Das Bundeskartellamt will noch diesen Sommer Autofahrern helfen schnell und bequem nach dem günstigsten Spritpreis zu suchen. Per Internetabfrage sollen in Zukunft die Kraftstoffpreise von rund 14 000 Tankstellen abrufbar sein.

Stuttgart - Noch in diesem Sommer sollen Autofahrer die günstigsten Kraftstoffpreise im Internet abfragen können. Daran arbeite das Bundeskartellamt mit Hochdruck, sagte der Präsident der Behörde, Andreas Mundt, bei der Vorlage des Tätigkeitsberichts für 2011 und 2012. Einen genauen Termin nannte er allerdings nicht. Die Erfassung der rund 14 000 Tankstellen werde in Kürze beginnen, sagte er. Ab Mitte Juli könnten interessierte Unternehmen und Organisationen Anträge stellen, um die Daten zu erhalten. Sie sollen diese anschließend den Verbrauchern zur Verfügung stellen.

 

Mundt nimmt an, dass es viele kostenlose Informationsangebote für die Kunden geben wird. Er hofft, dass sich der Wettbewerb auf dem Tankstellenmarkt beleben wird, weil die Kunden dann die günstigsten Tankstellen anfahren können. Mit einer neuen Vorschrift sind Tankstellenbetreiber verpflichtet worden, Preisänderungen für Kraftstoffe ans Kartellamt zu melden. Das gibt sie an viele Informationsdienstleister weiter, die sie den Verbrauchern zur Verfügung stellen. Eine ähnliche Preismeldestelle gibt es bereits in Österreich.

Expertise bei Beurteilung von Kabelfusionen

Im Bundeskartellamt wird überlegt, ob es die Prüfung der geplanten Übernahme von Kabel Deutschland durch Vodafone an sich ziehen will. Vom Umsatz her sei das ein Fall für die Europäische Kommission, sagte Mundt. Auf Antrag könne der Fall aber an das Bonner Amt übertragen werden. Ihn persönlich jucke es immer in den Fingern, solche Fälle nach Bonn zu ziehen, sagte Mundt. Außerdem habe das Amt eine gewisse Expertise bei der Beurteilung von Kabelfusionen. Um einen solchen Antrag stellen zu können, müsse aber die Fusion zunächst in Brüssel angemeldet sein. Danach müsse sich das Amt mit der Bundesregierung abstimmen.

Ob der Fall kritisch zu beurteilen sei, wollte Mundt nicht sagen. Dazu habe man nicht genügend Daten. Würde Kabel Deutschland von Liberty Global übernommen, gäbe es ohne Zweifel wettbewerbliche Bedenken, sagte Mundt. Aber auch eine Übernahme durch Vodafone müsse genau geprüft werden. Es sei wichtig, den Infrastrukturwettbewerb zu erhalten. Die Wettbewerbshüter hatten 2002 den Verkauf der Kabelnetze der Deutschen Telekom an Liberty Media untersagt, 2012 die Fusion von Kabel Baden-Württemberg mit Liberty Global (Unitymedia) nur unter weitreichenden Auflagen erlaubt und die Übernahme von Telecolumbus durch Kabel Deutschland verboten.

Ausbau der Kartellverfolgung in den vergangenen zwei Jahren

Insgesamt hat das Bundeskartellamt in den beiden vergangenen Jahren 2235 Fusionsvorhaben kontrolliert. Davon wurden 28 vertieft geprüft, sechs untersagt und zwei nur unter Auflagen freigegeben. Aufsehen haben vor allem die Verfahren gegen unerlaubte Absprachen erregt. In den beiden vergangenen Jahren sei die Kartellverfolgung ausgebaut worden, sagte Mundt. Es gebe jetzt drei Abteilungen, die sich nur damit befassten und die Auswertung von sichergestellten Unterlagen sei verbessert worden. Die Hälfte aller Fälle gehe auf die Kronzeugenregelung zurück, sagte Mundt. Diese heißt beim Kartellamt Bonusregelung. Danach geht der erste Informant straffrei aus, wenn er dem Kartellamt eine Absprache anzeigt. 2011 und 2012 wurden in 34 Fällen Bußgelder von insgesamt rund 506 Millionen Euro gegen 108 Unternehmen und 68 Personen verhängt.

Am höchsten waren die Bußgelder gegen die Mitglieder des Schienenkartells. Bisher wurden aber nur die Verfahren zum Schaden der Deutschen Bahn abgeschlossen. Weitere Verfahren bei Lieferungen an regionale und lokale Nachfrager würden noch in diesem Jahr beendet, kündigte Mundt an. Zu den aufgedeckten Kartellabsprachen bei Autozulieferern gab er keine Stellungnahme ab, weil dies ein laufendes Verfahren sei.

Im Energiemarkt würden nach der Bundestagswahl Weichen gestellt, meint Mundt. Dabei sei unter anderem zu regeln, wie Kraftwerkskapazitäten zum Ausgleich für ausfallenden Wind- und Sonnenstrom bereitgestellt werden könnten. Er setzte sich dafür ein, Eingriffe „mikroinvasiv“ und marktkonform durchzuführen. Eine zentrale Stelle für den Kapazitätsmarkt funktioniere nicht, meint er. Es müsse eine dezentrale Lösung geben, die weitgehend von den Akteuren geplant werde.