurden damals getötet.

Im Februar tauchten Zitate Abaaouds im englischsprachigen Magazin „Dabik“ der Terrormiliz Islamischer Staat auf. Darin behauptete er, er sei unentdeckt nach Belgien zurückgekehrt, um die Terrorzelle zu führen. Nach der Razzia sei ihm die Flucht nach Syrien gelungen - obwohl sein Foto überall in den Nachrichten verbreitet wurde.

„Ich wurde sogar von einem Beamten angehalten, der mich betrachtete, als wollte er mich mit dem Bild vergleichen“, prahlte Abaaoud in der Propagandazeitschrift. „Aber er ließ mich gehen, weil er keine Ähnlichkeit erkennen konnte.“