Touristen auf Mallorca sollen sich benehmen. Immer schon. Aber jedes Jahr gibt es wieder neue Verordnungen für jene, denen genau das schwer fällt. Ändert sich wirklich etwas?

Korrespondenten: Martin Dahms (mda)

Palma de Mallorca - Antoni Noguera ist seit knapp zwei Jahren Bürgermeister von Palma de Mallorca. Im vergangenen Sommer beschrieb er den Zustand der Inselhauptstadt vor seiner Amtsübernahme so: „Wir fanden ein ungeplantes, ein ungeregeltes, ein unnormatiertes Palma vor.“ Noguera gehört dem linksalternativen Wahlbündnis Més per Mallorca an, da redet man so.

 

Ab jetzt wird geregelt, geplant und normatiert. Eines der neuen bürokratischen Wunderwerke trägt den Namen Regulierende Verordnung über die zivilisierte Nutzung der öffentlichen Räume, in spanischer und katalanischer Abkürzung: Orucep. Die Orucep ist seit vergangenem Sommer in Kraft. Und soll endlich regeln, was offenbar noch nie geregelt war: das gute Benehmen der Inselgäste.

Die Gäste, könnte man glauben, machen den Einheimischen Angst. „Mallorca sieht einem weiteren Sommer der Grenzüberschreitungen und der alkoholischen Exzesse entgegen“, titelte vor kurzem das Diario de Mallorca. Zum Beleg dafür zitierte die Zeitung aus Angeboten deutscher Reiseveranstalter. „Dass hier richtig gefeiert wird, weiß jeder“, wirbt zum Beispiel Abitours. „An einem der 14 Balnearios könnt ihr tagsüber entspannen und schon den einen oder anderen Drink nehmen. Sobald die Sonne untergeht, feiert ihr in den angesagtesten Clubs, Diskotheken und Bars!“ Und Maxtours verspricht „Freibier und Eimersaufen“. Aus mallorquinischer Sicht heißt das: Die Barbaren kommen.

Ein Verbot öffentlicher Trinkgelage gibt es schon lange

Das tun sie allerdings schon lange. Die Sauftouristen seien „ein kleiner Problem“, das in der Welt „ein großes Echo“ auslöse, sagte kürzlich die Tourismusministerin der Balearen, Bel Busquets. Das trifft die Lage wahrscheinlich ziemlich gut. Es gibt auf Mallorca allerdings Leute, die sich von diesem kleinen Problem stark belästigt fühlen, Biel Barceló zum Beispiel, der Sprecher eines Anwohnerverbandes, der die Worte der Ministerin für „sehr unverantwortlich“ hält.

Ob der Ärger über unzivilisierte Gäste nun groß- oder kleingeredet wird, die Regierenden wissen, dass sie sich der Sache annehmen müssen. Und das tun sie. Jedes Jahr wieder. Ungeplant und ungeregelt ist auf Mallorca schon lange nichts mehr. Daran erinnerte vor drei Jahren der damalige sozialistische Bürgermeister José Hila.

Damals war gerade vom Oberen Gerichtshof der Balearen die 2014 erlassene „Verordnung für zivilisiertes Zusammenleben“ außer Kraft gesetzt worden, weil sie zu viel auf einmal zu regeln versuchte. „Eimersaufen am Ballermann wieder erlaubt“, schrieb danach eine deutsche Zeitschrift – und irrte sich gewaltig. Es gebe noch 23 andere Verordnungen, die weiter in Kraft seien, bemerkte Bürgermeister Hila, eine darunter gegen öffentliche Trinkgelage.

Der Mythos Eimersaufen auf Mallorca will aber nicht verschwinden

Der Mythos Eimersaufen auf Mallorca will aber nicht verschwinden. Der Mythos von der Insel, auf der alles erlaubt ist. Selbst Hilas Bürgermeisternachfolger Noguera tut so, als ob den Exzessen hier nie Grenzen gesetzt worden seien. Er gibt jetzt den Sheriff. Deswegen ließ er im vergangenen Sommer die Orucep verabschieden und konkretisierte sie vor kurzem noch einmal: Danach wird in den besonders beliebten Touristengegenden künftig aber ganz genau hingeschaut. Wenn etwa die Biergärten in der Schinkenstraße nahe dem Ballermann 6 nicht darauf achten, dass ihre Gäste keinesfalls mit dem Bierglas in der Hand auf die Straße laufen, sollen sie bis zu 3000 Euro Buße zahlen.

Die Anwohnerverbände freuen sich. Solche Nachrichten hören sie gern. Auch wenn sich nicht viel ändern wird. Die Touristen waren schon immer dazu aufgefordert, sich im Urlaub bitte so gesittet zu verhalten wie hoffentlich zuhause. Die meisten tun es ja auch, auf Mallorca sowieso. Man muss nicht alles glauben, was in Reiseprospekten steht.