Seit zehn Jahren gibt es das freiwillige Beratungsangebot „Frühe Hilfen“ für frischgebackene Eltern im Rems-Murr-Kreis. Die Nachfrage ist gestiegen.

Rems-Murr-Kreis - Manchmal ist es am besten, Zahlen sprechen zu lassen. Vor zehn Jahren haben die Fachkräfte der „Frühen Hilfen“ im Rems-Murr-Kreis ihre Arbeit aufgenommen. Vor acht Jahren wurden zum ersten Mal die betreuten Fälle gezählt: 200 Familien wurden damals bei all ihren Fragen oder Problemen rund um die Geburt, um ihr Baby, um den Alltag mit Kind begleitet. Inzwischen sind es mehr als doppelt so viele Familien, die das kostenlose Angebot annehmen. „Es ist freiwillig und präventiv, und das ist seine große Stärke. Deswegen gibt es mit 50 Prozent auch einen hohen Anteil an Selbstmeldern“, erzählt die Fachbereichsleiterin Ingrid Schneider-Rabeneick.

 

Breites Netzwerk

Die Frühen Hilfen bauen auf ein möglichst breites Netzwerk: Gynäkologen und Hebammen, Kinderärzte und freie Träger sind mit im Boot. „Egal, an welcher Stelle sich jemand meldet, jeder weiß vom anderen. Daran arbeiten wir ständig“, sagt Eileen Groß vom Fachdienst Frühe Hilfen. Zudem werden die Familien im Kreis per Einleger im Mutterpass sowie nach der Geburt ihres Kindes per Brief über das Angebot der Frühen Hilfen informiert.

Eine niedrigschwellige Kontaktaufnahme ist auch bei den Elterntreffs im Rahmen von „AmiKi – Alltag mit Kind“ möglich. „Das haben wir Stück für Stück ausgebaut. Mittlerweile gibt es die Elterntreffs an 14 Standorten im Kreis, und zwar auch in kleineren Gemeinden, in denen es kein städtisches Familienzentrum gibt“, berichtet Eileen Groß. Eltern können sich mit anderen Eltern austauschen. Es gibt eine Kinderbetreuung, zudem ist eine Sozialpädagogin für Fragen da.

Der Wunsch nach dem perfekten Kind

Und wer wendet sich an die Frühen Hilfen? „Das ist sehr durchmischt, denn Fragen zu Kindern sind immer da. Bei armen und reichen, bei bildungsfernen und -nahen, bei jungen oder alten Eltern“, sagt Dagmar Rost vom Schwerpunktdienst in Backnang. Die Beweggründe ihres Klientels seien dabei oft ähnlich: „Eltern wollen alles richtig machen, deswegen sind die Familien in dieser Phase auch sehr empfänglich für Beratung“, sagt Ingrid Schneider-Rabeneick.

Viele möchten ein perfektes Kind – und wenn dann irgendetwas anders laufe als geplant, würden die Familien leicht ins Schwimmen kommen. Etwa, wenn das Kind schlecht schläft, viel schreit oder bei manchen Entwicklungsschritten hinterher ist. Das Problem sei ein gewisses Überangebot an Informationen: „Es gibt das Internet als Riesenplattform, für manche Eltern ist es schwierig, aus dieser Menge das Richtige herauszufiltern“, sagt Familien-, Gesundheits- und Kinderkrankenpflegerin Tatjana Woicke.

Es fehlt oft an Rückhalt

Zeitgleich fehle immer mehr Familien ein gewisser Rückhalt: „Durch berufsbedingte Umzüge müssen sich viele junge Eltern erst wieder ein neues Umfeld aufbauen“, sagt Tatjana Woicke, die zum Einsatz kommt, wenn intensivere Begleitung nötig ist – oder wenn es in der Familie ein krankes oder behindertes Kind gibt. Hinzu kommt: „Es gibt einen Wandel bei den Rollenbildern und verschiedene Familienmodelle. Das macht viel mit dem Alltag der Familien“, erzählt Dagmar Rost. Spürbar sei auch die Zunahme an Mehrlingsgeburten und dadurch bedingt die Zunahme an Frühgeborenen. „Das ist einfach noch mal aufwendiger“, erzählt Dagmar Rost, die dankbar ist, dass sie in solchen Fällen auch auf die Expertise ihrer Kollegin Tatjana Woicke zurückgreifen kann.

Weswegen sich Fachbereichsleiterin Ingrid Schneider-Rabeneick weitere Familienkrankenschwestern wünscht. „Die Fallzahlen haben sich verdoppelt, deswegen brauchen wir mehr Personal, um die Qualität aufrecht zu erhalten“, sagt sie.